Das Spike-Protein im Fokus

In diesem Artikel nehmen wir das Spike-Protein mal genauer unter die Lupe und betrachten deren Besonderheiten und Auffälligkeiten, die es wirklich wert sind, mal ausführlicher zu diskutieren.

Aufbau des SARS-CoV-2 – Spike-Proteins
Warum SARS-CoV-2 so erfolgreich ist
Die Furin-Spaltstelle – FCS
Die Rezeptorbindungsdomäne – RBD
Schlusswörter

Coronaviren gibt es schon lange [1]. Sie infizieren Säugetiere, Nager, Vögel und auch den Menschen. Im Allgemeinen kommen wir gut miteinander aus, zumindest bei Vorhandensein eines intakten Immunsystems. Sonst wären wir vermutlich schon längst ausgestorben.

Und dann kam SARS-CoV-2. Dieses Virus aus der Familie der Coronaviren ist ansteckender und tödlicher als seine Vorgänger. Seine Geschichte beginnt auf einem Tiermarkt in Wuhan. Doch wo kommt das Virus auf einmal her und was macht es auf dem Markt? Zu dieser Geschichte gehört auch das Institute of Virology (WIV) – ein Forschungsinstitut in Wuhan, das unter anderem auch an Coronaviren forscht. … Ist das Virus in einem Tier entstanden und hat es sich dann auf dem Markt mit einem Menschen angefreundet (Zoonose)? Oder hat jemand vom Labor zum Feierabend seine Hände nicht ausreichend desinfiziert? Oder noch viel schlimmer, hat man die Labortür absichtlich offen stehenlassen?

Um es vorweg zu nehmen: Natur oder Labor – darüber wird bis heute heftig diskutiert. Zu Beginn der Geschichte war der Schuldige schnell gefunden – die Fledermaus war’s. Und tatsächlich existiert eine enge Verwandtschaft des SARS-CoV-2 zu Coronaviren in Fledermäusen und auch zu Coronaviren in Pangolinen, das sind Säugetiere mit Schuppen. Bei der weiteren Suche rund um den Ursprung von SARS-CoV-2 tauchen weitere Zwischenwirte auf, z.B. Frettchen, Katzen, Hirsche, Kamele und noch viele mehr. In der Natur-Geschichte sind die Fledermaus Coronaviren auf einen Zwischenwirt gesprungen und von dem dann auf den Menschen.

Die Frage nach der Herkunft des Virus werde ich hier nicht beantworten können. Um ein bisschen mehr Licht ins Dunkel der Hypothesen und Theorien zur Herkunft von SARS-CoV-2 zu bringen, habe ich in diesem Artikel wesentliche Fakten zum Thema zusammengetragen und die schwierigen biologischen Informationen so gut es geht auseinander gedröselt. Nachdem du, lieber Leser, dich durch die Menge an Fakten hindurchgearbeitet hast, wirst du selbst in der Lage sein, für dich eine Antwort auf die Ursprungsfrage zu finden. Also, dann legen wir mal los. Wir beginnen mit dem Aufbau.

Aufbau des SARS-CoV-2 – Spike-Proteins

Bisher haben wir das Spike-Protein zum besseren Verständnis vereinfacht dargestellt (Abb.1a). Das Spike-Protein ist im Prinzip ein Schlüssel, mit dem das Virus versucht, das Schloss der Wirtszelle aufzuschließen. Wenn der Schlüssel passt, dann öffnet das Virus die Wirtszelle und schleust seine Erbinformation hinein.

Das Spike-Protein bindet dabei besonders gern an die ACE2-Rezeptoren der Wirtszelle. Solche Zellen mit ACE2-Rezeptoren kommen praktisch überall im menschlichen Körper vor, man findet sie auf den Epithel- und Endothelzellen und hier vor allem in den Atemwegen, im Herz, den Nieren und im Darm. Warum haben menschliche Zellen ACE2-Rezeptoren (Angiotensin-I-Converting-Enzym-2)? Einfach formuliert, ACE2 spielt im menschlichen Organismus eine wichtige Rolle für das Herz-Kreislaufsystem und das Immunsystem.

Abb.1a: Spike-Protein (Schlüssel) bindet an ACE2-Rezeptor (Schloss), Schlüssel-Schloss-Prinzip
Abb.1b: Detaillierter Aufbau des Spike-Proteins

Bei genauerer Betrachtung (Abb.1b) ist das Spike ein trimeres Protein, d.h. es besteht im wesentlichen aus drei Hauptregionen: einem zytoplasmatischen Schwanz (IC), einer Transmembranregion (TM) und einer Ektodomäne (das ist der Abschnitt, der als Stachel herausragt und an Wirtszellen bindet). Für uns spielt im weiteren nur die Ektodomäne eine Rolle. Sie besteht wiederum aus zwei Hauptregionen, der s1-Region und der s2-Region.

Im Fokus stehen die beiden Hauptmerkmale des Spike-Proteins von SARS-CoV-2:
das Vorhandensein

  • einer Furin-Spaltstelle (FCS) und
  • einer Rezeptorbindungsdomäne (RBD),

die den direkten SARS-CoV-2-Vorfahren fehlen.

Warum SARS-CoV-2 so erfolgreich ist

Oder anders formuliert, WIE schafft es SARS-CoV-2 so erfolgreich, Wirtszellen zu kapern?

Die s1-Region ist für das Andocken an die Zielzelle zuständig (Abb.2). Sie bindet an den ACE2-Rezeptor der Wirtszelle. Die Spitze der s1-Region – also das RBD – passt dabei erstaunlich gut an den ACE2-Rezeptor.

s2 enthält die Fusionsmaschinerie, die es dem Virus ermöglicht, mit der Wirtszelle zu verschmelzen. Die s2-Region wird allerdings von der s1-Region abgeschirmt.

Abb.2: ACE2, Furin und TMPRSS2 sind am Eintritt von SARS-CoV-2 in die Wirtszelle beteiligt

Um s2 freizulegen, müssen Enzyme zwei Schnitte daran ausführen. Der erste Schnitt wird durch das körpereigene Furin ausgeführt, das an der Oberfläche von Zellen sitzt (Abb.3b-3c). Furin-Spaltstellen (s1/s2 site) sind für das Enzym Furin (also für die Schere) ein Erkennungszeichen, an dieser Stelle das Protein zu schneiden und dadurch zu aktivieren.

Abb.3a: schematischer Aufbau des Spike-Proteins
Abb.3b: Ein Strukturmodell des SARS-CoV2-Spike-Proteins. s1/s2-site = FCS [2]
Abb.3c: Furin (die körpereigene Schere) schneidet die Furin-Spaltstelle (FCS)

In einer Studie [3] wurde festgestellt, dass die Zugänglichkeit des Furins zur Furin-Spaltstelle durch das Vorhandensein der RBD-Region verbessert wird. Durch die gute bzw. engere Bindung von RBD an ACE2 ragt die minimale Furin-Spaltstelle mehr heraus (Abb.3b) und ist so besser für die Furin-Schere erreichbar.

Der zweite Schnitt wird durch das Enzym TMPRSS2 ausgeführt (Abb.2). Die genaue biologische Funktion von TMPRSS2 (Transmembranprotease Serin 2) ist derzeit weitgehend unbekannt (Stand 01.2021). Bäurle und sein Team [3] konnten rechnerisch zeigen, dass die gute Bindung zwischen RBD und ACE2 zu einer verstärkten Furin-Bindung führt, was die Bindung zum Enzym TMPRSS2 fördert.

Nach der Spaltung der s1/s2-Region liegt s2 frei (Abb.2). Nun streckt sich s2 in Richtung Wirtszellmembran und bohrt sich in diese hinein. Dabei wird die Virushülle an die Zellhülle herangezogen und sie verschmelzen miteinander. Nach der Fusion wird das Viruserbgut in der Wirtszelle freigesetzt und die Virusproduktion kann beginnen.

Die Furin-Spaltstelle – FCS

Man macht sich überhaupt keine Vorstellungen darüber, wie viele Forschungsstudien zu SARS-CoV-2 existieren, bis man anfängt, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Die Menge ist schier unglaublich. Auch zur Furin-Spaltstelle gibt es etliche Forschungsstudien. Einige davon hat DrBeen analysiert. Ich beziehe mich hier in den Erklärungen vorzugsweise auf seine gut verständlichen Analysen [4],[5].

„Anfang Februar 2020, noch bevor die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte [6], dass ein neuartiger Stamm eines Coronavirus den Globus überschwemmt, berichteten Forscher in Nature [7], darunter die Virologin Shi Zhengli, die das Zentrum für neu auftretende Infektionskrankheiten am Wuhan-Institut für Virologie in China leitet, dass das genetische Material, aus dem SARS-CoV-2 besteht, zu 96,2 % mit RaTG13, einer unveröffentlichten Fledermaus-Coronavirus-Sequenz, identisch ist. Shi Zhengli, die sich mit der Erforschung von SARS-ähnlichen Fledermaus-Coronaviren befasst, bezeichnete RaTG13 als „engsten Verwandten“ des neuen Virus und sagte, dass die beiden Viren vermutlich „eine andere Abstammung als andere SARS-CoVs“ haben.“ [4]

Das Fledermaus-Coronavirus RaTG13 (RA für Rhinolophus affinis, TG für TongGuan, dem Probenentnahmeort) und das Human SARS-CoV-2 sind also zu 96,2 % identisch, aber in 3,8 % unterscheiden sie sich.

Im Februar 2022 erschien in „Frontiers in Virology“ eine zentrale Studie [8] von neun Forschern führender US-Universitäten. Diese Studie beinhaltet neuen Zündstoff zur alten Frage: Natur oder Labor?

Die Autoren der Studie verglichen die genetischen Sequenzen von SARS-CoV-2 und seinem engsten bekannten Vorfahren RaTG13. Sie stellten zahlreiche Unterschiede zwischen den beiden Viren fest und sie fanden eben auch ein ungewöhnliches Cluster von Mutationen, die in RaTG13 nicht vorkommen: eine 12 Nukleotid lange Furin-Spaltstelle (FCS), so eine kleine Schleife wie in Abb.3b dargestellt.

Und nicht nur diese Forscher auch noch viele andere Forscher fanden die Furin-Spaltstelle (FCS) und diskutierten diesen Teil des Spike-Proteins von SARS-CoV-2, um hier nur einige zu nennen [15, 16, 17, 18, 19, 20]. Wie schon erwähnt, fehlt dieser FCS-Teil den direkten Vorfahren, also der Fledermaus oder den Zwischenwirten.

„Die erste Entdeckung des FCS auf dem SARS-CoV-2-Spike-Protein wurde im April 2020 von einer Gruppe von Forschern aus Frankreich und Kanada in der Zeitschrift Antiviral Research [9] veröffentlicht. Die Furin-Spaltstelle auf dem Spike findet sich nur bei einem anderen Betacoronavirus – MERS. Die Forscher fanden auch heraus, dass dieses Merkmal dem Virus einen „Funktionsgewinn“ verschaffen könnte, „um sich effizient in der menschlichen Bevölkerung zu verbreiten“.“ [4]

Nun sind Mutationen an sich nichts ungewöhnliches. Durch den Austausch, das Einfügen oder den Verlust einzelner oder mehrere Nukleotide verändern sich Gene. Aber so eine große spontane Mutation von 12 Nukleotiden, die alle auf einmal auftauchen?

An dieser Stelle sei noch einmal das sehr verständliche Video von DrBeen [5] zum Thema empfohlen. Es ist wirklich sehenswert, wie sich DrBeen zur Erklärung Punktmutationen ins Gesicht klebt.

Schauen wir uns zunächst mal diese FCS-Region genauer an (Abb.4), um die es hier geht. SARS-CoV-2 besteht aus ca. 30.000 Basen (Nukleotiden). Der genetische Code des Spike-Proteins liegt im Gen-Abschnitt 21.502 bis 25.269. Innerhalb dieses Gen-Abschnittes gibt es einen Bereich mit dem Namen Furin-Spaltstelle (FCS). Der Bereich der Furin-Spaltstelle ist 12 Nukleotide lang. [5]

Je 3 aufeinanderfolgende Nukleotide werden als Codon oder Basentriplett bezeichnet. Ein Codon steht für eine Aminosäure (Codon = Code für eine Aminosäure). Eine Aminosäure ist ein Baustein eines Proteins. Die 12 Nukleotide ergeben die 4 Aminosäuren: PRRA (die spontane Mutation).

Abb.4: Unterschiede des FCS-Merkmals des Spike-Proteins in Human-SARS-CoV-2 und verwandten Coronaviren (Teile der Informationen sind dem Artikel „The proximal origin of SARS-CoV-2“ [10] entnommen)

So eine spezielle Veränderung in genau dieser einen Region des Genoms, an der sich so viele Nukleotide auf einen Schlag verändert haben, wird normalerweise bei Mutationen nicht gesehen. In seiner gesamten näheren Verwandtschaft ist SARS-CoV-2 das einzige Virus mit einer Furin-Spaltstelle.

Da das sehr ungewöhnlich ist, haben sich die Forscher der Studie [8] von 2022 diese Region des Genoms nochmal genauer angesehen. Sie nahmen also den Abschnitt der „spontanen Mutation“, also diese Insertion von 12 Nukleotiden, und durchsuchten damit die BLAST-Datenbank. BLAST ist laut Wikipedia „der Überbegriff für eine Sammlung der weltweit am meisten genutzten Programme zur Analyse biologischer Sequenzdaten. BLAST wird dazu verwendet, experimentell ermittelte DNA- oder Protein-Sequenzen mit bereits in einer Datenbank vorhandenen Sequenzen zu vergleichen.“

Und es „stellte sich heraus, dass ein 19-Nukleotid-Abschnitt des SARS-CoV-2-Genoms, der die 12-Nukleotid-FCS umfasst, eine „100%ige komplementäre Übereinstimmung mit einer codon-optimierten proprietären Sequenz“ von Moderna ist [4].“ Diese Sequenz wurde von Moderna Therapeutics, Inc. im März 2017 patentiert [11]. (Eine Erläuterung, was unter einer „codon-optimierten proprietären Sequenz“ zu verstehen ist, folgt weiter unten im Text.)

Das ist schon verrückt, nicht wahr? Und es gibt noch mehr verrückte Zufälle. Aber eins nach dem anderen.

Das Patent bezieht sich auf Zusammensetzungen und Verfahren zur Herstellung und Verwendung von onkologiebezogenen Proteinen und Peptiden. (Die Onkologie ist ein Bereich der Medizin, der sich mit allen gut- und bösartigen Tumorarten sowie Krebserkrankungen befasst.) Schaut man in das Moderna Patent, sieht man als Laie nur Buchstaben. Wo findet sich dort die Übereinstimmung? An dieser Stelle kann uns Igor Chudov [12] weiterhelfen. Er hat eine Twitter-Anfrage gestartet und folgende Antwort bekommen.

Eine etwas kürzere Darstellung des Patents findet sich hier [13]. Und die komplementäre Übereinstimmung der spontanen Mutation in SARS-CoV-2 mit dem Patent betrifft die Position 2733 – 2751 (siehe Abb.5):

Abb.5: Ausschnitt aus dem Moderna-Patent 9.587.003 Position 2733-2751

Gut, jetzt kann man sagen… da sind doch aber jede Menge Buchstaben, da kann es schon mal vorkommen, dass sich irgendetwas wiederholt. Die Forscher, die die BLAST-Suche durchgeführt haben, sagen folgendes: Die Untersuchung … ergab, dass sich die Übereinstimmung über die 12-Nukleotid-Insertion hinaus auf eine 19-Nukleotid-Sequenz erstreckt … Dies ist in der NCBI BLAST-Datenbank sehr selten [8].“

Wir prüfen noch die komplementäre Übereinstimmung. Dazu geben wir die Patent-Sequenz „CTACGTGCCCGCCGAGGAG“ in den Komplementär-Sequenz-Generator [14] ein und erhalten:

Das Moderna-Patent US 9.587.003 – Position 2733-2751:
CT ACG TGC CCG CCG AGG AG

nach Überprüfung mit Komplementär-Sequenz-Generator:
CT CCT CGG CGG GCA CGT AG

stimmt überein mit den 19 Nukleotiden um FCS von SARS-CoV-2:
CT CCT CGG CGG GCA CGT AG

Kommen wir nun zum nächsten verrückten Zufall.

Die Forscher [8], die die BLAST-Suche durchgeführt haben, fanden außerdem heraus, dass diese Komplementär-Sequenz auch identisch ist mit einer Gen-Struktur, die ein Protein in menschlichen Zellen bildet und dieses Protein heißt MSH3.

Oder im Fachjargon: Eine BLAST-Suche ergab, dass ein 19-Nukleotid-Abschnitt des SARS-CoV-2-Genoms, der die Furin-Spaltstelle umfasst, eine 100%ige komplementäre Übereinstimmung mit einer codon-optimierten proprietären Sequenz aufweist, die das umgekehrte Komplement des menschlichen mutS-Homologs (MSH3) ist.“ [8]

Wie versprochen, hier die Erläuterung was man unter einer „codon-optimierten proprietären Sequenz“ versteht. Proprietäre Sequenz“ bedeutet, eine spezielle Gen-Sequenz ist patentiert von einem Unternehmen. Damit eine isolierte Gen-Sequenz effektiv vom Ribosom abgelesen werden kann (detaillierte Erklärung zu „Ribosom liest ab“ im Artikel „Von der DNA über die mRNA zum Protein“), optimiert man sie. Dabei ist es üblich, Nukleotide zu ändern, z.B. bestimmte Codons zu verwenden, die ein Organismus statistisch am häufigsten verwendet, um die Gen-Sequenz für den Ablesevorgang am Ribosom zu stabilisieren. Durch die Codon-Veränderungen bleibt aber die Aminosäurensequenz  für die entsprechende Gen-Sequenz erhalten. Oder einfach und verständlich formuliert: codon-optimiert = Smart Gen.

Mit anderen Worten, in dem SARS-CoV-2 Genom taucht ein humanoptimiertes MSH3 Gen auf. In Abb.6 nochmal die bildliche Darstellung des bisher erörterten Sachverhaltes.

Abb.6: Der 19-Nukleotid-Abschnitt des SARS-CoV-2-Genoms (Teile der Informationen sind dem Artikel in [8] und [10] entnommen)

Aber bitte und das muss man hier an dieser Stelle trotzdem sagen, natürlich kann so etwas auch zufällig entstehen. Das sagen auch die Forscher der Studie: Die in SARS-CoV-2 vorhandene Sequenz des umgekehrten Komplements des menschlichen mutS-Homologs (MSH3) kann zufällig vorkommen, doch müssen auch andere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden [8].

Und sie machten sich auch die Mühe, die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, mit der diese Korrelation zwischen SARS-CoV-2-Sequenz und dem umgekehrten Komplement einer patentierten mRNA-Sequenz (von MSH3) auftritt. „Konventionelle biostatistische Analysen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass diese Sequenz zufällig in einem 30.000-Nukleotid-Virusgenom vorhanden ist, bei 3,21 × 10-11 = 0,000000000321 liegt.“ [8]

Sie kommen in ihrer Studie [8] zu folgender Schlussfolgerung. Zitat: „Das Vorhandensein einer 19-Nukleotid-RNA-Sequenz in SARS-CoV-2, die für ein FCS an der Aminosäure 681 seines Spike-Proteins kodiert und zu 100 % mit dem umgekehrten Komplement einer proprietären MSH3-mRNA-Sequenz identisch ist, ist höchst ungewöhnlich. Mögliche Erklärungen für diese Korrelation sollten weiter untersucht werden.“

Was macht MSH3?

Während der Teilung einer Zelle wird von der DNA eine Kopie erstellt. Diesen Vorgang der Verdopplung nennt man DNA Replikation. Bei der Replikation der DNA passieren immer wieder Fehler, irgendetwas ist zu viel, irgendetwas passt nicht oder fehlt. Um DNA Schäden zu reparieren, haben die Zellen sogenannte Reparatur-Proteine. MSH3 zusammen mit MSH2 und MSH6 sind solche Reparatur-Proteine. Wir haben sie in unseren Zellen.

Für die Reparatur bilden diese Proteine bestimmte Paarungen (Abb.7). Dabei bindet sich MSH2 mit MSH6 zu einem MSH2-MSH6-Komplex. Und MSH2 mit MSH3 bindet sich zu einem MSH2-MSH3-Komplex. Diese Komplexe führen dann die DNA-Reparatur aus.

Abb.7: MSH2, MSH3 und MSH6 bilden Komplexe

Für eine stabile DNA-Reparatur müssen diese drei Proteine ein gewisses Gleichgewicht haben.

Abb.8: MSH2-MSH3-Komplexe und MSH2-MSH6-Komplexe sind im Gleichgewicht

Kommt es zum Beispiel zu einem Verlust des MSH3-Proteins, dann können sich keine MSH2-MSH3-Komplexe bilden. Ein Teil der DNA-Reparatur findet nicht statt und es kann zur Tumorbildung kommen.

Wenn das SARS-CoV-2-Virus in eine Zelle eindringt, fängt es an sich zu replizieren, sprich es vermehrt sich. Es bildet zuerst Teile von sich, also auch Genom-Teile. Das Genom hat auch MSH3-Sequenzen. Wenn die MSH3-Sequenzen exprimiert würden, dann entstünden viele MSH3-Proteine. Das würde bedeuten, es würde zu einer Überexpression von MSH3 kommen. MSH3 würde sich mit MSH2 verbinden und für MSH6 gäbe es nicht mehr genügend MSH2 (Abb.9).

Abb.9: Durch Überexpression von MSH3 entsteht ein Ungleichgewicht

Das heißt, durch eine Überexpression von MSH3 würde ein Ungleichgewicht entstehen. Das Reparatursystem könnte dann nicht mehr richtig funktionieren. Eine Beeinträchtigung des Reparatursystems wäre ein Problem. Dies könnte zu schwereren Erkrankungen, längeren Genesungszeiten und möglicherweise Krebs führen. [5]

Der aufmerksame Leser hat sicherlich bemerkt, dass die letzten Sätze im Konjunktiv 2 stehen. Die Überexpression von MSH3 ist eine mögliche Hypothese.

Die Rezeptorbindungsdomäne – RBD

Die Möglichkeit, dass Pangoline der Zwischenwirt für SARS-CoV-2 sein könnten, wird seit langem diskutiert. Der Grund dafür ist die Rezeptorbindungsdomäne RBD, die bei Pangolin-CoVs und SARS-CoV-2 nahezu identisch ist, siehe Abb.10. Diese RBD-Region am SARS-CoV-2-Spike passt erstaunlich gut an den ACE2-Rezeptor.

Abb.10: Unterschiede des RBD-Merkmals des Spike-Proteins in SARS-CoV-2 und verwandten Coronaviren (Teile der Informationen sind dem Artikel The receptor binding domain of SARS-CoV-2 spike protein is the result of an ancestral recombination between the bat-CoV RaTG13 and the pangolin-CoV MP789 [21] entnommen)

Obwohl die Ähnlichkeit des Pangolin-Gesamtgenoms mit SARS-CoV-2 geringer ist als mit RaTG13, weist der aus den Pangolinen isolierte MP789-Stamm eine nahezu identische RBD wie SARS-CoV-2 auf. Und auch hier stellt sich die Frage, wie kommt sie dahin: Natur oder Labor?

Viele Forscher stehen hinter der Annahme eines natürlichen Ursprungs, unter anderem Kristian G. Andersen, auf dessen viel zitierte und auch viel kritisierte Studie [22] ich hier verweisen möchte.

Und ich möchte auch auf einige kritische Stimmen verweisen. Zum Beispiel auf einen lesenswerten Bericht von Nicholas Wade [23], der alle verfügbaren wissenschaftlichen Fakten sortiert und beleuchtet hat, damit der Leser sein eigenes Urteil fällen kann.

Und es sei eine weitere kritische Studie genannt, die die Annahme des natürlichen Ursprungs nicht teilt, eine Arbeit [15] von Rossana Segreto, Yuri Deigin, die einen kleinen Einblick in die über 20jährigen Forschungsarbeiten zu Coronaviren gibt. Sie geben zu bedenken: „Damit eine solche Rekombination auf natürliche Weise stattfinden kann, müssen die beiden Viren gleichzeitig dieselbe Zelle im selben Organismus infiziert haben. Dies ist angesichts der geringen Populationsdichte von Pangolinen und des geringen Vorhandenseins von CoVs in ihren natürlichen Populationen ein eher unwahrscheinliches Ereignis. Darüber hinaus zeigten Rezeptorbindungsstudien von rekonstituiertem RaTG13, dass es nicht an Pangolin ACE2 bindet.“

Daran anknüpfend folgende Studie [24] von Yujia Alina Chan, Shing Hei Zhan: „Nach unserem Kenntnisstand stammen alle veröffentlichten Pangolin-CoV-Genomsequenzen, die eine sehr ähnliche Spike-Rezeptor-Bindungsdomäne mit SARS-CoV-2 teilen, aus dieser einzigen Charge von geschmuggelten Pangolinen. Dies wirft die Frage auf, ob Schuppentiere in freier Wildbahn wirklich Reservoire oder Wirte von SARS-CoV-2-verwandten Coronaviren sind oder ob sich die Schuppentiere während des Schmuggels mit dem CoV von einer anderen Wirtsart infiziert haben könnten.“

Abschließend noch eine Buchempfehlung „Das Virus: Auf der Suche nach dem Ursprung von Covid-19“ [25]. Der Jenaer Molekularbiologe Günter Theißen begibt sich darin wie ein Kriminalkommissar auf die spannende Suche nach der Wahrheit und wundert sich über die Widerstände, die sich dieser kritischen Suche in den Weg stellen.

Schlusswörter

Zum Schluss möchte ich noch Stephane Bancel, CEO von Moderna zu Wort kommen lassen. In einem Fox News-Interview mit Maria Bartiromo am 24.02.2022 wurde um seine Reaktion auf das Ergebnis der oben beschriebenen Studie [8] gebeten, dass eine in SARS-CoV-2 vorhandene Gensequenz mit einem Patent übereinstimmt, das Moderna drei Jahre vor der Pandemie eingereicht hatte. Hier ist Bancels Antwort:

„Meine Wissenschaftler untersuchen diese Daten, um zu sehen, wie genau sie sind oder nicht. Wie ich bereits sagte, ist die Hypothese einer Flucht aus einem Labor durch einen Unfall möglich. Wissen Sie, Menschen machen Fehler. Ist es also möglich, dass das Wuhan-Labor in China an der Virusverbesserung oder Genmodifikation arbeitete und dann gab es einen Unfall, bei dem jemand im Labor infiziert wurde und dann seine Familien und Freunde infizierte – es ist möglich. Bei der Behauptung, die Sie gerade erwähnt haben, analysieren die Wissenschaftler, ob sie wahr ist oder nicht.“

Mehr als ein Jahr später… Mmh, hat er nochmal darauf Bezug genommen? Ist mir zumindest nicht bekannt. Vielleicht analysieren die Wissenschaftler immer noch die Behauptung?

Mein fabelhaftes Schlusswort: Wie eingangs erwähnt, kann ich nicht sagen, ob der Ursprung des Virus natürlich oder künstlich ist. Ich habe da so meine eigene Hypothese. Das Ereignis der spontanen Mutation könnte sich ja auch wie folgt abgespielt haben. In der Cafeteria eines chinesischen Labors trafen sich in einer Testpause eine Fledermaus, ein Pangolin, ein Frettchen, ein Hirsch, eine Katze und ein mir unbekannter Zwischenwirt. Aus ungeklärter Ursache gab es nicht genügend saubere Kaffee-Tassen im Schrank. Die Tiere einigten sich darauf, aus ein und derselben Tasse zu trinken. Sowieso waren sie ja schließlich im Schicksal vereint. Ähnlich wie eine Friedenspfeife machte die Kaffee-Tasse nun ihre Runde und nach etlichen Runden entstand eine magische Singularität in der Evolutionstheorie. In diese Magie platzte ein Labormitarbeiter, um die Pause zu beenden. Die Tiere hatten aber keine Lust mehr auf diese ewige Testerei und … es kam zu einer wilden Rauferei, bei dem vermutlich der Labormitarbeiter einige Blessuren davontrug. Was danach passierte, nun ja, wer weiß das schon so genau. Daher ist es wirklich ungemein wichtig, alles sauber zu halten und immer alle Tassen im Schrank zu haben.


Quellen (Stand vom 10.01.2023)

[1] bioRxiv, THE PREPRINT SERVER FOR BIOLOGY, „An ancient viral epidemic involving host coronavirus interacting genes more than 20,000 years ago in East Asia“, doi: 10.1016/j.cub.2021.05.067, 13.01.2021, https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.11.16.385401v2.full

[2] nature, scientific reports, „The sequence at Spike S1/S2 site enables cleavage by furin and phospho-regulation in SARS-CoV2 but not in SARS-CoV1 or MERS-CoV“, Mihkel Örd, Ilona Faustova, Mart Loog, 09.10.2020,
https://www.nature.com/articles/s41598-020-74101-0
https://www.nature.com/articles/s41598-020-74101-0/figures/1

[3] SpringerLink, „Study of protease-mediated processes initiating viral infection and cell–cell viral spreading of SARS-CoV-2“, Thanawat Thaingtamtanha, Stephan A. Baeurle, 19.07.2022,
https://link.springer.com/article/10.1007/s00894-022-05206-8
https://www.uni-siegen.de/start/news/oeffentlichkeit/984628.html

[4] KoolBeens Cafe, „Hypothesis that Spike Genes have Patented DNA Sequences Could Have Dangerous Implications“, Dr. Mobeen Sayed, 07.04.2022, https://mobeensyedmd.substack.com/p/hypothesis-that-spike-genes-have

[5] DrBeen Medical Lectures, „Spike Genes Have Patented DNA Sequences. This is Dangerous.“, Dr. Mobeen Sayed, 25.02.2022, https://www.youtube.com/watch?v=zPoZTtruaB0

[6] World Health Organization, „WHO Director-General’s opening remarks at the media briefing on COVID-19 – 11 March 2020“, 11.03.2020, https://www.who.int/director-general/speeches/detail/who-director-general-s-opening-remarks-at-the-media-briefing-on-covid-19—11-march-2020

[7] nature, „A pneumonia outbreak associated with a new coronavirus of probable bat origin“, 03.02.2020, https://www.nature.com/articles/s41586-020-2012-7

[8] Frontiers in Virology, „MSH3 Homology and Potential Recombination Link to SARS-CoV-2 Furin Cleavage Site“, Balamurali K. Ambati, Akhil Varshney, Kenneth Lundstrom, Giorgio Palu, Bruce D. Uhal, Vladimir N. Uversky, Adam M. Brufsky, 21.02.2022,
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fviro.2022.834808/full

[9] ScienceDirect, Antiviral Research, „The spike glycoprotein of the new coronavirus 2019-nCoV contains a furin-like cleavage site absent in CoV of the same clade“, B.Coutard, C.Valle, X.de Lamballerie, B.Canard, N.G.Seidah, E.Decroly, April 2020,
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0166354220300528

[10] National Library of Medicine, PMC PubMed Central, The proximal origin of SARS-CoV-2″, Kristian G. Andersen, Andrew Rambaut, W. Ian Lipkin, Edward C. Holmes, Robert F. Garry, 17.03.2020,
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7095063/
https://www.nature.com/articles/s41591-020-0820-9/figures/1

[11] United States Patent, Bancel et al., Patent No.: 9,587,003 B2, Date of Patent: Mar. 7, 2017,
https://patentimages.storage.googleapis.com/01/6e/60/8951ab8f4118b5/US9587003.pdf

[12] Igor’s Newsletter, „Where is CTCCTCGGCGGGCACGTAG in the Moderna Patent“, Igor Chudov, 24.02.2022,
https://igorchudov.substack.com/p/where-is-ctcctcggcgggcacgtag-in-the
https://www.dasgelbeforum.net/index.php?id=598294

[13] National Library of Medicine, Nucleotide, Sequence 11652 from patent US 9587003,
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/nuccore/KH664781.1

[14] DNA reverse and complementary sequence generator,
https://bugaco.com/calculators/dna_reverse_complement.php

[15] Wiley Online Library, „The genetic structure of SARS-CoV-2 does not rule out a laboratory origin“, Rossana Segreto,Yuri Deigin, 17.11.2020, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/bies.202000240

[16] National Library of Medicine, „The polybasic insert, the RBD of the SARS-CoV-2 spike protein, and the feline coronavirus – evolved or yet to evolve“, Anshul Budhraja, Sakshi Pandey, Srinivasaraghavan Kannan, Chandra S Verma, Prasanna Venkatraman, 25.03.2021,
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33521335/

[17] Journal of Clinical Pathology, „Gene of the month: the 2019-nCoV/SARS-CoV-2 novel coronavirus spike protein“, Tahir S Pillay, 13.05.2020, https://jcp.bmj.com/content/73/7/366

[18] National Library of Medicine, „Genetics of COVID-19“, Salmo Raskin, 07.10.2020,
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7539923/

[19] in vivo, „On the Origin of SARS-CoV-2: Did Cell Culture Experiments Lead to Increased Virulence of the Progenitor Virus for Humans?“, Bernd Kaina, Mai 2021, https://iv.iiarjournals.org/content/35/3/1313

[20] bioRxiv, THE PREPRINT SERVER FOR BIOLOGY, „Endonuclease fingerprint indicates a synthetic origin of SARS-CoV-2“, Valentin Bruttel, Alex Washburne, Antonius VanDongen, 20.10.2022,
https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2022.10.18.512756v1

[21] BMC, Part of Springer Nature, „The receptor binding domain of SARS-CoV-2 spike protein is the result of an ancestral recombination between the bat-CoV RaTG13 and the pangolin-CoV MP789“, Alejandro Flores-Alanis, Luisa Sander-Miranda, Gabriela Delgrado, Alejandro Cravioto, Rosario Morales-Espinosa, 27.08.2020, https://bmcresnotes.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13104-020-05242-8/

[22] nature medicine, „The proximal origin of SARS-CoV-2“, Kristian G. Andersen, Andrew Rambaut, W. Ian Lipkin, Edward C. Holmes, Robert F. Garry, 17.03.2020, https://www.nature.com/articles/s41591-020-0820-9

[23] Bulletin of the Atomic Scientists, „The origin of COVID: Did people or nature open Pandora’s box at Wuhan?“, Nicholas Wade, 05.05.2021, https://thebulletin.org/2021/05/the-origin-of-covid-did-people-or-nature-open-pandoras-box-at-wuhan/

[24] bioRxiv, THE PREPRINT SERVER FOR BIOLOGY, „Single source of pangolin CoVs with a near identical Spike RBD to SARS-CoV-2“, Yujia Alina Chan, Shing Hei Zhan, 23.10.2020,
https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.07.07.184374v2.full

[25] amazon.de, „Das Virus: Auf der Suche nach dem Ursprung von Covid-19“, Günter Theißen, 07.06.2022, https://www.amazon.de/Das-Virus-Suche-Ursprung-Covid-19/dp/3864893720