CBDC – Eine Liebesgeschichte mit Vorbehalten

Die Menschen müssen das Finanzwesen verstehen. Ich glaube, dass derzeit vielleicht ein Prozent der Bevölkerung wirklich versteht, wie das Finanzsystem funktioniert.
Yuval Noah Harari, BIS Innovation Summit, May 2024

Vorwort

Am Anfang war das Bedürfnis. Es ist der Urinstinkt, der seit den Anfängen der Menschheit besteht – der Wunsch, unser Überleben zu sichern, unser Wohlbefinden zu steigern und unsere Zufriedenheit zu finden. Diese ursprünglichen Bedürfnisse nach Nahrung, Schutz und sozialer Bindung waren der Motor für unsere Suche nach Lösungen. Wir begannen gemeinsam Nahrung anzubauen, uns zu schützen und soziale Netzwerke zu knüpfen.

Während wir begannen, Güter und Dienstleistungen herzustellen, spezialisierten wir uns auf das, was wir am besten konnten. Diese Spezialisierung ermöglichte es uns, unsere Fähigkeiten zu perfektionieren und mehr von dem zu produzieren, was wir am besten konnten. Wenn jemand besonders gut darin war, Kleidung herzustellen, und ein anderer hervorragend im Anbau von Nahrung, war der Handel die logische Konsequenz. Durch den Austausch konnten wir unsere Ressourcen optimal nutzen und gleichzeitig unsere Vielfalt an Produkten und Dienstleistungen erweitern.

In den frühesten Gesellschaften begann der Handel auf lokaler Ebene, wo Gemeinschaften ihre Überschüsse tauschten, um ihre individuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Der Handel brachte nicht nur eine größere Vielfalt an Produkten und Dienstleistungen, sondern auch Wirtschaftlichkeit. Kurz gesagt, der Handel ist eine natürliche Antwort auf unsere Bedürfnisse und ein wesentlicher Bestandteil menschlicher Interaktion und Zusammenarbeit. Früher basierte der Handel hauptsächlich auf dem Tausch. Doch das stellte seine eigenen Herausforderungen dar.

Dann kam das Geld. Geld machte den Handel einfacher und effizienter, indem es einen festen Wert repräsentierte und den direkten Tausch überflüssig machte. Es ermöglichte uns auch, Ersparnisse zu haben und für die Zukunft zu planen. Die Geschichte des Geldes erstreckt sich von der neolithischen Revolution vor etwa 10.000 Jahren bis in die Gegenwart, wobei sich das Geldsystem ständig weiterentwickelt und an den technologischen Fortschritten anpasst.

Anfangs wurden Muscheln, Getreide oder Vieh als Zahlungsmittel verwendet. Später kamen Münzen und Papiergeld auf. Mit der Zeit entstand das Bankwesen, und moderne Währungen, wie wir sie heute kennen. Mit dem Aufkommen von Computern, dem Internet, Smartphones und drahtloser Kommunikation im 21. Jahrhundert begann die Digitalisierung des Finanzwesens. Dies führte zur Entstehung verschiedener elektronischer Zahlungsmethoden wie Kreditkarten, Online-Überweisungen und Kryptowährungen. Seit 2021 wird vermehrt über die Einführung von CBDC (Central Bank Digital Currency – Digitales Zentralbankgeld) für die breite Öffentlichkeit diskutiert.

Dieser Artikel bietet eine verständliche Übersicht über die Entwicklung der Geldsysteme sowie über wesentliche technologische Entwicklungen, die als Basis für das zukünftige Finanzsystem dienen werden. Es werden Hintergründe und interessante Zusammenhänge beleuchtet, die die treibende Kraft hinter den weltweiten Bestrebungen bilden, CBDC als nächsten Meilenstein in der Geschichte des Geldes einzuführen. Und wir werden einen Blick auf die potenziellen Auswirkungen werfen, die die Einführung von CBDC auf unser wirtschaftliches, politisches, soziales und kulturelles Leben haben könnte.

1. Geldsysteme und deren Entwicklung
1.1. Was ist Geld?
1.2. Warengeld
1.3. Repräsentativgeld
1.4. Fiatgeld

2. Das Fiat-SystemAlice im Wunderland
2.1. Primäre Geldschöpfung
2.2. Sekundäre Geldschöpfung
2.2.1. Sekundäre Geldschöpfung über Kunden-Einlagen
2.2.2. Sekundäre Geldschöpfung über Kreditvergabe
2.3. Einfluss der Zentralbankpolitik auf die Geldmenge
2.4. Die Risiken der lockeren Geldpolitik und ihre Auswirkungen
2.5. Der Digitalisierungstrend

3. KryptowährungenAlle Wege führen nach Rom
3.1. Distributed Ledger Technologie (DLT)
3.2. Blockchain-Technologie
3.3. Das TokenThe Swiss Army Knife
3.4. Zentralisiertes vs. Dezentralisiertes Ledger-System
3.5. Bitcoin (BTC)Get Rich or Die Tryin’
3.6. Tether (USDT)Safe Haven (In God We Trust)
3.7. LibraThe King is Dead, Long Live the King!
3.8. EthereumCode is Law
3.8.1. ChainlinkOracles, mediators between the gods and humans
3.8.2. Hinter den KulissenBehind the Scenes
3.9. Zwischenbilanz

4. CBDC – The Digital EURO A New Star is Born
4.1. Wholesale CBDCDie Natur macht keinen Sprung (oder doch)
4.2. Commercial Bank Money Token (CBMT) – Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit
4.3. Retail-CBDC – Heaven Is a Place on Earth

5. Ein Blick in die ZukunftWelcome to the tokenisation continuum

6. Epilog

1. Geldsysteme und deren Entwicklung

1.1. Was ist Geld?

Geld ist im Grunde genommen ein Werkzeug, das es uns erleichtert, Dinge zu bekommen, die wir wollen oder brauchen, ohne sie direkt gegen andere Dinge eintauschen zu müssen. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Apfel, den Sie gegen eine Banane tauschen möchten, aber Ihr Freund hat keine Banane, sondern etwas anderes, was Sie nicht unbedingt brauchen. Hier kommt Geld ins Spiel. Sie können Ihren Apfel gegen Geld eintauschen. Anschließend können Sie dieses Geld verwenden, um eine Banane von jemand anderem zu kaufen, der Bananen hat. Geld fungiert also gewissermaßen als „Mittelsmann“ beim Austausch von Gütern. Es ermöglicht uns, Waren und Dienstleistungen auf einfache Weise zu kaufen und zu verkaufen, ohne dass wir uns um den direkten Tausch von Gütern kümmern müssen.

Das obige Beispiel funktioniert, weil Geld als allgemein akzeptiertes Tauschmittel dient. Es hat einen vereinbarten Wert, den die Menschen akzeptieren, und es erleichtert den Austausch von Waren und Dienstleistungen, selbst wenn diese nicht direkt getauscht werden können.

In dem Beispiel haben alle Beteiligten Vertrauen in die Akzeptanz des Geldes als Zahlungsmittel. Wenn Sie Ihren Apfel gegen Geld eintauschen, gehen Sie davon aus, dass Sie später dieses Geld verwenden können, um etwas anderes zu kaufen, das Sie möchten, wie zum Beispiel eine Banane.

Geld repräsentiert einen Wert. Doch damit Geld einen Wert hat, müssen die Menschen darauf vertrauen, dass es tatsächlich einen Wert hat und auch in Zukunft einen Wert behält, den sie nutzen können -> Geld = Wert = Vertrauen.

Jedes Geldsystem, das sich im Laufe der Geschichte entwickelte, war eine Antwort auf die Bedürfnisse und Herausforderungen seiner Zeit. Lassen Sie uns nun einen kurzen Blick darauf werfen, wie sich Geldsysteme im Laufe der Zeit entwickelt haben.

1.2. Warengeld

Wie bereits erwähnt, entstanden Geldsysteme aus der Notwendigkeit heraus, den Handel und den Austausch von Waren und Dienstleistungen zu erleichtern. Im Vergleich zum geldlosen Tauschhandel erwies sich die Verwendung einer bestimmten gut tauschbaren Ware als effizienter. Beispiele für solche Tauschmittel waren Muscheln, Vieh, Getreide, Kakaobohnen oder Edelmetalle wie Gold und Silber. Diese Objekte hatten einen intrinsischen Wert (tatsächlichen, fundamentalen Wert) oder wurden als wertvoll angesehen, was sie zu einem akzeptablen Tauschmittel machte. Diese älteste Erscheinungsform des Geldes nennt man Warengeld.

Abb. 1: Warengeld

Edelmetalle stellten sich als besonders geeignet für die Verwendung als Warengeld heraus, hauptsächlich aufgrund ihrer hohen Haltbarkeit. Allerdings mussten diese Metalle mühsam gewogen und bei Bedarf geteilt werden. Daher war der nächste logische Entwicklungsschritt die Herstellung von Münzen oder Barren, die einen festgelegten Edelmetallgehalt und einen bestimmten Nennwert aufwiesen.

1.3. Repräsentativgeld

Im Verlauf der Geschichte empfanden die Menschen es als mühsam, Goldbarren oder andere Warenformen des Geldes über weite Strecken zu transportieren. Aus diesem Grund entstand im Laufe der Zeit aus diesen Tauschmitteln das Papiergeld, das als Basis für das Repräsentativgelddiente. Beim Repräsentativgeld wird der Wert durch einen physischen Gegenstand oder eine Ware repräsentiert. Ein einfaches Beispiel für Repräsentativgeld ist ein Goldzertifikat.

Angenommen, Sie besitzen ein Goldzertifikat, das besagt, dass es einen Anspruch auf eine bestimmte Menge Gold hat, beispielsweise eine Unze Gold. Das Zertifikat selbst ist kein physisches Gold, sondern eine Versprechung, dass der Inhaber dieses Zertifikats eine bestimmte Menge Gold von einer bestimmten Stelle erhält, beispielsweise von einer Bank oder einem Goldlager.

Jetzt können Sie dieses Goldzertifikat verwenden, um Waren oder Dienstleistungen zu kaufen. Wenn Sie beispielsweise ein Fahrrad kaufen möchten, können Sie dem Verkäufer das Goldzertifikat geben. Der Verkäufer akzeptiert das Zertifikat, weil er darauf vertraut, dass er es später bei der Bank oder dem Goldlager gegen eine tatsächliche Unze Gold einlösen kann.

Auf diese Weise repräsentiert das Goldzertifikat den Wert des Goldes. Es erleichtert den Handel, ohne dass tatsächlich physisches Gold den Besitzer wechseln muss.

Banknoten und Münzen können ebenfalls die Rolle des Goldzertifikats im obigen Beispiel übernehmen. Angenommen, anstelle eines Goldzertifikats besitzen Sie Banknoten, die von der Bank ausgegeben wurden und den Wert einer bestimmten Menge Gold repräsentiert (z. B. 1.000 US-Dollar für einen Goldbarren). Diese Banknoten können dann als Zahlungsmittel verwendet werden, um Waren oder Dienstleistungen zu kaufen. Der Verkäufer akzeptiert die Banknoten, weil er darauf vertraut, dass er sie bei Bedarf bei der Zentralbank gegen den entsprechenden Wert in Gold einlösen kann.

Das Geld selbst hat keinen inneren Wert, sondern repräsentiert den Wert des hinterlegten Vermögenswerts und wird als Tauschmittel verwendet.

Abb. 2: Repräsentativgeld

Banknoten erwiesen sich nicht nur als viel handlicher, sondern ermöglichten es den Menschen auch, zum Beispiel einen Dollarschein für eine Tasse Kaffee auszugeben, ohne ihren Goldbarren in tausend Stücke schneiden zu müssen. Wenn sie ihr Geld zurückhaben wollten, brachten sie einfach die Dollarscheine zurück zur Bank, um sie gegen die tatsächliche Form des Geldes, in diesem Fall den Goldbarren, einzulösen, wann immer sie es benötigten. Auf diese Weise begann man, Papier als praktisches und bequemes Zahlungsmittel zu nutzen.

1.4. Fiatgeld

Doch im 20. Jahrhundert hat eine Kombination von wirtschaftlichen und politischen Faktoren dazu geführt, dass diese Verbindung zwischen dem Papiergeld und dem Gold, für das es steht, aufgehoben wurde.

Während der beiden Weltkriege waren viele Länder gezwungen, einen beträchtlichen Teil ihrer Goldreserven zu verwenden, um die Kosten des Krieges zu decken.  Um mehr Geld in Umlauf zu bringen, haben einige Länder vorübergehend den Goldstandard aufgegeben. Diese Maßnahme hatte jedoch zur Folge, dass Inflation und Währungsinstabilität anstiegen.

Während wirtschaftlicher Krisen wie der Großen Depression oder in Phasen wirtschaftlicher Abschwünge waren Länder aufgrund der starren geldpolitischen Vorgaben des Goldstandards nicht in der Lage, flexibel und effektiv zu reagieren. Dies führte zu längeren Rezessionen und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verzeichnete die Weltwirtschaft wiederum ein kräftiges Wachstum und einen Anstieg des internationalen Handels. Die strikten Einschränkungen des Goldstandards erwiesen sich jedoch als nachteilig für die Flexibilität der Geldpolitik, um auf solche wirtschaftlichen Veränderungen zu reagieren.

Aus politischer Sicht wurde der Goldstandard als eine Einschränkung betrachtet, die die Handlungsfreiheit der Regierungen einschränkte und sie daran hinderte, eine proaktive Wirtschaftspolitik zu betreiben.

Es reicht zu sagen, dass Regierungen ihren Bürgern versichert haben, dass sie selbst für den Wert dieses Papiergeldes garantieren würden. Die Gesellschaft hat sich darauf eingelassen, mit Papiergeld zu handeln, das allein auf dem Versprechen der Regierungen beruht. So entstand das sogenannte Fiatgeld.

Fiatgeld ist Geld, das seinen Wert nicht durch einen physischen Wert wie Gold oder Silber erhält, sondern durch das Vertrauen und die Akzeptanz der Menschen sowie die Autorität der Regierung, die es herausgibt. Ein einfaches Beispiel für Fiatgeld ist das Papiergeld oder die Münzen, die wir täglich verwenden. Der Wert dieser Banknoten und Münzen wird durch das Vertrauen gestützt, dass sie als Zahlungsmittel akzeptiert und von der Regierung garantiert werden, die sie herausgibt. Solange die Menschen Vertrauen in die Stabilität und den Wert des Fiatgeldes haben, behält es seinen Wert und seine Funktion als Tauschmittel.

Abb. 3: Fiatgeld

Eine kompakte und dennoch ausführliche Begriffserklärung und Übersicht zu diesem Thema bietet der Video-Beitrag „Was ist Geld? Der Wert des Geldes einfach erklärt“ von Finance Fellows.

2. Das Fiat-System Alice im Wunderland

Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh.
Henry Ford

Im Laufe der Zeit hat sich das Vertrauensmodell gewandelt – von der Vertrauenswürdigkeit eines materiellen Objekts wie Gold hin zu einem Vertrauen in Institutionen wie Zentralbanken.

Im Fiat-System legen Regierungen den Wert einer Währung fest und erklären sie zum gesetzlichen Zahlungsmittel. Dabei obliegt es der Regierung zu bestimmen, ob ein Zahlungsmittel innerhalb eines Landes oder einer Gerichtsbarkeit für Finanztransaktionen, Handelsabwicklungen oder den allgemeinen Handel anerkannt wird.

Das Fiat-Bankensystem umfasst eine Reihe von Banken, einschließlich Zentralbanken und Geschäftsbanken, siehe folgende Abbildung.

Abb. 4: Bankensystem im Rahmen des Fiat-Finanzsystems

Die Zentralbank ist die höchste Bank eines Landes und verantwortlich für die Steuerung der Geldpolitik sowie die Regulierung der Geldmenge im Umlauf. Sie ist die einzige Institution, die gesetzliches Zahlungsmittel herausgeben kann. Die Zentralbank beeinflusst den Geldfluss, indem sie Zinssätze festlegt, Geld druckt oder aus dem Umlauf nimmt und andere geldpolitische Maßnahmen ergreift, um die Stabilität der Währung und der Wirtschaft zu fördern. Dazu gehört auch die Überwachung des Bankensystems. Zentralbanken werden in der Regel als unabhängige Institutionen von der Regierung eines Landes eingerichtet und beaufsichtigt. Sie arbeiten oft mit anderen Regierungsbehörden und internationalen Institutionen zusammen, um die wirtschaftliche Stabilität zu unterstützen.

Geschäftsbanken sind private Banken, die Finanzdienstleistungen für Einzelpersonen, Unternehmen und andere Organisationen anbieten. Sie nehmen Einlagen entgegen, gewähren Kredite, ermöglichen Transaktionen und bieten andere Bankdienstleistungen an. Diese Banken nutzen die von der Zentralbank ausgegebenen Währungseinheiten, um Geschäfte zu tätigen und Transaktionen abzuwickeln.

Jede Geschäftsbank ist verpflichtet, ein Konto bei der Zentralbank zu führen, das als Zentralbankkonto bezeichnet wird. Auf diesem Konto hat die Geschäftsbank ein Guthaben, das sie verwenden kann, um Bargeld von der Zentralbank zu erhalten oder dorthin zu überweisen. Dieses Guthaben und das physische Bargeld, das von der Zentralbank stammt, werden zusammen als Zentralbankgeld bezeichnet, da es ausschließlich von der Zentralbank geschaffen wird.

Abb. 5: Zentralbankkonten der Geschäftsbanken

Die Zentralbankguthaben der Geschäftsbanken können auf verschiedene Weise entstehen. Einerseits gewährt die Zentralbank diesen Banken Kredite, die dann als Guthaben auf dem Konto der Geschäftsbank verbucht werden. Um diese Kredite zu erhalten, müssen die Geschäftsbanken Sicherheiten wie Wertpapiere hinterlegen und Zinsen dafür zahlen.

Wertpapiere sind Papiere, die einen bestimmten Wert repräsentieren. Sie können zum Beispiel Aktien, Anleihen oder Investmentfondsanteile sein.
Aktien sind Anteile an einem Unternehmen. Wenn man eine Aktie kauft, besitzt man einen kleinen Teil dieses Unternehmens.
Anleihen sind Schuldtitel. Wenn man eine Anleihe kauft, leiht man dem Herausgeber (zum Beispiel einem Staat oder einem Unternehmen) Geld und bekommt im Gegenzug Zinsen und das geliehene Geld später zurück.
Investmentfondsanteile sind Teile eines Fonds, der von einem Fondsmanager verwaltet wird. Dieser Fonds investiert das Geld vieler Anleger in eine Vielzahl von Wertpapieren, um das Risiko zu streuen.

Andererseits können Zentralbankguthaben auch entstehen, wenn die Zentralbank Vermögenswerte wie Immobilien, Staatsanleihen oder Gold von Geschäftsbanken erwirbt. In diesem Fall schreibt die Zentralbank den Kaufbetrag auf dem Konto der betreffenden Geschäftsbank gut.

Abb. 6: Entstehung von Guthaben auf Zentralbankkonten

Zusätzlich sind Geschäftsbanken verpflichtet, ein Mindestguthaben auf ihrem Zentralbankkonto vorzuhalten, das als Mindestreserve bezeichnet wird. Diese Mindestreserve wird von der Zentralbank festgelegt. Dafür addiert sie die Einlagen aller Geschäftsbankkonten und diese Summe wird mit einem festgelegten Prozentsatz multipliziert.

Abb. 7: Mindestreserve-Bankwesen

Die Funktion eines Zentralbankguthabens besteht darin, dass Geschäftsbanken ihren Kunden bei Bedarf Bargeld zur Verfügung stellen können. Wenn Kunden beispielsweise Geld abheben möchten, müssen die Geschäftsbanken sicherstellen, dass sie genügend Bargeldreserven haben, um diesen Bedarf zu decken. Dies erfordert, dass die Geschäftsbanken auf ihre Guthaben bei der Zentralbank zugreifen und diese verwenden, um Bargeld zu beschaffen.

Des Weiteren werden die Zentralbankguthaben der Geschäftsbanken für den bargeldlosen Zahlungsverkehr zwischen den Banken benötigt. Wenn eine Geschäftsbank Geld an eine andere Geschäftsbank überweisen möchte, wird diese Transaktion in der Regel über ihre Guthaben bei der Zentralbank abgewickelt.

Fiat Lux – Geld aus dem Nichts

In Anlehnung an das biblische Sprichwort „Fiat Lux“ bezieht sich der Begriff „Fiatgeld“ darauf, dass Geld gewissermaßen „aus dem Nichts entsteht“. Die nachfolgenden Erläuterungen verdeutlichen diesen Prozess.

2.1. Primäre Geldschöpfung

Der Prozess beginnt mit einem Regierungsauftrag. Angenommen, die Regierung beschließt, um die Wirtschaft anzukurbeln, zusätzliche 100 Millionen Euro in Umlauf zu bringen. Für die Umsetzung dieses Auftrags ist die Zentralbank verantwortlich, die beispielsweise diese Summe den Geschäftsbanken als Kredit zur Verfügung stellt. Dadurch wächst das Guthaben auf den Zentralbankkonten der Geschäftsbanken. Diese können einen Teil oder die ganze Summe in Form von Bargeld von ihren Zentralbankkonten abheben. Um das zusätzliche Bargeld zur Verfügung zu stellen, werden anschließend die entsprechenden Banknoten gedruckt und mit Geldtransportern zu den Tresoren der Geschäftsbanken transportiert.

Die 100 Millionen Euro werden buchstäblich aus dem Nichts geschaffen, da es nicht durch einen intrinsischen Wert wie Gold oder Silber gedeckt ist. Aber das ist nur der erste Teil der Geldschöpfungskette.

Abb. 8: Primäre Geldschöpfung: In diesem Beispiel entnimmt die Geschäftsbank 20% der Summe in bar, um kurzfristig Bargeldabhebungen ihrer Kunden zu bedienen. Die verbleibenden 80% der Summe dienen als Sicherheit bei der Zentralbank und ermöglichen es der Geschäftsbank, Kredite an ihre Kunden zu vergeben.
2.2. Sekundäre Geldschöpfung

Wie bereits erwähnt, fungieren die Geschäftsbanken im Rahmen des Fiatfinanzsystems als Vermittler zwischen der Zentralbank und der breiten Öffentlichkeit. Sie nehmen Einlagen von Einzelpersonen und Unternehmen entgegen und halten einen Teil dieser Einlagen als Reserve. Die Banken nutzen den Rest, um Kredite zu vergeben und Zinseinnahmen zu erzielen. Auf diese Weise spielt das Bankensystem eine wichtige Rolle bei der Schaffung und Verteilung von Geld im Wirtschaftskreislauf.

2.2.1. Sekundäre Geldschöpfung über Kunden-Einlagen

Angenommen, Alice hat von ihrer Oma zum Geburtstag 100 EUR in bar erhalten. Da sie das Bargeld nicht ständig bei sich tragen möchte, entscheidet sie sich, es auf ihr Bankkonto bei Bank A einzuzahlen. Dadurch wird das Bargeld in Buchgeld umgewandelt, das auch als Giralgeld bezeichnet wird.

In ihrer Bilanz verbucht die Bank die Einzahlung von Alice auf der Passivseite. Für die Bank stellt diese Einzahlung eine Verbindlichkeit dar, da sie Alice 100 EUR Bargeld schuldet. Um die Bilanz auszugleichen, bucht die Bank die 100 EUR in ihre Reserven. Dadurch werden die 100 EUR physisch im Tresor der Bank hinterlegt und erhöhen das Vermögen der Bank.

Abb. 9: Umwandlung von Bargeld in Buchgeld

In den meisten Rechtsordnungen wird eine Bankeinlage nicht als Kaution betrachtet. Das bedeutet, dass das eingezahlte Geld nicht länger im Besitz des Kunden bleibt. Stattdessen geht das Geld in den Besitz der Bank über, und der Kunde erhält im Austausch einen Vermögenswert, der als Einlagenkonto (Giro- oder Sparkonto) bekannt ist. Dieses Einlagenkonto wird in der Bilanz der Bank als Verbindlichkeit ausgewiesen. Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass ein Kunde sein Geld praktisch der Bank gibt, die es in ihrem Besitz behält. Im Gegenzug erhält der Kunde von der Bank das Versprechen, sein Geld zu einem späteren Zeitpunkt oder nach Bedarf zurückzuerhalten. Dieses Versprechen wird in der Regel durch das Einlagenkonto des Kunden dokumentiert, dass eine Verbindlichkeit der Bank darstellt.

Da das Geld nun praktisch der Bank gehört, setzt sie es ein, um Gewinne zu erzielen, indem sie es weiter verleiht. Hier kommt das Konzept der Mindestreserve ins Spiel. Mindestreserven sind ein wesentlicher Bestandteil des Bankwesens und werden weltweit angewendet. Es besagt, dass Banken, die Einlagen von der Öffentlichkeit entgegennehmen, nur einen Teil dieser Einlagen als Reserve in liquiden Mitteln halten müssen. Diese Bankreserven können entweder als Bargeld in den Tresoren der Geschäftsbank oder als Guthaben auf dem Konto der Geschäftsbank bei der Zentralbank gehalten werden. Wie bereits beschrieben, hat die Zentralbank eines Landes die Befugnis, einen festgelegten Betrag an Reserven zu bestimmen, den Banken halten müssen. Dieser Betrag wird als „Mindestreserveanforderung“ oder „Mindestreservesatz“ bezeichnet. [Fractional-reserve banking]

In unserem Beispiel gehen wir davon aus, dass der Mindestreservesatz 10% beträgt. Das bedeutet, dass die Bank von Alice Einlagen einen Betrag in Höhe von 90 EUR als Kredit vergeben kann. Wenn der Kreditnehmer mit diesen 90 EUR ein Fahrrad kauft und das Geld auf das Konto des Fahrradverkäufers bei Bank B überweist, entsteht eine Verbindlichkeit der Bank B gegenüber dem Fahrradverkäufer in Höhe von 90 EUR. Um ihre Bilanz auszugleichen, bucht Bank B diese 90 EUR als Reserve um, was sie als Teil ihres Vermögens verbucht.

Aus den ursprünglichen 100 EUR Bargeld sind nun 190 EUR Buchgeld entstanden. Nach dem nächsten Zyklus werden daraus 271 EUR.

 Abb. 10: Sekundäre Geldschöpfung über die Einlagen

Nach jeder neuen Kreditvergaberunde erhöht sich die Buchgeldmenge. Bei einem Mindestreservesatz von 10% können aus 100 EUR Zentralbankgeld (in Form von Bargeld) bis zu 1.000 EUR Buchgeld entstehen.

Die maximale Menge an Buchgeld, die aus dem Nichts entstehen kann, hängt vom Mindestreservesatz ab. Der Geldschöpfungsmultiplikator wird wie folgt berechnet:

Abb. 11: Geldschöpfungsmultiplikator

Dieses Beispiel demonstriert die sekundäre Geldschöpfung aus den Kunden-Einlagen bei den Geschäftsbanken. Wie dieser Vorgang sich im Falle einer Kreditvergabe abspielt, kann man wie folgt veranschaulichen.

2.2.2. Sekundäre Geldschöpfung über Kreditvergabe

Angenommen, die Familie von Alice möchte ein Haus kaufen und beantragt einen Kredit von 100.000 EUR bei ihrer Geschäftsbank. Die Bank genehmigt den Kredit und bucht den Betrag von 100.000 EUR auf das Bankkonto der Familie. In diesem Szenario verwendet die Bank das Geld nicht aus den Einlagen ihrer Kunden, sondern leiht es sich von der Zentralbank.

Bei einem Mindestreservesatz von 10% benötigt die Geschäftsbank lediglich 10.000 EUR Zentralbankgeld, um einen Kredit von 100.000 EUR in Form von Buchgeld zu vergeben. Dadurch entstehen zusätzlich 90.000 EUR Buchgeld aus dem Nichts. Die Bank verbucht die Kreditsumme auf der Aktivseite ihrer Bilanz, das bedeutet, dass die Bank den Anspruch auf die Rückzahlung des Kredits als Vermögenswert in ihrer Bilanz ausweist. Die Bank kann also einen Teil des bewilligten Kredits als Grundlage für die Vergabe neuer Kredite verwenden. Dabei entsteht neues Buchgeld, da die Bank Kredite vergibt, die über die ursprüngliche Einlage hinausgehen. Dieser Prozess wird als Multiplikator der Kreditvergabe bezeichnet und trägt zur Erweiterung der Geldmenge in der Wirtschaft bei.

Die Familie kann nun Handwerks- und Baufirmen bezahlen, die wiederum Baumaterialien kaufen und Löhne an ihre Mitarbeiter zahlen. Das Buchgeld gelangt dann zu anderen Geschäftsbanken, die es gemäß dem im Kapitel 2.2.1. beschriebenen Prinzip erneut verleihen können.

Abb. 12: Sekundäre Geldschöpfung über Kreditvergabe

In Summe bedeutet dies, dass wesentlich mehr Geld verliehen werden kann, als ursprünglich in Umlauf gebracht wurde.

2.3. Einfluss der Zentralbankpolitik auf die Geldmenge

Durch die Definition des Mindestreservesatzes kann die Zentralbank indirekt die Buchgeldmenge beeinflussen.

Neben den Mindestreservesatz kann die Zentralbank durch den sogenannten Leitzins Einfluss auf die Geldpolitik ausüben. Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem Geschäftsbanken sich Geld von der Zentralbank leihen können. Wenn die Zentralbank den Leitzins senkt, wird das Kreditangebot erhöht und die Wirtschaft angekurbelt, da es für Geschäftsbanken günstiger wird, sich Geld zu leihen und es an Unternehmen und Verbraucher weiterzugeben. Wenn die Zentralbank den Leitzins erhöht, dämpft dies normalerweise die Inflation, indem es teurer wird, sich Geld zu leihen, was die Ausgaben der Verbraucher und Investitionen der Unternehmen reduziert. Der Leitzins hat also einen erheblichen Einfluss auf die Kreditkosten, die Verfügbarkeit von Krediten und damit auf das gesamte wirtschaftliche Umfeld. Soweit die Theorie.

In unseren Rechenbeispielen wurde eine Mindestreserve von 10% angenommen. Die Europäische Zentralbank EZB schreibt eine Mindestreserve von lediglich 1 Prozent vor.

Fazit: Fiatgeld entsteht durch eine Kombination aus Regierungsbefugnis, Maßnahmen der Zentralbank, Kreditvergabe durch Geschäftsbanken und Mindestreserve-Bankwesen. Es basiert auf Vertrauen in die Regierung und das Finanzsystem, nicht auf einem intrinsischen Wert der Währung.

2.4. Die Risiken der lockeren Geldpolitik und ihre Auswirkungen

Einige betrachten diese Dynamik als eine kollektive Illusion. Doch worauf stützt sich diese Behauptung?

Zentralbanken, indem sie die Geldmenge kontrollieren und Zinssätze beeinflussen, können durch eine lockere Geldpolitik zu einer Überkreditvergabe und übermäßigen Verschuldung führen. Das Fiatgeldsystem erlaubt es Banken, ohne angemessene Sicherheiten oder Risikoprüfungen beträchtliche Kreditmengen zu vergeben, was zu einem Anstieg riskanter Kredite führt.

Diese Praxis ermöglicht die Entstehung komplexer Finanzprodukte, die Risiken verbreiten und verschleiern können, was die Anfälligkeit des Finanzsystems für Schocks erhöht. Zusätzlich schaffen Rettungsaktionen der Regierung Anreize für riskantes Verhalten, da Banken und Finanzinstitute davon ausgehen können, im Falle von Problemen unterstützt zu werden, was zu einer übermäßigen Risikobereitschaft und Engagement in riskanten Geschäften führt.

Eine ausgewogene Geldmenge im Umlauf gilt als entscheidender Motor für wirtschaftliches Wachstum. Doch ein rasantes Anwachsen der Geldmenge ohne entsprechendes reales Wirtschaftswachstum kann zu einer Überbewertung von Vermögenswerten wie Aktien, Immobilien oder Rohstoffen führen. Dies birgt die Gefahr von Vermögensblasen, deren Instabilität sich langfristig zeigen kann und zu plötzlichen Kurskorrekturen oder wirtschaftlichen Turbulenzen führen kann.

In den ersten Jahren dieses Jahrhunderts zeigte sich ein solches Szenario. Über einen längeren Zeitraum spekulierten Geschäftsbanken darauf, dass die Preise für Wohnimmobilien in den USA unaufhaltsam steigen würden. Eine lockere Geldpolitik mit niedrigen Zinsen und großzügiger Kreditvergabe ermöglichte es selbst Personen ohne regelmäßiges Einkommen, Immobilienkredite zu erhalten. Die Banken betrachteten die von ihnen finanzierten Wohnimmobilien als alleinige Sicherheit für die Kredite, was die Nachfrage nach Immobilien stark ankurbelte und die Preise irrational in die Höhe trieb.

Eine wirtschaftliche Abschwächung, begleitet von Zinserhöhungen seitens der US-Zentralbank, führte dazu, dass immer mehr Kreditnehmer ihre steigenden Raten für Immobilienkredite nicht mehr bedienen konnten. Dies zwang eine wachsende Anzahl von Menschen dazu, ihre Immobilien zu verkaufen, was wiederum zu einem Einbruch der Immobilienpreise führte. Da diese Immobilien jedoch als Sicherheiten für die vergebenen Kredite dienten, brach das Kartenhaus zusammen, und die Geschäftsbanken erlitten massive finanzielle Verluste.

Das Vertrauen zwischen den Banken war erschüttert, wodurch sie aufhörten, sich gegenseitig Geld zu leihen. Dies führte dazu, dass die renommierte Investmentbank Lehman Brothers sich nicht refinanzieren konnte, illiquide wurde und bankrottging. Diese Kettenreaktion griff nicht nur auf das Bankensystem über, sondern wirkte sich auch auf die reale Wirtschaft aus. Unternehmen hatten plötzlich Schwierigkeiten, Kredite zu erhalten, und die Folgen waren unabwendbar.

Durch die globale Vernetzung und Digitalisierung des Finanzsystems haben sich die Schockwellen dieser Krise schnell weltweit ausgebreitet. Die Krise in einem Bereich des Finanzsystems konnte sich rasch auf andere Bereiche ausweiten und damit die Gefahr von systemweiten Risiken erhöht.

Fazit: Die Struktur des Fiatgeldsystems hat die weltweite Finanzkrise von 2007-2008 begünstigt, die zu einem Vertrauensverlust in das Finanzsystem und schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen weltweit führte.

Um dieser schwerwiegenden Krise entgegenzuwirken, griffen sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die amerikanische Zentralbank (FED) massiv ein und senkten über längere Zeiträume den Leitzins auf null Prozent. Ihr Ziel bestand darin, den Geschäftsbanken den Zugang zu Zentralbankgeld zu erleichtern, dieses in Form von Buchgeld in Umlauf zu bringen und durch die Vergabe neuer Kredite die Wirtschaft anzukurbeln.

Als Ergebnis dieser Politik wuchs die Geldmenge M3 in der Eurozone in den letzten 20 Jahren permanent – von 4.67 Billionen EUR im Jahr 1999 auf über 16 Billionen EUR im Jahr 2023.

Die Geldmenge M3 ist eine Messgröße für das gesamte Geld in einer Volkswirtschaft, das leicht verfügbar ist. Es umfasst nicht nur Bargeld und Münzen, sondern auch Geld auf Bankkonten, Spareinlagen, kurzfristige Anlagen wie Geldmarktfonds und ähnliche liquide Vermögenswerte. Diese breitere Definition ermöglicht es, die Gesamtliquidität einer Volkswirtschaft zu erfassen, also wie viel Geld insgesamt verfügbar ist, um Dinge zu kaufen oder zu investieren.

Abb. 13: Entwicklung der Geldmenge M3 in der Eurozone von 1999 bis 2023 [statista]

Die Geldumlaufgeschwindigkeit sank jedoch in der Eurozone in den letzten 20 Jahren, was auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden kann. Zu diesen Faktoren gehören unter anderem die Auswirkungen der Finanzkrise 2007-2008, die veränderten Kreditbedingungen, die geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft.

Abb. 14: Umlaufgeschwindigkeit des Geldes in der Eurozone von 1995 bis 2023 [TAGESGELDVERGLEICH.net]

Makroökonomisch betrachtet, ist die Geldumlaufgeschwindigkeit ein wichtiger Indikator für die Aktivität und das Tempo der Wirtschaftstätigkeit in einem Land oder einer Wirtschaftsregion. Sie zeigt an, wie schnell das Geld durch das Wirtschaftssystem zirkuliert und wie effizient es für den Kauf von Gütern und Dienstleistungen genutzt wird.

Eine hohe Geldumlaufgeschwindigkeit deutet oft auf eine lebendige Wirtschaft hin, in der viele Transaktionen stattfinden und das Geld schnell von einer Hand zur nächsten weitergegeben wird. Dies kann ein Zeichen für ein hohes Maß an wirtschaftlicher Aktivität und Wachstum sein. Eine schnellere Umlaufgeschwindigkeit bedeutet auch, dass das gleiche Geld öfter verwendet wird, was den Multiplikatoreffekt verstärkt und dazu beiträgt, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu erhöhen.

Auf der anderen Seite kann eine niedrige Geldumlaufgeschwindigkeit auf wirtschaftliche Probleme hinweisen. Wenn das Geld langsam zirkuliert und die Transaktionen abnehmen, kann dies ein Zeichen für eine wirtschaftliche Stagnation oder eine geringere Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen sein. Dies kann zu deflationären Tendenzen führen und die wirtschaftliche Aktivität beeinträchtigen.

Eine abnehmende Geldumlaufgeschwindigkeit bei steigender Geldmenge kann eine Herausforderung für Zentralbanken darstellen, da dies darauf hindeuten könnte, dass geldpolitische Maßnahmen weniger effektiv sind. In einer solchen Situation könnten Zentralbanken zusätzliche Maßnahmen erwägen, um die Geldumlaufgeschwindigkeit zu erhöhen und die wirtschaftliche Aktivität anzukurbeln.

Ein Rückgang der Geldumlaufgeschwindigkeit könnte auf einen Vertrauensverlust in das Finanzsystem oder in die allgemeine Wirtschaftslage hinweisen, was dazu führen kann, dass die Menschen ihr Geld horten oder weniger konsumieren.

Fazit: Die Effektivität der geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbanken stößt an Ihren Grenzen und weist auf strukturelle Probleme im vorhandenen Finanzsystem hin.

2.5. Der Digitalisierungstrend

Die Entwicklung des Geldes geht Hand in Hand mit dem Fortschritt der Technologie. Die rasante Entwicklung in Bereichen wie Computertechnologie, Internet, Smartphones, drahtloser Kommunikation und künstlicher Intelligenz hat diese Beziehung zunehmend komplexer gemacht. Diese technologischen Fortschritte haben dazu beigetragen, dass Geld in modernen Gesellschaften größtenteils in digitaler Form existiert und durch komplexe Finanzsysteme und digitale Transaktionen unterstützt wird. Physisches Bargeld wird zunehmend durch digitale Varianten wie Debit- und Kreditkarten, elektronische Geldbörsen oder Apps sowie digitale Einlagen bei Geschäftsbanken ersetzt.

Seit 2020 wurde vielen von uns bewusst, dass wir in einer Zeit des Wandels leben, die umfassende Veränderungen mit sich bringt, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Die fortschreitende Digitalisierung im industriellen, öffentlichen und privaten Sektor hat die Akzeptanz digitaler Währungen weiter erhöht. Die Digitalisierung verstärkt auch die Konzentration von Macht und Daten in den Händen weniger großer Finanzinstitute oder Technologieunternehmen. Dies erhöht die Risiken im Zusammenhang mit Monopolstellung und Datenschutz.

Parallel dazu könnte der Einsatz von algorithmischen Handelsstrategien und hochfrequentem Handel an den Finanzmärkten zu unvorhersehbaren Preisschwankungen und volatileren Märkten führen, was das Risiko von Finanzkrisen erhöht. Die Digitalisierung hat die Komplexität und Undurchsichtigkeit des Finanzsystems verstärkt, insbesondere im Bereich der Derivate und strukturierten Finanzprodukte. Diese Komplexität könnte es schwieriger machen, Finanzkrisen zu erkennen und zu managen.

Derivate sind Verträge, die ihren Wert aus dem Preis anderer Dinge ableiten. Es gibt verschiedene Arten von Derivaten, aber zwei der häufigsten sind Optionen und Futures. Stellen Sie sich vor, Sie gehen auf den Markt und kaufen einen Apfel. Sie wissen, dass der Preis für einen Apfel 1 Euro beträgt. Jetzt stellen Sie sich vor, Sie könnten einen Vertrag abschließen, der Ihnen das Recht gibt, diesen Apfel in einer Woche für denselben Preis zu kaufen, unabhängig davon, wie sich der Preis in der Zwischenzeit ändert. Das ist eine Option. Ein Future wäre eine Bestellung eines Apfels zu einem festen Preis, der aber erst in einer Woche geliefert wird. In beiden Fällen versuchen die Leute, sich gegen Preisänderungen abzusichern oder von ihnen zu profitieren, ohne den Apfel sofort zu kaufen.

Nun stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Süßwaren-Laden und möchten eine Vielzahl von Süßigkeiten kaufen, aber Sie möchten nicht nur eine Sorte. Also bitten Sie den Ladenbesitzer, Ihnen eine Tüte zusammenzustellen, in der verschiedene Süßigkeiten gemischt sind. Strukturierte Finanzprodukte sind ähnlich. Banken und Finanzinstitute packen verschiedene Arten von Geldanlagen wie Kredite, Hypotheken oder Schulden zusammen und verkaufen sie dann als ein Paket an Investoren. Diese Pakete haben verschiedene Teile, die unterschiedliche Risiken und Renditen haben. Manche Teile sind sicherer, andere riskanter. Die Idee ist, dass Investoren auswählen können, in welche Teile sie investieren möchten, je nachdem, wie viel Risiko sie eingehen möchten. Diese Pakete können sehr kompliziert sein, und manchmal verstehen selbst Experten nicht genau, was drin ist. Das kann zu Problemen führen, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sollten.

Fazit: Der Trend zur Digitalisierung verschärft die strukturellen Schwachstellen des Fiat-Finanzsystems und stellt Regulierungsbehörden vor neue komplexe Herausforderungen, um die langfristige Stabilität des Finanzsystems unter diesen Bedingungen sicherzustellen. Damit stellt sich die Frage, wie das bestehende Fiat-Finanzsystem weiter reformiert werden soll.

Die technologische Entwicklung hat parallel dazu geführt, dass eine neue Art von Währung, die Kryptowährung, entstanden ist. Kryptowährungen sind digitale oder virtuelle Währungen, die auf kryptographischen Techniken basieren und als Mittel zum Austausch von Werten dienen. Anders als traditionelle Währungen werden Kryptowährungen nicht von Regierungen oder Zentralbanken kontrolliert. Stattdessen werden sie über ein dezentrales Computernetzwerk verwaltet. Sie nutzen starke Verschlüsselungstechniken und komplexe, algorithmusbasierte Prozesse, um Transaktionen zu sichern, die Unabhängigkeit von zentralen Behörden zu gewährleisten und die Erzeugung neuer Einheiten zu regulieren. Bekannte Beispiele für Kryptowährungen sind Bitcoin, Ether und Tether.

Befürworter von Kryptowährungen sehen Bitcoin als Wegbereiter für die Trennung von Staat und Geldsystem und betrachten diesen Schritt als eine der bedeutendsten Revolutionen aller Zeiten. Tatsächlich hat Bitcoin seit seiner Einführung im Jahr 2009 den Weg für die Entwicklung zahlreicher weiterer Kryptowährungen und Blockchain-Projekte geebnet.

Fazit: Diese neuartigen Strukturen, auf denen Kryptowährungen basieren, stellen eine weitere ernsthafte Herausforderung für das traditionelle Fiatgeldsystem dar.

Angesichts dieser Herausforderungen erscheinen die Aussagen von Christine Lagarde, der Präsidentin der EZB (Europäische Zentralbank), und Fabio Panetta, Mitglied des EZB-Direktoriums und Vorsitzender der hochrangigen Task Force für einen digitalen Euro, eher „harmlos“.

Wir müssen unsere Währung fit für die Zukunft machen. Wir stellen uns einen digitalen Euro als eine digitale Form von Bargeld vor, die für alle digitalen Zahlungen kostenlos verwendet werden kann und die höchsten Datenschutzstandards erfüllt. Er würde neben dem physischen Bargeld existieren, das immer verfügbar sein wird und niemanden zurücklässt.“ [Christine Lagarde]

Da die Menschen zunehmend digital bezahlen, sollten wir bereit sein, neben dem Bargeld auch einen digitalen Euro auszugeben. Ein digitaler Euro würde die Effizienz des europäischen Zahlungsverkehrs erhöhen und zur strategischen Autonomie Europas beitragen.“ [Fabio Panetta]

Derzeit ist es so, dass Nichtbanken wie Privatpersonen und Unternehmen nur über Bargeld Zugang zu Zentralbankgeld haben. Alle bargeldlosen Transaktionen werden ausschließlich über das Buchgeld der Geschäftsbanken abgewickelt. Mit der Einführung des digitalen Euros werden jedoch auch bargeldlose Transaktionen für die breite Öffentlichkeit direkt mit Zentralbankgeld möglich sein. Dadurch wird Zentralbankgeld zusätzlich zum Buchgeld der Geschäftsbanken in den gesamten Wirtschaftskreislauf integriert. Dies legt nahe, dass die Einführung des digitalen Euros als Zahlungsmittel für Nichtbanken mit einer tiefgreifenden strukturellen Veränderung des aktuellen Fiat-Geldsystems einhergeht.

Von dieser Perspektive aus betrachtet, sind die kontroversen Diskussionen über die Einführung und Ausgestaltung des digitalen Euros als CBDC (Central Bank Digital Currency – Zentralbank-Digitalwährung) angesichts ihrer gesellschaftlichen Relevanz ebenfalls verständlich.

Aus der Sicht des Durchschnittsbürgers drängt sich die Frage auf: Werden die digitalen Währungen der Zentralbanken unser Leben erleichtern und sicherer machen, oder handelt es sich um ein riskantes Experiment?

Bevor wir uns tiefer in die Diskussion begeben, ist es wichtig zu beachten, dass sowohl CBDC als auch Kryptowährungen Teil der digitalen Währungsrevolution sind. Einige wichtige technologische Elemente, die bei Kryptowährungen verwendet werden, können auch bei CBDC eingesetzt werden. Diese grundlegenden Elemente beeinflussen direkt die Eigenschaften und die praktische Anwendung von CBDC.

Um ein besseres Verständnis für CBDC zu erhalten, werden wir im nächsten Kapitel einige Schlüsselelemente der bekanntesten Kryptowährungen genauer betrachten.

3. Kryptowährungen Alle Wege führen nach Rom

Banken müssen vertrauenswürdig sein, um unser Geld zu halten und es elektronisch zu übertragen, aber sie verleihen es in Wellen von Kreditblasen mit kaum einem Bruchteil in Reserve. Wir müssen ihnen in Bezug auf unsere Privatsphäre vertrauen, darauf vertrauen, dass sie Identitätsdieben nicht erlauben, unsere Konten zu leeren. Ihre massiven Betriebskosten machen Mikrozahlungen unmöglich.
Satoshi Nakamoto, Post im P2P-Foundation-Forum

Die Finanzkrise von 2007-2008 spielte eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Kryptowährungen wie Bitcoin. Sie führte zu einem Vertrauensverlust in traditionelle Finanzinstitutionen und das bestehende Fiat-Geldsystem. Viele Menschen waren enttäuscht von der Reaktion der Banken und Regierungen auf die Krise und suchten nach alternativen Möglichkeiten, ihr Geld zu verwahren und Transaktionen durchzuführen, die frei von staatlicher Kontrolle und Einmischung sind.

Bitcoin wurde kurz nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 von einer anonymen Person oder Gruppe mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto ins Leben gerufen. Das Whitepaper von Bitcoin, das im selben Jahr veröffentlicht wurde, präsentierte eine Idee für eine dezentrale digitale Währung, die ohne eine zentrale Behörde oder Intermediäre funktioniert. Dieses Konzept kam genau zur richtigen Zeit, als das Vertrauen in das traditionelle Finanzsystem erschüttert war. Die Finanzkrise von 2007-2008 diente daher als Katalysator für das Aufkommen von Kryptowährungen, da sie das Bewusstsein für die Schwächen des bestehenden Finanzsystems schärfte und den Bedarf an alternativen Wegen zur Wertaufbewahrung und Transaktion aufzeigte.

Kryptowährungen haben das Potenzial, das traditionelle Geldsystem zu beeinflussen und zu transformieren. Um zu verstehen, warum dies der Fall ist, werden zunächst einige grundlegende Begriffe in diesem Kontext erklärt, ohne dabei in technische Details abzuschweifen.

3.1. Distributed Ledger Technologie (DLT)

Ein Ledger ist ein Begriff aus der Buchhaltung und Finanzwelt, der im Allgemeinen eine Aufzeichnung von finanziellen Transaktionen in Form eines Buches oder einer Datenbank bezeichnet. Er dient dazu, den aktuellen Stand von Vermögenswerten, Verbindlichkeiten und Kapital eines Unternehmens oder einer Organisation festzuhalten. Ein Ledger kann entweder manuell oder elektronisch geführt werden und beinhaltet typischerweise Einträge zu Einnahmen, Ausgaben, Überweisungen und anderen finanziellen Transaktionen.

Abb. 15: Ledger – früher und heute

Ein traditioneller Ledger ist üblicherweise zentralisiert, wodurch eine zentrale Autorität die Kontrolle über die Daten innehat und auch den Zugriff darauf zentral steuert. Diese Zentralisierung macht traditionelle Ledger anfälliger für Betrug oder Datenmanipulation, da sie von einer einzigen Stelle kontrolliert werden.

Abb. 16: Zentralisierter Ledger

Ein Distributed Ledger ist eine dezentrale Datenbank, die Transaktionsdaten über mehrere Standorte hinweg speichert und synchronisiert. Im Gegensatz zum zentralisierten Ledger, der von einer einzigen zentralen Stelle verwaltet wird, befinden sich die Daten in einem Distributed Ledger auf vielen verteilten Knoten oder Computern, die über ein Netzwerk miteinander verbunden sind. Diese dezentrale Natur gewährleistet eine höhere Sicherheit, da die Daten auf mehreren Knoten gespeichert sind und Änderungen kryptografisch gesichert werden.

Abb. 17: Verteilter Ledger

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Hauptunterschied zwischen einem traditionellen Ledger und einem Distributed Ledger in ihrer zentralen oder dezentralen Struktur liegt, was Auswirkungen auf die Kontrolle, Sicherheit und Effizienz der Datenverfolgung hat.

Ein zentrales Ledger benötigt eine Autorität (Bank, Cloud usw.), während die verteilte Ledger Technologie einen P2P-Austausch über Computer ermöglicht. (Peer-to-Peer (P2P) ist ein Konzept, das eine direkte Interaktion oder Kommunikation zwischen den Teilnehmern eines Netzwerks ohne die Notwendigkeit einer zentralen Vermittlungsstelle beschreibt.) [iMi Blockchain]

3.2. Blockchain-Technologie

Die Distributed Ledger Technologie (DLT) und die Blockchain-Technologie sind eng miteinander verbunden, da die Blockchain eine spezifische Implementierung von DLT darstellt. DLT kann in der Praxis auf verschiedene Arten umgesetzt werden, wobei die Blockchain-Technologie die bekannteste und weit verbreitetste Form ist. Oft werden DLT und Blockchain-Technologie gleichgesetzt, aber die Blockchain ist lediglich eine spezifische Variante von DLT.

Die Blockchain kann man sich wie ein langes, öffentliches Notizbuch (Ledger) vorstellen. Jede Seite dieses Notizbuchs repräsentiert einen Block. In diesem Notizbuch werden alle Transaktionen aufgeschrieben, die jemals getätigt wurden.

Jeder Block enthält eine Liste von Transaktionen, wie zum Beispiel, dass jemand Geld an jemand anderen sendet. Sobald eine Seite des Notizbuchs voll ist, wird eine neue Seite hinzugefügt, und diese ist mit der vorherigen Seite verknüpft. Diese Verknüpfung ist wie eine Kette, die alle Seiten zusammenhält – daher der Name „Blockchain“.

Abb. 18: Schematische Darstellung einer Blockchain

Um das grundlegende Funktionsprinzip der Blockchain-Technologie zu verstehen, ist es wichtig zu erfassen, wie ein System aufgebaut wird, das allen Teilnehmern die Erstellung, Überprüfung und Aktualisierung von Daten ermöglicht.

Peer-to-Peer (P2P) Netzwerk

Für den Betrieb einer Blockchain wird ein Peer-to-Peer (P2P) Netzwerk benötigt. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von Computern, die als Knoten bezeichnet werden und die alle gleichberechtigt sind. Jeder kann diesem Netzwerk beitreten (siehe Abb. 17). Das P2P-Netzwerk ermöglicht den Knoten, miteinander zu kommunizieren, Informationen auszutauschen und Aufgaben zu erfüllen, ohne dass ein zentraler Server erforderlich ist. Diese P2P-Netzwerke können über die weltweite Internetinfrastruktur aufgebaut werden, bei der Computer direkt miteinander verbunden sind.

Kryptographie

Da jeder dem Netzwerk beitreten kann, einschließlich potenziell schädlicher Akteure, ist es entscheidend, dass die Kommunikation zwischen den Knoten sicher und unverändert erfolgt. Hierbei spielt Kryptographie eine zentrale Rolle. Sie ermöglicht die sichere Kommunikation in einer Umgebung, in der potenzielle Gefahren lauern. Durch Verschlüsselung werden Informationen so umgewandelt, dass sie nur von Teilnehmern gelesen werden können, die über die entsprechenden „Schlüssel“ zur Entschlüsselung verfügen. Auf diese Weise können Nachrichten sicher übertragen werden, ohne dass Unbefugte sie abfangen oder verändern können. Dies ermöglicht es weiterhin, die Authentizität der eigenen Nachrichten nachzuweisen, selbst wenn sich potenziell bösartige Akteure im Netzwerk befinden.

In der Abbildung 18 repräsentiert der Eintrag im Feld „Hash“ eine kryptografische Prüfsumme oder ein Fingerabdruck der Daten im Block, der Eintrag im Feld „Prev“ (previous Hash) ist der Hash-Wert des vorherigen Blocks in der Blockchain. Durch die Verwendung von kryptografischen Hash-Funktionen wird sichergestellt, dass die Integrität der Blockchain gewahrt bleibt und dass Änderungen an vergangenen Blöcken leicht erkannt werden können.

Konsensalgorithmus

Das dritte Element ist der Konsensalgorithmus. Dieser ist wie eine Regel oder ein Verfahren, das sicherstellt, dass alle Teilnehmer in einem System sich darüber einig sind, welche Daten gültig sind und wie sie geändert werden können. In einem dezentralen Netzwerk wie der Blockchain kommunizieren viele verschiedene Knoten oder Computer miteinander. Der Konsensalgorithmus hilft diesen Computern, sich auf eine gemeinsame Sichtweise zu einigen, auch wenn sie unterschiedliche Informationen haben könnten. Dadurch können sie sicherstellen, dass die empfangenen Daten korrekt sind und alle im Netzwerk sich darüber einig sind, was mit diesen Daten geschehen soll.

Es gibt verschiedene Konsensalgorithmen, die in Blockchain-Netzwerken verwendet werden, damit sich alle Teilnehmer darüber einig sind, welche Transaktionen gültig sind und welche nicht. Jeder dieser Konsensalgorithmen hat seine eigenen Vor- und Nachteile und wird je nach den Anforderungen und Zielen des Blockchain-Netzwerks ausgewählt. Der Proof-of-Work (POW) Algorithmus erlangte besondere Berühmtheit durch die erste Kryptowährung Bitcoin.

Proof-of-Work (PoW) Algorithmus

Was passiert bei dem PoW-Algorithmus? Neu hinzukommende Transaktionen werden in einem neuen Block erfasst. Bevor dieser Block der Blockchain hinzugefügt werden kann, muss sein Inhalt validiert und bestätigt werden. Sobald der Block voll ist, wird der PoW-Algorithmus aktiv.

Bei diesem Algorithmus muss ein Computer im Netzwerk ein Rätsel (komplexe mathematische Aufgabe) erfolgreich lösen, um den Inhalt des neuen Blockes zu validieren. Die Lösung dieser Aufgabe nennt man Proof-of-Work. Sobald ein Computer im Netzwerk das Rätsel erfolgreich gelöst und einen neuen Block für den Anschluss an die Blockchain vorgeschlagen hat, wird dieser Block von den anderen Computern im Netzwerk überprüft und validiert. Jeder Computer im Netzwerk wendet die Regeln des Bitcoin-Protokolls an, um sicherzustellen, dass die Transaktionen gültig sind und der neue Block den Konsensregeln entspricht. Zu diesen Regeln gehört die Überprüfung von Faktoren wie der Gültigkeit von Signaturen, der Korrektheit der Transaktionsdaten und der Richtigkeit des Proof-of-Work.

Wenn die anderen Computer im Netzwerk feststellen, dass der neue Block gültig ist, wird er zur Blockchain hinzugefügt, und die Transaktionen darin werden bestätigt. Wenn der Block nicht den Konsensregeln entspricht oder die Transaktionen ungültig sind, wird der Block von den anderen Computern im Netzwerk abgelehnt, und der Vorgang beginnt von neuem, um einen anderen gültigen Block zu finden.

Im Proof-of-Work (PoW) Algorithmus, wie er bei Bitcoin verwendet wird, konkurrieren mehrere Computer im Netzwerk miteinander, um diese komplexe mathematische Aufgabe zu lösen. Die Lösung der Aufgabe erfordert viel Rechenleistung und Energie.

In der Abbildung 18 repräsentiert der Eintrag im Feld „Nonce“ (eine Abkürzung für „Number used once“) eine zufällige Zahl, die zusammen mit anderen Daten in einem Block verarbeitet wird, um einen Hash zu erzeugen, der bestimmte Kriterien erfüllen muss, um als gültiger Block akzeptiert zu werden. Dieser Wert ist direkt mit dem PoW-Algorithmus verbunden.

Belohnung und Bestrafung

Für den ordnungsgemäßen Betrieb einer dezentralisierten Blockchain tritt ein weiteres Konzept aus der Spieltheorie in den Vordergrund: „Belohnung und Bestrafung“. In der Spieltheorie bezieht sich der Begriff „Belohnung und Bestrafung“ auf die Anreize, die den Spielern gegeben werden, um bestimmte Verhaltensweisen zu fördern oder zu unterdrücken. Belohnungen können positive Anreize sein, die Spieler erhalten, wenn sie bestimmte Aktionen ausführen oder bestimmte Ziele erreichen. Bestrafungen sind negative Anreize, die Spieler erleiden, wenn sie unerwünschte Handlungen ausführen oder bestimmte Regeln verletzen. Diese Belohnungen und Bestrafungen werden verwendet, um das Verhalten der Spieler zu beeinflussen und das Erreichen von Zielen im Spiel zu fördern.

Dadurch werden Teilnehmer belohnt, die dabei helfen, die Aufzeichnungen in der Blockchain pflegen und neue Blöcke zur Blockchain hinzufügen. Im Fall von Bitcoin bedeutet diese Belohnung, dass ein Token beziehungsweise eine virtuelle Münze vergeben wird, jedes Mal, wenn ein Konsens erreicht wird und ein neuer Block zur Kette hinzugefügt wird. Auf der anderen Seite verlieren böswillige Akteure, die versuchen, das System zu umgehen oder zu manipulieren, die Ausgaben für Rechenleistung während des Proof-of-Work-Prozesses, oder sie riskieren, ihre Münzen zu verlieren.

Abschließend ist es wichtig zu erkennen, dass das Bestrafungs- und Belohnungssystem einen Einfluss auf das psychologische Verhalten hat. Es wandelt die Regeln des Systems von etwas, das man befolgen muss, in etwas, dem man folgen möchte, weil es im eigenen Interesse liegt, dies zu tun.

Kritische P2P-Netzwerk-Größe

In der Realität gilt eine Blockchain als dezentralisiert, wenn sie genug unabhängige Validatoren oder Knoten hat, die die Transaktionen validieren. Diese Knoten sind über verschiedene geografische Standorte verteilt, und keine einzelne Partei hat die Kontrolle über das Netzwerk.

Eine Zusammenfassung der wesentlichen Merkmale der Blockchain-Technologie findet man in diesem Video.

Eine ausführlichere visuelle Demonstration der Funktionalität einer Blockchain am Beispiel von Finanztransaktionen findet man in hier und hier

Der entscheidende strategische Nutzen beim Einsatz der Blockchain-Technologie zur Problemlösung liegt in ihrer Dezentralisierung. Die Auswahl der Blockchain-Technologie als Lösungsmethode ist nur dann gerechtfertigt, wenn das zugrunde liegende Problem tatsächlich auf Zentralisierung zurückzuführen ist. Wenn eine Dezentralisierung nicht erforderlich oder erwünscht ist, ist es wahrscheinlich, dass eine zentralisierte Lösung besser geeignet ist und die Blockchain-Technologie nicht notwendig ist.

Die zentrale Frage lautet: Ist unsere Welt derzeit bereit für die umfassende Implementierung einer komplexen Blockchain-Technologie, die eine Dezentralisierung mit sich bringt?

3.3. Das Token – The Swiss Army Knife

Beim Erklären des Belohnungsmechanismus als wesentlichen Bestandteil einer Blockchain im vorigen Kapitel wurde der Begriff „Token“ verwendet. Hier ist es sinnvoll, diesen Begriff in einfacher Sprache zu erklären.

Ein Token kann in verschiedenen Formen auftreten.

Ganz allgemein im IT-Bereich stellt ein Token eine Art digitaler Schlüssel oder eine Kennung dar. Es wird verwendet, um die Identität eines Benutzers oder einer Entität zu bestätigen und Zugriff auf ein System oder eine Ressource zu erhalten. Stellen Sie ihn sich wie einen Ausweis vor, den Sie vorzeigen, um in ein Gebäude zu gelangen. Ein Token kann zum Beispiel ein Passwort, ein biometrisches Merkmal (wie ein Fingerabdruck) oder ein spezieller Code sein, den Sie eingeben oder vorzeigen, um sich zu authentifizieren. Es wird verwendet, um Sicherheit und Zugriffssteuerung in IT-Systemen zu gewährleisten.

In der Blockchain-Welt ist ein Token eine digitale Einheit mit vielfältigen Funktionen. Es kann als Kryptowährung dienen, digitale Darstellungen von Fiat-Währungen auf Blockchain-Plattformen sein und für Transaktionen verwendet werden. Zudem können Tokens digitale Repräsentationen von realen Objekten wie Immobilien oder Kunstwerken sein.

Ein Token kann nicht nur ein digitales Objekt repräsentieren, sondern auch seine Eigenschaften. Dies hängt von der Art des Tokens und seiner Implementierung auf der Blockchain ab. Betrachten wir zum Beispiel ein tokenisiertes Kunstwerk. Ein solcher Token könnte nicht nur das Kunstwerk selbst darstellen, sondern auch Informationen über den Künstler, das Erscheinungsjahr, die Größe, die Besitzerhistorie und sogar Lizenzrechte enthalten.

Zusätzlich kann ein Token bestimmte Funktionen innerhalb eines Blockchain-Netzwerks repräsentieren, wie Nutzungsrechte, Zugriffsrechte, Stimmrechte, Anspruchsrechte usw. Je nach Typ und Verwendungszweck können Tokens unterschiedliche Merkmale und Funktionalitäten aufweisen.

Abb. 19: Bei der Tokenisierung wird die reale Welt oder reale Vermögenswerte in die digitale Welt übertragen, indem sie in digitale Tokens umgewandelt werden, die auf einer Blockchain oder einem anderen digitalen Ledger gespeichert werden können. Diese Tokens fungieren dann als digitale Repräsentationen der realen Vermögenswerte und können online gehandelt, übertragen und verwaltet werden.

Tokens können als eine Art Baukasten betrachtet werden, mit dem digitale Objekte, ihre Eigenschaften und verschiedene Funktionen kombiniert werden können. Diese werden dann als ein Element in einem vordefinierten Algorithmus auf einer digitalen Plattform wie einer Blockchain verwendet. Dieser Algorithmus bestimmt, wie die Tokens erstellt, übertragen, gehandelt und verwendet werden können. Diese Logik legt fest, wie die Tokens funktionieren und welche Regeln sie einhalten müssen.

Ein Token könnte metaphorisch als ein universelles Werkzeug betrachtet werden, das in einer Vielzahl von Situationen verwendet werden kann. Ähnlich wie ein Schweizer Taschenmesser vielseitig einsetzbar ist und verschiedene Funktionen bietet, kann ein Token in einem Blockchain-Netzwerk für verschiedene Zwecke verwendet werden, von der Werthaltung bis zur Ausführung vorprogrammierter Abläufe.

Weitere Informationen zum Thema Token und seiner Rolle im zukünftigen Finanzsystem werden in den folgenden Kapiteln bereitgestellt.

3.4. Zentralisiertes vs. Dezentralisiertes Ledger-System
Abb. 20: Zentralisiertes vs. Dezentralisiertes Ledger-System

Zentralisiertes Ledger-System

Das bestehende Finanzsystem beruht auf zentralisierten Ledger-Systemen, bei denen Transaktionen und Kontostände von einer zentralen Behörde oder Institution verwaltet und überwacht werden. Banken, Zentralbanken und andere Finanzinstitute führen diese zentralisierten Ledger, in denen alle Transaktionen und Kontobewegungen festgehalten werden.

In kritischen Situationen, in denen das Vertrauen in eine zentrale Behörde oder Institution in Frage gestellt wird, rücken die folgenden Aspekte eines zentralisierten Ledger-Systems besonders stark ins Blickfeld:

Single Point of Failure: Da ein zentralisiertes Finanzsystem von einer einzigen Autorität oder Institution kontrolliert wird, birgt es das Risiko eines „Single Point of Failure“. Wenn diese Autorität versagt oder kompromittiert wird, kann dies zu erheblichen Störungen oder Ausfällen im gesamten System führen.

Mangel an Transparenz: Da zentralisierte Hauptbücher von einer einzigen Institution geführt werden, gestaltet sich die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten für Außenstehende oft schwierig. Insbesondere in Branchen, die Wert auf Transparenz und Rechenschaftspflicht legen, kann dies ein Problem darstellen.

Politische oder wirtschaftliche Zwänge: Politische und wirtschaftliche Einflüsse können die Vertrauenswürdigkeit und Genauigkeit zentralisierter Hauptbücher beeinträchtigen. Zum Beispiel könnte eine Regierungsbehörde Daten in einem zentralisierten Hauptbuch manipulieren, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.

Begrenzte Zugänglichkeit: Da zentralisierte Hauptbücher oft von einer einzigen Partei verwaltet werden, können der Zugriff auf Daten sowie deren Nutzung für externe Parteien eingeschränkt oder verweigert werden.

Verteiltes Ledger-System

Kryptowährungen basieren auf einem verteilten Ledger-System, was im Vergleich zu zentralisierten Ledger-Systemen mehrere Vorteile bietet:

Dezentralisierung: Ein dezentrales System funktioniert ohne zentrale Autorität. Slogans wie „Bitcoin ist das Geld des Volkes“ und „Sei deine eigene Bank“ vermitteln die Idee der finanziellen Unabhängigkeit, Autonomie, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung in finanziellen Angelegenheiten.

Sicherheit und Vertrauen: Kryptowährungen wie Bitcoin verwenden Blockchain-Technologie, die Transaktionen transparent und fälschungssicher macht. Dies trägt dazu bei, das Vertrauen der Nutzer in das System zu stärken, insbesondere nach Finanzkrisen und Betrugsskandalen.

Anonymität und Datenschutz: Ein weiterer Grund für das Entstehen von Kryptowährungen ist der Wunsch nach Anonymität und Datenschutz bei Finanztransaktionen. Kryptowährungen bieten in der Regel ein gewisses Maß an Anonymität, da Transaktionen pseudonym sind und nicht mit persönlichen Daten verbunden werden müssen.

Zugänglichkeit und Inklusion: Kryptowährungen sind weltweit nutzbar und ermöglichen den Zugang zu Finanzdienstleistungen für Menschen, die möglicherweise keinen Zugang zum traditionellen Bankensystem haben, wie beispielsweise Menschen in Entwicklungsländern oder Menschen ohne Bankkonto.

Die Welt der Kryptowährungen ist mittlerweile umfangreich und vielfältig geworden, mit fast 20.000 verschiedenen Arten von Krypto-Werten im Umlauf. Der Beitrag „Top 10 Kryptowährungen nach Marktkapitalisierung“ bietet eine Einteilung der Kryptowährungen basierend auf ihrer Marktkapitalisierung. In Börsenterminologie bezeichnet die Marktkapitalisierung den aktuellen Börsenwert einer Währung oder eines Unternehmens und wird durch die Multiplikation der Anzahl der Einheiten mit dem Kurs berechnet.

Eine nähere Untersuchung der führenden drei Kryptowährungen in dieser Rangliste liefert aufschlussreiche Einblicke in wichtige Zusammenhänge, Merkmale und Funktionsweisen, die auch bei der Gestaltung und Funktionsweise digitaler Zentralbankwährungen eine Rolle spielen.

3.5. Bitcoin (BTC) – Get Rich or Die Tryin’

Bitcoin wurde konzipiert, um als digitales Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel zu dienen. Es basiert auf einem transparenten Hauptbuch (Ledger) ohne zentrale Autorität und stellt somit einen typischen Anwendungsfall eines dezentralisierten Ledger-Systems auf Basis der Blockchain-Technologie dar (siehe Kapitel 3.1. und 3.2.). Die daraus resultierenden systemischen Vorteile wurden im Kapitel 3.4. erörtert.

Aufgrund seiner dezentralen Architektur gibt es keinen einzelnen Computer, der für die Verwaltung des Ledgers verantwortlich ist (siehe Abb. 21). Stattdessen besitzt jeder Computer, der Bestandteil des Blockchain-Systems ist, eine Kopie des Ledgers. Bitcoin verwendet ein transparentes Hauptbuch, das es jedem Nutzer (User) ermöglicht, zu jedem Zeitpunkt Einblick in alle Transaktionen und Salden zu erhalten. Allerdings sind die Besitzer der Salden und die Absender und Empfänger von Transaktionen nicht direkt erkennbar. Dadurch ist Bitcoin pseudonym, da zwar alle Informationen offen, transparent und nachverfolgbar sind, aber die Identitäten der beteiligten Parteien nicht vollständig offenbart werden.

Bitcoin ist rein digital und existiert nicht in physischer Form wie traditionelle Münzen oder Banknoten. Stattdessen repräsentiert der Besitz von Bitcoin das Recht, auf bestimmte Datensätze im Hauptbuch, der sogenannten Blockchain, zuzugreifen und Bitcoin zwischen verschiedenen Adressen zu senden. Da Bitcoin nicht von einer Regierung, Behörde oder Bank kontrolliert wird, behält der Besitzer die volle Kontrolle über sein Bitcoin-Geld. Nur der rechtmäßige Eigentümer hat Zugriff auf sein Bitcoin-Guthaben in seinem Digital-Wallet und kann darüber verfügen.

Digital Wallets sind elektronische Geldbörsen, die es Nutzern ermöglichen, digitale Währungen wie Kryptowährungen sicher zu speichern, zu verwalten und Transaktionen damit durchzuführen. Sie funktionieren ähnlich wie traditionelle Geldbörsen, jedoch für digitale Währungen, und bieten Funktionen wie das Senden und Empfangen von Coins, das Anzeigen des Kontostands und die Verwaltung von Transaktionshistorien.

Durch die direkten Zahlungen zwischen den Nutzern ohne Zwischenhändler wie Banken macht Bitcoin insbesondere internationale Transaktionen wesentlich einfacher. Dadurch entfallen Bankengebühren und der Aufwand für den Umgang mit Wechselkursen.

Abb. 21: Schematische Darstellung einer Bitcoin-Blockchain

Bitcoin ist ähnlich wie Gold darauf ausgelegt, knapp zu sein, da es eine maximale Obergrenze von 21 Millionen Bitcoins gibt, die jemals erstellt werden können. Aus diesem Grund betrachten einige Anleger Bitcoin als langfristige Investition und als Absicherung gegen Inflation.

Eine knappe und dennoch gründliche Erklärung dessen, was Bitcoin ist und wie man ihn handhaben kann, findet sich im Video „Bitcoins Erklärung: In nur 12 Min. Bitcoin verstehen!“ von Finanzfluss.

Halten wir noch einmal die wesentlichen Vor- und Nachteile von Bitcoin fest:

Abb. 22: Wesentliche Vor- und Nachteile von Bitcoin [Finanzfluss]

In den meisten Ländern wird Bitcoin, wie auch andere Kryptowährungen, nicht als gesetzliches Zahlungsmittel betrachtet. Stattdessen wird Bitcoin oft als digitaler Vermögenswert oder alternative Zahlungsmethode angesehen. Dies bedeutet, dass die Verwendung von Bitcoin für Transaktionen freiwillig erfolgt und nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Einige Länder haben Kryptowährungen jedoch als legalen Zahlungsdienst oder Finanzinstrument anerkannt, jedoch nicht als gesetzliches Zahlungsmittel im herkömmlichen Sinne. (El Salvador ist bislang der einzige Staat, in dem Bitcoin als Landeswährung gilt, mit überschaubarem Erfolg. Die Einführung des Bitcoins als gesetzliches Zahlungsmittel hat jedoch die Situation für die Finanzierung und Stabilisierung der öffentlichen Finanzen in diesem Land, in dem große Teile der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, nicht verbessert.)

Deshalb ist die Verwendung von Kryptowährungen als Tauschmittel, eine der drei Hauptfunktionen des Geldes, häufig stark eingeschränkt. Dies führt oft dazu, dass Kryptowährungen in eine gesetzlich anerkannte Fiatwährung umgetauscht werden müssen. Dies geschieht normalerweise über eine Kryptowährungsbörse oder eine Online-Handelsplattform. Letztere erfordern oft eine Benutzerverifizierung während des Registrierungsvorgangs, was zumindest teilweise die beworbene Privatsphäre bei der Nutzung von Kryptowährungen beeinträchtigt.

Als virtuelle Währung repräsentiert Bitcoin keine realen Gegenwerte wie Cashflow, Aktien, Unternehmensanteile oder Goldreserven. Der Wert einer Einheit wird ausschließlich durch Angebot und Nachfrage bestimmt, was zu starken Kursschwankungen führen kann.

Im Januar 2024 wurden in den USA die ersten sogenannten Bitcoin-Spot-ETFs eingeführt. Diese ETFs (Exchange-Traded Funds) sind Investmentfonds, die an einer Börse gehandelt werden und Bitcoin als zugrunde liegenden Vermögenswert verwenden. Sie schaffen eine Verbindung zwischen Kryptowährungen und der traditionellen Finanzwelt. Bitcoin ETFs bieten institutionellen Anlegern eine legale und regulierte Möglichkeit, an der Kryptowährung teilzunehmen, selbst wenn sie möglicherweise nicht direkt in Bitcoin investieren können. Durch den Kauf eines Bitcoin-Spot-ETFs erwirbt man im Wesentlichen einen Anteil an der Kryptowährung selbst.

Die Entscheidung von BlackRock, dem weltgrößten Vermögensverwalter, in das Bitcoin-Spot-ETF-Geschäft einzusteigen, hat bereits für Aufsehen gesorgt. BlackRock verwaltet insgesamt ein Vermögen von 9 Billionen US-Dollar. Selbst wenn das Unternehmen nur ein Prozent seiner Vermögenswerte in Bitcoin investieren würde, könnte dies erhebliche Auswirkungen auf den Bitcoin-Kurs haben (Abb. 23).

Abb. 23: Bitcoin-Euro Wechselkurs (Stand 28.04.2024)

Die hohe Volatilität, die begrenzte Akzeptanz und einige technische Hürden bei der Handhabung disqualifizieren Bitcoin für weite Teile der Bevölkerung als zuverlässiges Tauschmittel oder Wertaufbewahrungsmittel.

Das, was 2009 der Öffentlichkeit als „basisdemokratische“ Alternative zum „elitären“ traditionellen Bank- und Finanzsystem präsentiert wurde, hat sich 15 Jahre später im Wesentlichen zu einer Spekulation entwickelt. Spekulation beinhaltet kurzfristige Investitionen, wobei der Zeitraum zwischen An- und Verkauf einer Aktie relativ kurz ist. Ein Spekulant setzt auf kurzfristige Entwicklungen des Börsenkurses und versucht, die Aktienkursentwicklung korrekt vorherzusagen, um entsprechend zu handeln.

Aufgrund der begrenzten Menge an Bitcoins kann der Kurs und damit auch das Vertrauen in Bitcoin durch große institutionelle Anleger wie BlackRock oder Grayscale, beide Partner des World Economic Forums (WEF), beeinflusst werden. Es ist bemerkenswert, dass BlackRock während der Finanzkrise von 2007-2008 ebenfalls zu den Gewinnern zählte – eine Ironie des Schicksals in der Finanzwelt.

Unabhängig davon hat Bitcoin maßgeblich dazu beigetragen, digitale Währungen im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern und die Wahrnehmung bezüglich der technologischen Entwicklung des Geldsystems sanft zu prägen. Gleichzeitig wurde die DLT-/Blockchain-Technologie im Feld erprobt und als Grundlage für weitere Entwicklungen etabliert. Zudem wurde der praktische Umgang breiter Bevölkerungsschichten mit einer dezentralen digitalen Währung weltweit getestet, ohne dabei das bestehende Finanzsystem wesentlich zu beeinträchtigen.

Laut dem WEF-Dokument Understanding the macroeconomic impact of cryptocurrency and stablecoin economicskönnten diese digitalen Währungen potenzielle Triebkräfte für finanzielle Stabilität, Gerechtigkeit, Innovation und Marktanreize für ökologische Nachhaltigkeit sein.

3.6. Tether (USDT) – Safe Haven (In God We Trust)

Tether ist eine Kryptowährung, die auf Blockchain-Technologie basiert und als sogenannter Stablecoin (stabile Münze) konzipiert wurde. Ihr Ziel ist es, im Gegensatz zu anderen Kryptowährungen, deren Wert starken Schwankungen unterliegt, einen stabilen Wert zu bieten. Typischerweise ist der Wert von Tether an eine etablierte Fiatwährung wie den US-Dollar gebunden, wobei 1 Tether in der Regel 1 US-Dollar entspricht. Hinter Tether steht das Unternehmen Tether Limited.

Man versucht, die Vorteile von Kryptowährungen (siehe Abb. 22) mit den Stabilitätsvorteilen einer Fiat-Währung zu verbinden. Ein naheliegender Anwendungsfall wäre der Einsatz als Tauschmittel. Jedoch werden Stablecoins wie Tether in der realen Welt selten für alltägliche Einkäufe akzeptiert, da nur Regierungen eine Währung als gesetzliches Zahlungsmittel erklären können. Heutzutage werden Stablecoins hauptsächlich auf Kryptowährungsbörsen verwendet. Händler nutzen sie, um volatile Kryptowährungen gegen stabile zu tauschen und so das Risiko zu mindern. Zum Beispiel können Investoren, die in den volatilen Bitcoin investiert haben und nicht das Risiko eingehen wollen, dass der Bitcoin-Preis gegenüber dem US-Dollar fällt, ihre Bitcoins (BTC) einfach in US Dollar Tether (USDT) umtauschen und den Dollarwert behalten. Wenn sie später wieder Bitcoins halten möchten, können sie ihre USDT problemlos zurück in BTC umtauschen. Anleger können Gewinne in Tether umwandeln, ohne das Krypto-Ökosystem verlassen zu müssen. Sie können ihre Kryptowährungen in Tether „parken“, um Wertschwankungen abzuwarten oder ihr Krypto-Vermögen ohne Wertverluste zu übertragen.

Tether übernimmt somit die Funktion eines Safe Assets im virtuellen Krypto-Ökosystem.
Ein „Safe Asset“ ist ein Vermögenswert, der als sicherer Hafen für Investoren betrachtet wird, besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit oder Turbulenzen. Solche Vermögenswerte zeichnen sich in der Regel durch Stabilität, geringe Volatilität und hohe Liquidität aus.

Transaktionen in USDT gelten gleichzeitig als schnell und kostengünstig. Zudem sind grenzüberschreitende Zahlungen in Tether mit dem Wechsel in eine andere Zielwährung problemlos möglich.

Aufgrund dieser Eigenschaften wird Tether auch als Bindeglied zwischen der virtuellen Kryptowährungswelt und der realen Finanzwelt gepriesen. In dem WEF-Beitrag von 2021 mit dem Titel „Cryptocurrencies are democratizing the financial world. Here’s how” liest man folgendes:

Kryptowährungen wie Stablecoins, d. h. Kryptowährungen, die an andere Vermögenswerte wie den US-Dollar gekoppelt sind, können nun eine sicherere und vertrauenswürdigere Möglichkeit darstellen, das Vermögen der Menschen zu schützen.

Wenn Sie zum Beispiel in Nigeria leben, ist Ihr Nettovermögen seit 2016 um fast 50 % gesunken, da der nigerianische Naira von etwa 200 Naira pro US-Dollar auf fast 400 Naira pro US-Dollar bis Ende 2020 gefallen ist. Wenn diese Vermögenswerte jedoch in einem Stablecoin wie Tether (USDT), einem an den US-Dollar gekoppelten Stablecoin, gehalten worden wären, wären sie vor einer drastischen Abwertung geschützt gewesen.“

„Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie, gepaart mit der weltweit zunehmenden Verbreitung des Mobilfunks und des Internets, mildern die zunehmenden finanziellen Ungleichheiten.

Und es ist nicht undenkbar, sich vorzustellen, dass die Welt in den kommenden Jahrzehnten ein viel demokratischeres und zugänglicheres Finanzsystem haben wird. Finanzielle Inklusion könnte dank Kryptowährungen erreicht werden.“

Insbesondere in Entwicklungsländern und Schwellenländern, wo die nationalen Währungen sehr volatil sind und das Bankensystem keine landesweite Abdeckung bietet, gewinnen solche Konzepte zunehmend an Akzeptanz (Abb. 25).

Abb. 25: Akzeptanz von Kryptowährungen [statista]

Wie schaffen Stablecoins wie Tether es, ihren Wert stabil zu halten, während andere Kryptowährungen starken Preisschwankungen unterliegen?

Die Stabilität des Geldes, sei es physisch oder digital, beruht auf dem Vertrauen seiner Nutzer. Wenn der Markt Zweifel an der Werthaltigkeit eines USDT hegt, werden die Leute ihre USDT schnell abstoßen, was zu einem Preisverfall führen kann. Um dieses Vertrauen zu erhalten, hinterlegt beispielsweise das Unternehmen Tether Vermögenswerte als Sicherheit für seine Coins. Diese Sicherheiten dienen als Garantie dafür, dass das Unternehmen sein Versprechen hält und dass seine Coins tatsächlich den festgelegten Wert haben. Im Falle von Tether wird jeder USDT durch US-Dollar-Reserven und andere Vermögenswerte abgesichert. Neben Fiatwährungen können Stablecoins auch durch andere Vermögenswerte abgesichert werden, wie beispielsweise Gold, Erdöl oder andere Kryptowährungen.

Im Unterschied zu Bitcoin verfügt Tether (USDT) über keine eigene Blockchain. Anstatt eine eigene Blockchain zu verwenden, wird Tether auf verschiedenen bestehenden Blockchain-Plattformen ausgegeben. Wie bereits im Kapitel 3.3. erläutert, ist ein Token im Allgemeinen eine digitale Einheit, die auf einer Blockchain-Plattform erstellt und ausgegeben wird und einen bestimmten Wert oder eine bestimmte Funktion repräsentiert. In Bezug auf Tether ist USDT ein Token, das den Wert eines US-Dollars repräsentiert. Jeder USDT-Token soll also immer den Wert von einem US-Dollar haben. Diese Tokens werden auf verschiedenen Blockchains ausgegeben und können in Wallets gespeichert, übertragen und gehandelt werden, genau wie andere Kryptowährungen und digitale Assets.

USDT (Tether) kann als eine Form von tokenisiertem Geld betrachtet werden. Tokenisiertes Geld bezieht sich auf die digitale Darstellung traditioneller Fiatwährungen oder anderer Vermögenswerte in Form von Token auf einer Blockchain.

Die Erzeugung eines USDT-Tokens, erfolgt typischerweise durch einen Einzahlungsprozess bei Tether Limited oder einer ihrer Partnerbanken. Ein Benutzer sendet eine bestimmte Menge an US-Dollar an Tether Limited oder hinterlegt sie auf einem speziellen Konto. Nach dem Eingang der Einzahlung gibt Tether Limited dann die entsprechende Menge an USDT-Token aus, die durch die eingezahlten US-Dollar abgesichert sind.

Wenn Sie beispielsweise im Besitz eines Multi-Chain-Wallets sind, können Sie Ihre USDT-Tokens dorthin übertragen. Ein Multi-Chain-Wallet unterstützt mehrere Blockchains und ermöglicht es Ihnen, verschiedene Kryptowährungen auf verschiedenen Blockchains in einer einzigen Wallet zu verwalten. Dadurch können Sie Transaktionen in den unterstützten Blockchain-Netzwerken durchführen.

Abb. 26: Tether (USDT) ist auf verschiedenen Blockchains verfügbar. Ein „Cross-Chain-Transfer“ bezieht sich auf die Übertragung von Kryptowährungen oder digitalen Vermögenswerten von einer Blockchain auf eine andere.

Durch die Möglichkeit, Tether auf verschiedenen Blockchains zu verwenden, können die Benutzer von den verschiedenen Funktionen der einzelnen Netzwerke profitieren.

Indem Tether von verschiedenen Blockchains unterstützt wird, erhöht sich auch die Liquidität und Interoperabilität der Währung, da sie zwischen den verschiedenen Blockchain-Plattformen ausgetauscht werden kann. Dies trägt zur weiteren Verbreitung und Akzeptanz von Tether bei und ermöglicht es den Benutzern, die Vorteile einer stabilen digitalen Währung in verschiedenen Kontexten zu nutzen.

Jedoch gibt es auch Nachteile bei dieser Struktur. Das Unternehmen, das die Sicherheit des Stablecoins gewährleistet, übernimmt die Rolle einer privaten „virtuellen Zentralbank“. Im Falle von USDT ist das Tether Limited. Neben den Risiken der Veruntreuung und der Schwierigkeit, nachzuweisen, dass das Unternehmen über genügend Vermögenswerte verfügt, um die Menge der im Umlauf befindlichen Münzen abzusichern, stellt sich die Frage, wie langfristig die ausreichende Sicherheit gewährleistet werden kann und somit das Vertrauen der Öffentlichkeit aufrechterhalten bleibt.

Letztendlich stellt sich die Frage nach der Regulierung: Werden die Regulierungsbehörden es Unternehmen erlauben, einen Vermögenswert zu schaffen, der einem gesetzlichen Zahlungsmittel ohne jegliche Aufsicht ähnelt?

Chainalysis – Making the invisible visible

Aus heutiger Sicht scheint der Einsatz von Stablecoins toleriert zu werden, solange er auf bestimmte geografische Gebiete beschränkt ist und klare Einsatzbedingungen festgelegt sind. Ein Bericht von Chainalysis mit dem Titel „The 2021 Geography of Cryptocurrency Report“ beschreibt, wie in einigen lateinamerikanischen Ländern Kryptowährungen als Reaktion auf wirtschaftliche Notlagen eingeführt werden. Das Ziel besteht darin, den Menschen in Lateinamerika durch den Einsatz von Stablecoins zu helfen, ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu mildern. Man liest folgendes:

Viele lateinamerikanische Länder sind wirtschaftlich instabil, daher sind die Menschen dort nicht wirklich daran interessiert, mit Kryptowährungen zu handeln oder mit Bitcoin in Kontakt zu kommen, weil es auf 80.000 Dollar steigt. … Die Menschen versuchen zu überleben, also brauchen sie die Möglichkeit, zwischen ihrer lokalen Währung und Kryptowährung zu wechseln, um ihren Wert zu erhalten. … Überweisungen sind eine weitere treibende Kraft hinter der Einführung von Kryptowährungen in Lateinamerika. Dies ist nicht völlig überraschend, da die traditionellen Überweisungen in Fiat-Währung für viele lateinamerikanische Länder enorm wichtig sind. Nach Angaben der Weltbank werden die eingehenden Überweisungen im Jahr 2020 2,4 % des BIP für Lateinamerika als Ganzes aus, mehr als jede andere Region. In Ländern wie El Salvador und Honduras machen die Rücküberweisungen über 20 % des nationalen BIP aus. … 35% der venezolanischen Haushalte erhalten Rücküberweisungen aus dem Ausland. Der venezolanische Bolivar ist aufgrund der Hyperinflation praktisch wertlos. Kryptowährung bietet eine Möglichkeit für Venezolaner, die das Land verlassen haben, Geld zurückzuschicken, und die Empfänger können dieses Geld dann in einer stabileren Währung halten.

BIP steht für Bruttoinlandsprodukt. Es ist eine wichtige wirtschaftliche Kennzahl, die den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen misst, die innerhalb der Grenzen eines Landes innerhalb eines bestimmten Zeitraums, normalerweise eines Jahres, produziert wurden. Das BIP wird häufig verwendet, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes zu bewerten und miteinander zu vergleichen.

Chainalysis ist eine Blockchain-Datenplattform, die Tools und Forschung für Regierungsbehörden und Finanzinstitute bereitstellt. Ihr Ziel ist es, eine globale Wirtschaft auf der Grundlage von Blockchains zu gestalten.

Wir ebnen den Weg für eine globale Wirtschaft, die auf Blockchains basiert. Unternehmen, Banken und Regierungen nutzen Chainalysis, um wichtige Entscheidungen zu treffen, Innovationen zu fördern und Verbraucher zu schützen.

Eine 70-sekündige Einleitung zu Chainalysis finden Sie im folgenden Video:

Diese kurze Vorstellung demonstriert sehr klar, dass die Privatsphäre der Nutzer im Wesentlichen auf dem Konzept der „Pseudonymität“ beruht. Dabei wird eine Art asymmetrischer Schutz der Privatsphäre angewendet. Während die Mehrheit der Nutzer die wahre Identität einer Person hinter einem Pseudonym (z. B. öffentliche Adresse/Schlüssel) nicht kennt und somit die Privatsphäre (z. B. private Adresse/Schlüssel) gewahrt bleibt, besteht die Möglichkeit für eine ausgewählte Gruppe von Personen oder Institutionen, die wahre Identität durch spezielle Kenntnisse und den Zugriff auf entsprechende Technologien zu ermitteln. Daher bietet die Pseudonymität keine vollständige Anonymität, sondern gewährt eine gewisse Privatsphäre gegenüber der breiten Öffentlichkeit, während sie gleichzeitig die Rückverfolgbarkeit für bestimmte autorisierte Parteien ermöglicht.

Das ist ein wichtiger Punkt. Die Möglichkeit, die Identität einer Person hinter einem Pseudonym zu ermitteln, trägt in gewisser Weise zur weiteren Konzentration von Wissen und Macht bei. Personen oder Organisationen, die über die Ressourcen und die technischen Fähigkeiten verfügen, die Identität zu entschlüsseln, können dadurch eine erhöhte Kontrolle über die Informationen und die Handlungen derjenigen ausüben, die Pseudonyme verwenden. Dies kann insbesondere dann problematisch sein, wenn diese Macht in den Händen weniger, mächtiger Institutionen oder Regierungen liegt, was zu einem Ungleichgewicht in Bezug auf Datenschutz und individuelle Freiheit führen kann.

In diesem Sinne ist es wichtig, dass der Einsatz von Pseudonymität in der Gesellschaft und in technologischen Systemen mit entsprechenden Schutzmechanismen und Datenschutzbestimmungen einhergeht, um den Missbrauch von Wissen und Macht zu verhindern und die individuelle Privatsphäre zu wahren. In den meisten Fällen sind staatliche oder behördliche Institutionen für die Festlegung und Durchsetzung von Datenschutzbestimmungen und Schutzmechanismen gegen Datenmissbrauch verantwortlich. Diese Institutionen werden oft von den jeweiligen Regierungen eingerichtet.

Der Einsatz von Stablecoins als virtuelles „Safe Asset“ in wirtschaftlich schwierigen Situationen hat weite Teile der Bevölkerung in den betroffenen Regionen für den Gebrauch digitaler Währungen sensibilisiert und gewissermaßen darauf vorbereitet. Infolgedessen wurden im Hintergrund technologische Infrastrukturen entwickelt und die Akzeptanz sowie der Umgang mit virtuellen „Safe Assets“ als eine Form von tokenisiertem Geld getestet und bewertet. Gleichzeitig wurden auch entsprechende Analyse- und Überwachungstools erprobt und verbessert, um die erforderliche Tiefe der Datenextraktion zu gewährleisten.

Das Dokument „The Current State of Central Bank Digital Currencies (CBDCs) in 2023” von Chainalysis bietet weitere Einblicke darüber, wie das Krypto-Ökosystem als „Sparringpartner“ bzw. „Trainingscamp“ bei der weiteren Entwicklung und Evolution des Fiat-Finanzsystems fungiert.

Die Blockchain-Technologie hat den digitalen Zahlungsverkehr schneller und einfacher denn je gemacht und die Verbreitung neuer Kryptowährungen für verschiedene Anwendungsfälle mit einzigartigen Merkmalen wie Dezentralisierung, Unveränderlichkeit, Pseudonymität und mehr ermöglicht. Diese Innovationen haben gezeigt, dass das globale Finanzwesen reif für Veränderungen ist – und die Regierungen haben dies zur Kenntnis genommen. Zentralbanken auf der ganzen Welt haben bereits damit begonnen, ihre Finanzsysteme für das Internet-Zeitalter umzugestalten.

3.7. Libra – The King is Dead, Long Live the King!

Was würde geschehen, wenn ein Stablecoin nicht nur von einem Unternehmen, sondern von einem Unternehmenskonsortium gestützt wird, zu dem unter anderem Firmen wie Master Card, Visa, Stripe, eBay, PayPal, Vodafone und Facebook (Meta) gehören?

Hier ein paar Kennzahlen zusammengefasst:

MasterCard und Visa: Beide sind die weltweit bekanntesten Kreditkartenunternehmen, die Zahlungsdienste für Kredit- und Debitkarten anbieten. Sie erleichtern den elektronischen Geldtransfer zwischen Verbrauchern, Händlern und Finanzinstituten weltweit und ermöglichen Transaktionen in verschiedenen Währungen. Laut Statistikdaten für das Jahr 2023 führt Visa mit über 4,3 Milliarden Karten weltweit, gefolgt von Mastercard mit 3,3 Milliarden Karten. [Kostenlose-Kreditkarte]

Stripe: Stripe ist ein führendes Finanztechnologieunternehmen, das Online-Zahlungslösungen und Zahlungsabwicklungsplattformen für Unternehmen anbietet. Millionen von Unternehmen aller Größenordnungen nutzen heutzutage Stripe, um Zahlungen online und persönlich vor Ort zu akzeptieren, Auszahlungen vorzunehmen, Finanzprozesse zu automatisieren und letztendlich ihren Umsatz zu steigern.

eBay: eBay ist eine der größten Online-Marktplätze der Welt, auf den Personen und Unternehmen Waren und Dienstleistungen kaufen und verkaufen können. eBay bietet eine Plattform für den E-Commerce, auf der Millionen von Transaktionen täglich stattfinden. Im Jahr 2023 wurden 132 Millionen aktive Kunden bei eBay gezählt. [statista]

PayPal: PayPal ist ein bekannter Zahlungsdienstleister, der es Verbrauchern und Unternehmen ermöglicht, online Geld zu senden und zu empfangen. Es bietet sichere Zahlungslösungen für E-Commerce-Transaktionen und ermöglicht es den Nutzern, Geld auf elektronische Weise zu überweisen, Rechnungen zu bezahlen und Online-Zahlungen zu tätigen. Die Anzahl der aktiven Accounts des Online-Bezahldienstes PayPal belief sich im vierten Quartal 2023 auf 426 Millionen. [statista]

Vodafone: Vodafone ist ein weltweit tätiges Telekommunikationsunternehmen mit Hauptsitz in Großbritannien. Das Unternehmen ist in vielen Ländern aktiv und betreibt Mobilfunknetze in über 20 Ländern und Festnetz- oder Breitbanddienste in vielen weiteren. Vodafone ist bekannt für seine globalen Telekommunikationsdienste, innovative Technologien und sein Engagement für die Bereitstellung von Konnektivität und Kommunikationslösungen für Privatpersonen, Unternehmen und Regierungen auf der ganzen Welt. Momentan hat Vodafone weltweit über 300 Millionen Mobilfunk-Kunden.

Facebook (Meta): Facebook ist ein globales soziales Netzwerk und eines der größten Technologieunternehmen der Welt. Das Hauptziel von Facebook ist es, Menschen miteinander zu verbinden und den Austausch von Informationen, Inhalten und Ideen zu erleichtern. Facebook bietet auch Werbe- und Marketingdienstleistungen für Unternehmen an, die es ihnen ermöglichen, ihre Produkte und Dienstleistungen gezielt zu bewerben und mit ihrer Zielgruppe in Kontakt zu treten. Im vierten Quartal 2023 lag die Zahl der täglich aktiven Nutzer auf Facebook knapp bei 2,11 Milliarden. [statista]

Die Vereinigung beträchtlicher finanzieller Mittel und modernster Technologien innerhalb eines globalen Netzwerks mit mehr als 4 Milliarden Nutzern könnte dazu führen, dass privat ausgegebene Kryptowährungen das Geld der Zentralbanken und Geschäftsbanken als Zahlungsmittel ernsthaft herausfordern oder sogar teilweise verdrängen könnten. Infolgedessen könnten Zentralbanken die Kontrolle über das Zahlungsverkehrssystem an eine private Unternehmensgruppe abgeben, deren Netzwerkeffekte weitreichend, mächtig und potenziell schädlich sein könnten. Letztendlich könnte dies die geldpolitische Souveränität untergraben und die Finanzstabilität gefährden.

Im Juni 2019 drohte genau dieses Szenario Realität zu werden, als Facebook (jetzt Meta) das Projekt namens Libra ankündigte. Libra sollte eine Kryptowährung sein, die durch Vermögenswerte abgesichert ist, also ein Stablecoin. Dieser sollte als Zahlungsmittel für die Mitglieder des weltweiten Netzwerks der Libra Association dienen, zu der die oben genannten Unternehmen gehörten. [wikipedia]

Als essentielle Mitglieder der Libra-Assoziation sind Facebook (Meta), Visa, MasterCard, Stripe und Paypal allesamt Partner des World Economic Forums (WEF).

Das Weltwirtschaftsforum ist die internationale Organisation für öffentlich-private Zusammenarbeit. Es bietet eine globale, unparteiische und gemeinnützige Plattform für sinnvolle Verbindungen zwischen Interessengruppen, um Vertrauen zu schaffen und Initiativen für Zusammenarbeit und Fortschritt aufzubauen. In einer Welt, die von komplexen Herausforderungen geprägt ist, bindet das Weltwirtschaftsforum politische, wirtschaftliche, akademische, zivilgesellschaftliche und andere führende Persönlichkeiten der Gesellschaft ein, um globale, regionale und industrielle Agenden zu gestalten. Das WEF verfolgt das Ziel, die internationale Zusammenarbeit zu fördern, um die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen, und es spielt eine wichtige Rolle bei der Gestaltung globaler politischer, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungen. [weforum]

Facebook kündigte am 15. Juli 2019 an, dass die Einführung der Währung erst erfolgen werde, wenn alle regulatorischen Bedenken ausgeräumt seien und Libra über die erforderlichen Genehmigungen verfüge. Am 18. September 2019 erklärte Mark Zuckerberg während eines Treffens mit führenden Vertretern der Demokraten im Senat, dass Libra nirgendwo auf der Welt ohne vorherige Genehmigung der US-Regulierungsbehörden eingeführt werde.

Eine Revolution sieht wahrlich anders aus. Die Botschaft des Mitglieds des Weltwirtschaftsforums an politische Entscheidungsträger und Zentralbanker weltweit, dass es an der Zeit ist, die umfassenden Erkenntnisse und Erfahrungen, die man in den letzten 10 Jahren aus dem Krypto-Ökosystem gewonnen hat, praktisch in die weitere Entwicklung des Fiat-Finanzsystems umzusetzen, wurde rasch aufgegriffen.

Die Libra-Initiative stieß einerseits auf erheblichen Widerstand von Regierungen, Zentralbanken und Regulierungsbehörden weltweit. Diese äußerten Bedenken hinsichtlich potenzieller Auswirkungen auf Geldpolitik, Finanzstabilität, Geldwäschebekämpfung und Datenschutz. Als Reaktion auf diesen Widerstand und den regulatorischen Druck wurde das Projekt formell umbenannt und umstrukturiert. Innerhalb von nur 6 Monaten nach der Ankündigung des Projekts zogen sich Visa, MasterCard, Stripe, PayPal, eBay und Vodafone aus der Initiative zurück. Schließlich gab Meta das Projekt im Januar 2022 auf und verwies auf regulatorische Hürden. Aufsichtsbehörden weltweit griffen ein und verboten privat ausgegebene Kryptowährungen als gesetzliches Zahlungsmittel. [wikipedia]

Die Botschaft hat andererseits dazu geführt, dass die Einführung von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) als unverzichtbar für die weitere Entwicklung des Fiat-Finanzsystems anerkannt wurde. Die Tatsache, dass es sich hierbei um eine strategische Entscheidung mit globaler Reichweite handelt, wird durch das Engagement des Atlantic Councils bei der Koordination dieses Prozesses verdeutlicht.

Der Atlantic Council ist eine unabhängige, nicht parteiische Denkfabrik und ein Forum für politische Diskussionen, die sich auf transatlantische Beziehungen konzentriert. Der Atlantic Council beschäftigt sich mit einer Vielzahl von Themen, darunter Sicherheitspolitik, internationale Beziehungen, Wirtschaftsfragen, Technologie, Energie, Umwelt, und globale Governance. Zu den Mitgliedern des Atlantic Council gehören politische Führungskräfte, Regierungsbeamte, ehemalige Staats- und Regierungschefs, hochrangige Militärbeamte, Wirtschaftsführer, Akademiker und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. [atlanticcouncil]

Der Central Bank Digital Currency (CBDC) Tracker, der von dieser Denkfabrik im Juli 2021 veröffentlicht wurde, bietet einen Überblick über die rasante Entwicklung digitalen Zentralbankgeldes weltweit. Die interaktive Datenbank umfasst mittlerweile 130 Länder, die zusammen 98 % des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) repräsentieren.

Es wird nicht mehr darüber diskutiert, ob CBDC in den einzelnen Ländern eingeführt wird, sondern vielmehr darüber, wann und wie dies geschehen wird.

3.8. Ethereum – Code is Law

Im Kapitel 3.2. haben wir erfahren, dass die Blockchain-Technologie aus der Kombination bestehender Technologien wie Distributed Ledger Technologie (DLT), Kryptographie und Konsensalgorithmen entstanden ist. Das Ergebnis ist ein System, das Entscheidungen ohne eine zentrale Autorität treffen kann. Bitcoin ist ein konkretes Beispiel für die Anwendung eines solchen Systems (siehe Kapitel 3.5.). Die Blockchain-Technologie kann als ein System betrachtet werden, auf dem verschiedene Anwendungen und Programme entwickelt und ausgeführt werden können. Eine Währung wie Bitcoin ist nur eine mögliche Anwendung davon.

Angesichts einer Technologie, die den Umgang mit Geld dezentralisieren kann, beginnen die Menschen zu erkunden, welche anderen Anwendungen oder Aufgaben, die derzeit noch zentralisiert sind, in einem dezentralisierten System besser erfüllt werden könnten. Doch für ein wirklich dezentralisiertes System ist ein großes Netzwerk von Computern erforderlich, um es zu betreiben. Am Anfang war die Bitcoin-Blockchain das einzige existierende Netzwerk, und es war ziemlich begrenzt. Dies lag daran, dass die Programmiersprache, die für Bitcoin verwendet wird, speziell für diese eine Anwendung definiert ist. Sie verfügt nur über einen kleinen Satz von Befehlen, den die Computer im Netzwerk verstehen und ausführen können (z. B. wer wie viel Geld an wen geschickt hat).

Eine Programmiersprache ist eine formale Sprache, die dazu dient, Anweisungen zu verfassen, die von einem Computer ausgeführt werden können. Sie ermöglicht es einem Programmierer, Algorithmen zu entwerfen und zu implementieren, um bestimmte Aufgaben oder Probleme zu lösen.

Um vielseitige und komplexe Aufgaben zu lösen, braucht man eine „vollständige“ Programmiersprache und ein spezielles Computernetzwerk, das diese Sprache versteht. Eine Programmiersprache gilt als „vollständig“, wenn es folgende Merkmale aufweist:

  1. Es kann Informationen speichern und damit arbeiten.
  2. Es kann Entscheidungen treffen und verschiedene Dinge tun, je nachdem, was gerade passiert (zum Beispiel „wenn dies, dann das“).
  3. Es kann bestimmte Aktionen wiederholt ausführen, solange es nötig ist (wie eine Schleife).
  4. Es erlaubt, bestimmte zusätzliche Aufgaben zu definieren und sie immer wieder auszuführen, wenn sie gebraucht werden.

Wenn eine Programmiersprache all diese Eigenschaften hat, kann es jede mögliche Berechnung durchführen. Dadurch können jede berechenbare Funktion oder jedes berechenbare Problem gelöst werden.

Nehmen wir an, Sie möchten ein eigenes dezentrales Programm, ähnlich wie Bitcoin, zu Hause erstellen. Dafür benötigen Sie zunächst ein tiefes technisches Verständnis für die zugrunde liegenden Konzepte von Kryptowährungen wie Blockchain, Konsensalgorithmen, Kryptographie, Transaktionen und Mining. Sie müssen eine Programmiersprache beherrschen, die es ermöglicht, den Konsensalgorithmus, die Transaktionsverarbeitung, Wallets, Netzwerkfunktionen und andere erforderliche Komponenten in einem Softwarealgorithmus zu implementieren. Nicht zuletzt müssen Sie ein riesiges Netzwerk von Computern einrichten, um diese Software auszuführen. Das klingt nach einer „Mission Impossible“, oder?

In solch einer Situation kann Ihnen Ethereum zur Seite stehen. Ethereum ist eine Open-Source-Blockchain-Plattform, die es Entwicklern ermöglicht, dezentralisierte Anwendungen (DApps) zu erstellen und auszuführen. Konzipiert wurde sie von Vitalik Buterin im Jahr 2013. Der offizielle Start erfolgte im Jahr 2015. Wenn Sie ein dezentrales Programm erstellen möchten, das keine einzelne Person kontrolliert – nicht einmal Sie selbst, obwohl Sie es geschrieben haben – müssen Sie lediglich die Ethereum-Programmiersprache Solidity erlernen und mit dem Programmieren beginnen. Solidity gilt als „vollständige“ Programmiersprache, die die Entwicklung und Ausführung von komplexen Applikationen auf der Ethereum-Blockchain ermöglicht. Auf der Ethereum-Plattform laufen Tausende unabhängige Computer, was bedeutet, dass sie vollständig dezentralisiert ist. Sobald ein Programm im Ethereum-Netzwerk bereitgestellt wird, stellen diese Computer, auch Knoten genannt, sicher, dass es wie vorgesehen ausgeführt wird. Ethereum bildet die Infrastruktur für den weltweiten Betrieb von DApps.

Im Abschnitt 3.5. haben wir die Bitcoin-Blockchain mithilfe der Analogie eines öffentlichen Notizbuchs (Ledger) erklärt, das für jedermann einsehbar ist. In diesem Notizbuch werden sämtliche Transaktionen verzeichnet, die jemals stattgefunden haben. Jede Seite dieses Notizbuchs entspricht einem Block, der eine Liste von Transaktionen enthält, wie beispielsweise Geldüberweisungen von einer Person an eine andere.

Das Ethereum-Netzwerk kann ähnlich wie Bitcoin als eine Plattform für Kryptowährungen genutzt werden. Innerhalb des Ethereum-Ökosystems dient Ether als Kryptowährung. Ether ist ein Token, das speziell für die Nutzung auf der Ethereum-Plattform erstellt wurde und verwendet wird. Als primäres Zahlungsmittel des Ethereum-Netzwerks ermöglicht Ether Transaktionen zwischen Benutzern. Es kann verwendet werden, um Werte zu übertragen oder Zahlungen für Dienstleistungen und Produkte zu leisten. Tatsächlich ist die Kryptowährungsfunktion bei Ethereum nur von untergeordneter Bedeutung.

Ether wird in erster Linie als Gebühr verwendet, die für jede Berechnung erhoben wird, die im Ethereum-Netzwerk im Zusammenhang mit einer Transaktion stattfindet. Im Ethereum-Ökosystem ist nichts kostenlos! Diese Gebühren machen Ether zur primären Voraussetzung für die Erstellung oder Nutzung von DApps (dezentralen Anwendungen) auf der Ethereum-Blockchain. Die Erhebung von Gebühren dient dazu, das Ethereum-Netzwerk vor Überlastung zu schützen. Wie bereits erwähnt, nutzt Ethereum eine vollständige Programmiersprache, die komplexe Berechnungen ermöglicht. Ohne Gebühren könnte ein böswilliger Akteur leicht versuchen, das Netzwerk zu stören, indem er eine unendliche Schleife innerhalb einer Transaktion ausführt, ohne dafür bestraft zu werden. Gebühren stellen sicher, dass solche Aktionen Kosten verursachen, was potenzielle Angreifer abschreckt und das Netzwerk vor absichtlichen Angriffen schützt.

Ethereum ermöglicht es den Menschen, sich direkt miteinander zu verbinden, ohne dass eine zentrale Autorität dafür verantwortlich ist. Es ist ein Netzwerk von Computern, die sich zu einem leistungsstarken „dezentralen Supercomputer“ verbinden. Die kombinierte Rechenleistung der Netzwerkknoten kann genutzt werden, um komplexe Berechnungen durchzuführen oder Ressourcen für dezentralisierte Anwendungen (DApps) bereitzustellen, die auf der Plattform laufen. Auf diese Weise kann Ethereum eine Vielzahl von Anwendungsfällen unterstützen, ohne von einer zentralen Instanz kontrolliert zu werden.

Abb. 27: Ethereum-Blockchain

Ethereum ist ein Protokoll für die menschliche Koordinierung. Koordination ist ein Spiel, aber nicht eines, das gespielt wird, um zu gewinnen. Koordination ist eher wie die Pflege eines Gartens, in dem man nur arbeitet, damit der Garten weiter gedeiht.ethereum foundation

In der Ethereum-Weltanschauung wird die menschliche Koordination als ein Spiel betrachtet, das bestimmten Regeln folgt. Diese Regeln werden in „Smart Contracts“ festgehalten. Ein Smart Contract ist im Grunde genommen wie ein digitaler Vertrag, eine automatisierte Vertragslösung, die bestimmte Aufgaben abarbeitet, sobald bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Um einen Smart Contract für Endbenutzer zugänglich zu machen, sind DApps notwendig, um eine Benutzeroberfläche zu bieten, durch die Benutzer mit Smart Contracts interagieren können. DApps kombinieren einen Smart Contract und eine Benutzeroberfläche, wodurch sie die Rolle der Vermittlung zwischen dem Benutzer und dem Smart Contract übernehmen. Ohne eine DApp wäre es für die meisten Benutzer schwierig, einen Smart Contract zu nutzen, da dies technisches Wissen und die Fähigkeit erfordert, direkt mit der Blockchain zu interagieren.

Eine DApp stellt sicher, dass Benutzer die erforderlichen Informationen bereitstellen können, um Transaktionen auszuführen oder Aktionen im Smart Contract auszulösen, und sie präsentiert die Ergebnisse oder den aktuellen Zustand des Smart Contracts auf verständliche Weise für den Benutzer.

Sowohl Smart Contracts als auch DApps werden mittels der Programmiersprache Solidity geschrieben. Solidity ist eine Programmiersprache, die speziell für die Erstellung von Smart Contracts auf der Ethereum-Blockchain entwickelt wurde. Durch die Nutzung von Solidity können Entwickler Smart Contracts schreiben, die die Regeln und Logik der DApp festlegen und sie auf der Ethereum-Blockchain ausführen lassen.

Um diesen Vorgang besser zu verstehen, kann man sich die Kontoarten im Ethereum-Netzwerk anschauen.

Kontoarten im Ethereum-Netzwerk

Im Ethereum-Netzwerk gibt es zwei Arten von Konten:

Externe Konten: Diese Konten werden von Benutzern des Ethereum-Netzwerks erstellt und genutzt. Sie können Ether (die Kryptowährung von Ethereum) halten und Transaktionen zwischen externen Konten durchführen. Externe Konten haben eine Adresse und einen privaten Schlüssel. Der Besitz eines privaten Schlüssels bedeutet die Kontrolle über den Zugriff auf den Inhalt des Kontos und autorisiert den Benutzer, Transaktionen zu initiieren. Das externe Konto wird über ein Ethereum-Wallet verwaltet. Das Ethereum-Wallet kann als Tor zum Ethereum-System betrachtet werden. Es hält ihre Schlüssel vor und kann für Sie Transaktionen erzeugen und übertragen.

Wenn ein Benutzer eine DApp erstellen möchte, kann er die Ethereum-Programmiersprache Solidity nutzen, um sogenannte Smart Contracts zu schreiben. Wie bereits beschrieben, repräsentieren diese Smart Contracts die Programmlogik, nach der dezentrale Anwendungen (DApps) auf der Ethereum-Plattform betrieben werden. Sobald der Smart Contract erstellt wurde, wird er in „Bytecode“ übersetzt, eine für Computer verständliche Sprache. Der so vorbereitete Smart Contract kann dann in der Ethereum-Blockchain registriert werden, was die Erzeugung einer speziellen Transaktion erfordert. Nachdem diese Transaktion validiert wurde, wird der Bytecode des Smart Contracts in der Blockchain gespeichert. Sobald der Vertrag in der Blockchain eingetragen ist, erhält er (ähnlich wie Wallets) eine Ethereum-Adresse. Dadurch entsteht die zweite Kontoart bei Ethereum – das Vertragskonto.

Vertragskonten: Vertragskonten sind spezielle Konten, die den Bytecode von Smart Contracts oder DApps enthalten. Diese Konten haben ebenfalls eine Adresse, verfügen jedoch nicht über einen privaten Schlüssel. Wenn ein Benutzer eine Transaktion an ein Vertragskonto sendet, wird der im Smart Contract definierte Code ausgeführt. Dadurch können Benutzer bestimmte Aktionen auslösen oder Anweisungen an den Smart Contract senden, um verschiedene Funktionen auszuführen. Transaktionen an Vertragskonten können Ether, Daten oder beides enthalten. Enthalten sie Ether, werden diese dem Vertragskonto gutgeschrieben. Enthalten sie Daten, können diese bei der Ausführung einer Funktion des Kontrakts verwendet werden.

Abb. 28: Kontoarten im Ethereum-Netzwerk

Transaktionen im Ethereum-Netzwerk

Es ist essenziell, den grundlegenden Unterschied zwischen externen Konten und Vertragskonten zu erfassen. Ein externes Konto kann Nachrichten an andere externe Konten oder Vertragskonten senden, indem es eine Transaktion mit seinem privaten Schlüssel erstellt und signiert. Eine Transaktion zwischen zwei externen Konten ist einfach ein Werttransfer. Wenn jedoch eine Nachricht von einem externen Konto an ein Vertragskonto gesendet wird, löst sie den Code des Vertragskontos aus und ermöglicht ihm, verschiedene Aktionen wie Tokentransfers, das Schreiben in den internen Speicher, das Generieren neuer Token, das Durchführen von Berechnungen usw. auszuführen.

Im Gegensatz zu externen Konten können Vertragskonten keine neuen Transaktionen eigenständig initiieren. Sie können stattdessen nur Transaktionen als Reaktion auf andere Transaktionen (von einem externen Konto oder Vertragskonto), die sie erhalten haben, versenden.

Abb. 29: Transaktionen im Ethereum-Netzwerk

Jede Aktion, die auf der Ethereum-Blockchain stattfindet, wird stets durch Transaktionen initiiert, die von extern kontrollierten Konten gesendet werden.

Die Ethereum-Blockchain funktioniert wie eine Maschine, die auf Transaktionen basiert. Je nach den Anweisungen und Eingaben, die ihr gegeben werden, verändert sie ihren Zustand. In der Informatik bezieht sich der Begriff „Zustandsmaschine“ auf ein System, das verschiedene Zustände durchläuft und je nach Eingaben zwischen diesen Zuständen wechselt. Zum Beispiel, wenn ein neues Vertragskonto erstellt wird oder Ether für Transaktionen mit einem bestehenden Vertragskonto überwiesen wird, ändert sich der Zustand dieses weltweiten Computers, indem er die Transaktion aufzeichnet und die Kontostände sowohl der externen als auch der Vertragskonten aktualisiert.

Abb. 30: Ethereum als Zustandsmaschine

Die Zustandsmaschine von Ethereum kann vereinfacht wie folgt beschrieben werden: Sie beginnt mit einem „Genesis-Zustand“, ähnlich einem leeren Blatt Papier, bevor Transaktionen stattfinden. Wenn Transaktionen ausgeführt werden, ändert sich dieser Genesis-Zustand in einen finalen Zustand. Dieser finale Zustand repräsentiert den aktuellen Stand von Ethereum zu jedem Zeitpunkt.

Der Zustand von Ethereum umfasst Millionen von Transaktionen, die in Blöcke gruppiert sind. Jeder Block enthält eine Sammlung von Transaktionen und ist mit seinem vorherigen Block verkettet.

Abb. 31: Ausgeführte Transaktionen werden auf der Blockchain gespeichert und ändern den Zustand

Um den Übergang von einem Zustand zum nächsten zu ermöglichen, muss eine Transaktion gültig sein. Um als gültig betrachtet zu werden, muss eine Transaktion einen Validierungsprozess durchlaufen, der als Mining oder Proof-of-Work bekannt ist. Mining ist ein Prozess, bei dem eine Gruppe von Knoten (also Computern) ihre Rechenleistung nutzt, um einen Block mit gültigen Transaktionen zu erstellen. Jedes Mal, wenn ein Miner einen Block erfolgreich validiert, werden neue Ether-Token erzeugt und an ihn ausgezahlt. Die grundlegenden Prinzipien ähneln denen, die im Kapitel 3.2. beschrieben sind.

CODE IS LAW

Smart Contracts werden auf der Ethereum-Blockchain gespeichert, was bedeutet, dass sie sicher und unveränderlich sind.

Die Regeln und Bedingungen des Vertrags können nicht geändert werden. In der Ethereum-Blockchain sind alle Transaktionen und Zustandsänderungen transparent und nachvollziehbar.

Jeder kann die Historie der Transaktionen eines bestimmten Smart Contracts überprüfen und den aktuellen Zustand abrufen, indem er die entsprechenden Daten in der Blockchain überprüft.

In dem Video-Beitrag „CODE IS LAW? Smart Contracts Explained“ von Finematics wird der Begriff Smart Contract ausführlich und dennoch allgemeinverständlich erklärt.

Lassen Sie uns einige Aspekte von Smart Contracts genauer betrachten. Wie im oben genannten Video erwähnt, deckt ein Smart Contract alle Schlüsselbereiche eines Vertrags ab: von der Identifizierung der Vertragsparteien über den Vertragsgegenstand bis hin zu Leistungen, Pflichten, Konditionen und Laufzeit, sowie der Verwaltung und Durchsetzung. Ein Smart Contract auf der Ethereum-Plattform ist absolut präzise. Er folgt der vorprogrammierten Logik bis ins kleinste Detail und wird deterministisch ausgeführt.

Deterministisch bezieht sich auf ein Konzept, das in verschiedenen Disziplinen wie Mathematik, Philosophie, Informatik und Physik verwendet wird. Es bedeutet im Wesentlichen, dass ein Ereignis oder eine Serie von Ereignissen vollständig vorhersehbar ist, ohne Zufall oder Unsicherheit. In der Informatik bezieht sich „deterministisch“ auf Programme oder Algorithmen, bei denen bei gegebenen Eingaben immer das gleiche Ergebnis erzielt wird. Das bedeutet, dass die Ausführung eines deterministischen Algorithmus immer zu einem eindeutigen und vorhersehbaren Ergebnis führt, unabhängig von anderen Einflussfaktoren. Die tatsächliche Welt wird jedoch oft von verschiedenen, manchmal unvorhersehbaren Faktoren beeinflusst. Deterministische Modelle stellen in vielen Fällen nur eine Annäherung an die Realität dar.

Da der Smart Contract in der Ethereum-Blockchain gespeichert ist, ermöglicht er praktisch keine nachträglichen Veränderungen. Dies gewährleistet, dass sämtliche Ausführungen des Vertrags mit absoluter Präzision behandelt werden, um sicherzustellen, dass der Vertrag ausschließlich das tut, was der Autor beabsichtigt hat. Dies entspricht dem Prinzip von „Code is Law“ (Code ist Gesetz). Ein Smart Contract auf Ethereum besitzt die ultimative Autorität, und niemand kann den Vertrag außer Kraft setzen.

Die Durchführung von Smart Contracts auf einer dezentralen Plattform eröffnet neue Perspektiven für die zukünftige Ausgestaltung nicht nur des Finanzsystems, sondern auch für die Umsetzung spezifischer politischer Agenden. Diese Entwicklung kann als Grundlage für innovative Finanzdienstleistungen dienen und sowohl bei Transaktionen von der Regierung zum Bürger (Government-to-Citizen) als auch von Bürgern zur Regierung (Citizen-to-Government) signifikante Auswirkungen haben.

3.8.1. Chainlink – Oracles, mediators between the gods and humans

Smart Contracts sind Verträge, die auf Daten basieren und von ihnen abhängig sind. Die Bereitstellung korrekter Daten ist entscheidend, damit die Vereinbarung genau wie erwartet ausgeführt wird. Die Genauigkeit der Daten beeinflusst direkt die Ergebnisse eines Smart Contracts.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Blockchains bestimmte isolierende Eigenschaften innerhalb des World Wide Web aufweisen. Was sind die Ursachen dafür?

Blockchains sind äußerst sicher und zuverlässig aufgrund bestimmter Konstruktionsprinzipien. Eine Blockchain erreicht Konsens, indem sie Daten verwendet, die bereits in ihrem eigenen Ledger gespeichert sind. Das Hauptbuch der Blockchain gilt als vertrauenswürdig, da es die Dezentralisierung nutzt, um alle Daten redundant mit Hilfe aller Knoten im Netzwerk zu validieren. Die Dezentralisierung gewährleistet auch die Integrität des Konsensalgorithmus, da Änderungen der Protokollregeln nur mit Zustimmung eines wesentlichen Teils des Netzwerks möglich sind (z. B. 51 %). Diese Eigenschaften bieten starke Garantien für den Determinismus von Berechnungen und Datenspeicherung, insbesondere in stark dezentralisierten Netzwerken.

Blockchains sind jedoch weniger geeignet, um Fragen zu beantworten, die subjektive Einschätzungen erfordern oder externe Daten nutzen, die nicht für jeden Knoten im Netzwerk einfach zugänglich sind. Zum Beispiel könnten Fragen wie „Was ist der aktuelle EUR-USD Wechselkurs?“ oder „Wie ist das Wetter in Berlin?“ zu unterschiedlichen Antworten führen, abhängig von der verwendeten Datenquelle und dem Zeitpunkt der Abfrage. Infolgedessen stellt sich die Frage, welche Antwort als die korrekte betrachtet werden sollte und wie ihre Richtigkeit überprüft werden kann. Darüber hinaus erfordert jede Änderung oder Anpassung an den Datenquellen des Blockchain-Netzwerks eine umfassende Koordinierung, um sicherzustellen, dass alle Netzwerkknoten zustimmen und ihre Software entsprechend aktualisieren.

Aus diesem Grund sind Blockchains nicht in der Lage, eigenständig eine Verbindung zu realen Daten und Ereignissen herzustellen.

Abb. 32: Blockchains sind nicht in der Lage, eigenständig eine Verbindung zu realen Daten und Ereignissen herzustellen. [What Is an Oracle in Blockchain?]

Smart Contracts und Dapps, die auf der Ethereum-Blockchain laufen, können direkt nur auf Daten zugreifen, die auf der Ethereum-Blockchain vorhanden sind. Da das Ethereum-Ökosystem noch in einem frühen Entwicklungsstadium ist und aufgrund der spezifischen Konstruktionsprinzipien von Blockchains ist die Menge an validierten Daten, die direkt von Smart Contracts genutzt werden können, relativ begrenzt. Der Hauptfokus liegt auf verschiedenen Bereichen, darunter:

  • Aufbau von dezentralisierten Finanzdienstleistungen (DeFi) mit Kryptowährungen
  • Applikationen, die sich auf digitales Eigentum konzentrieren
  • Gaming
  • Metaverse
  • Soziale Netzwerke
  • Dezentralisierung von Entwicklerwerkzeugen als Grundlage für weitere technologische Entwicklungen

Hier liegt das Dilemma: Die meisten Daten aus der realen Welt befinden sich nicht auf der Blockchain. Ohne Zugang zu diesen Daten wäre der Einsatz von Smart Contracts stark eingeschränkt. Um Smart Contracts auch für den Alltag nutzen zu können, benötigen sie externe Konnektivität, um mit anderen Systemen zu kommunizieren und das Eintreten realer Ereignisse zu bestätigen. Das wiederum bringt Risiken und Herausforderungen mit sich, insbesondere in Bezug auf die Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit der Daten. Somit stehen die Vorteile der Nutzung von Smart Contracts im Konflikt mit den Schwierigkeiten bei der Integration externer Daten.

An dieser Stelle kommen die sogenannten Oracle-Services ins Spiel.

In der Mythologie bezieht sich ein Orakel auf eine göttliche oder spirituelle Entität, die als Vermittler zwischen den Göttern und den Menschen dient und als Instanz, die als Überbringer von Informationen fungiert.

Im Blockchain-Kontext sind Oracle-Services externe Dienste oder Protokolle, die Smart Contracts mit Daten oder Informationen aus der realen Welt verbinden. Da Smart Contracts auf Blockchain-Plattformen wie Ethereum nicht direkt auf externe Datenquellen zugreifen können, sind Oracle-Services erforderlich, um diese Lücke zu schließen.

Oracle-Services fungieren als Vermittler zwischen der Blockchain und externen Datenquellen wie APIs, IoT-Geräten, traditionellen Datenbanken oder anderen Blockchain-Netzwerken. Sie sammeln und liefern Echtzeitdaten oder Ereignisse an Smart Contracts, damit diese auf Basis dieser Daten automatisch Aktionen ausführen können.

Eine API (Application Programming Interface) bezeichnet eine Schnittstelle, die es ermöglicht, Daten von einem externen Dienst oder System abzurufen. Dies ermöglicht eine nahtlose Integration externer Daten in Anwendungen und erleichtert die Entwicklung von Anwendungen, die auf aktuelle Informationen angewiesen sind.

Ein IoT-Gerät (Internet of Things) ist ein physisches Gerät oder eine Maschine, das/die mit dem Internet verbunden ist und Daten über das Internet senden und empfangen kann. Die Verwendung von IoT-Geräten ermöglicht die Automatisierung, Überwachung und Optimierung von Prozessen und Systemen in verschiedenen Bereichen, was zu Effizienzsteigerungen, Kosteneinsparungen und neuen Möglichkeiten für Innovationen führen kann.

Ein Oracle-Service kann beispielsweise Informationen wie Wetterdaten, Börsenkurse, Lieferstatus von Paketen oder Ergebnisse von Sportereignissen an einen Smart Contract liefern. Dadurch wird es möglich, dass Smart Contracts auf der Blockchain auf aktuelle Informationen zugreifen und entsprechend reagieren können, ohne auf manuelle Eingaben von Benutzern angewiesen zu sein.

Oracle-Services sind somit von entscheidender Bedeutung für die Funktionalität und den Nutzen von Smart Contracts in Anwendungsfällen, die auf reale Ereignisse oder externe Daten angewiesen sind.

Oracles reagieren auf Anfragen von Smart Contracts nach Off-Chain-Daten. Sie rufen diese Daten von externen Systemen ab und wandeln diese in einem für die Blockchain lesbares Format um. Dabei werden die Daten validiert und ein kryptografischer Nachweis, der die Leistung des Oracle-Dienstes bescheinigt, erstellt. Je nach Anwendungsfall kann der Oracle Off-Chain Berechnungen auf der Grundlage von den verfügbaren Daten durchführen. Die so aufbereiteten Daten werden dann an die Blockchain übertragen, um vom Smart Contract weiter verarbeitet zu werden. Wenn der Smart Contract Informationen an Off-Chain Systeme transferieren muss, so werden diese vom Oracle in ein für das jeweilige externe System lesbares Format zurück gewandelt und an das externe System gesendet. Eine schematische Darstellung findet man in folgender Abbildung.

Abb. 33: Orakel verbinden Eingaben und Ausgaben mit Blockchains, um hybride intelligente Verträge zu erstellen. [What Are Smart Contracts and How Do They Work?]

Smart Contracts, die auf Off-Chain Daten zugreifen, werden auch Hybrid Smart Contract bezeichnet. Diese Unterscheidung ist nicht zufällig und hängt mit der Entwicklung vom World Wide Web (WWW) zusammen. Die einzelnen Entwicklungsstufen des WWW sind in den folgenden Abbildungen zusammengefasst.

Abb. 34: Entwicklungsstufen des WWW – Web 1.0

Im Web 1.0 bestand das Internet hauptsächlich aus statischen Webseiten, die im Besitz von Unternehmen waren. Es gab kaum Interaktion zwischen den Benutzern, und Einzelpersonen produzierten nur selten Inhalte. Dies führte dazu, dass es als „reines Lese-Web“ bekannt wurde.

Abb. 35: Entwicklungsstufen des WWW – Web 2.0

Mit der Entwicklung zum Web 2.0 verlagerte sich das Internet zu einem „Lese-Schreib-Web“. Unternehmen begannen, Plattformen für den Austausch von nutzergenerierten Inhalten und die Interaktion zwischen den Nutzern anzubieten. Allerdings begannen einige große Unternehmen einen überproportionalen Anteil am Datenverkehr und an den im Internet generierten Werten zu kontrollieren, als immer mehr Menschen online gingen. Dies bedeutet, dass der größte Teil des Internets, den die Menschen heute kennen und nutzen, auf dem Vertrauen in eine Handvoll privater Unternehmen basiert, die im Interesse der Öffentlichkeit handeln.

Abb. 36: Entwicklungsstufen des WWW – Web 3.0

Der Begriff Web 3.0 wurde von Ethereum-Mitbegründer Gavin Wood kurz nach dem Start von Ethereum im Jahr 2014 geprägt. Ein zentrales Merkmal des Web 3.0 ist die Dezentralisierung, bei der Macht und Kontrolle von zentralisierten Institutionen auf die Nutzer und die Gemeinschaft übertragen werden. Damit ist Web 3.0 bestrebt, das Internet in eine Richtung zu entwickeln, in der die Benutzer mehr Autonomie und Kontrolle über ihre eigenen Daten und Interaktionen haben. Symbolisch steht Web 3.0 für „lesen, schreiben, besitzen“. Die Blockchain-Technologie wird oft als eine Schlüsselkomponente von Web 3.0 betrachtet.

Ein Smart Contract im Sinne von Web 3.0 wird auf einer Web 3.0 Infrastruktur (Blockchain) ausgeführt und verwendet Daten, die dezentral verifiziert sind (Daten im eigenen Ledger).

Ein Hybrid Smart Contact verwendet eine Web 3.0 Infrastruktur (Blockchain), greift aber auf Daten, die meistens in Web 2.0 erzeugt sind. Durch diesen Spagat versucht man, die Vorteile der Smart Contracts für Problemstellungen im realen Alltag zu nutzen.

Die reale Welt kann als ein zentralisiertes System betrachtet werden, obwohl es viele dezentrale Elemente gibt. In den meisten Gesellschaften gibt es eine zentrale Autorität oder Institutionen, die eine gewisse Kontrolle über wichtige Aspekte des Lebens ausüben, wie zum Beispiel Regierungen, Gesetzgebung, Gerichte, Unternehmen und andere Organisationen. Diese zentralen Autoritäten haben oft die Macht, Entscheidungen zu treffen, Regeln aufzustellen und Ressourcen zu kontrollieren. Dies führt zu einer Konzentration von Macht und Einfluss in den Händen weniger, während die Mehrheit der Bevölkerung von diesen zentralen Strukturen abhängig ist. Dennoch gibt es auch dezentrale Elemente in der Gesellschaft, wie informelle soziale Netzwerke, lokale Gemeinschaften, unabhängige Organisationen und persönliche Beziehungen, die nicht von zentralen Autoritäten kontrolliert werden.

Insgesamt kann die reale Welt als ein hybrides System betrachtet werden, das sowohl zentralisierte als auch dezentrale Elemente enthält. Die Entwicklung von Technologien wie Blockchain und dezentralen Netzwerken kann dazu beitragen, einige Aspekte der Zentralisierung herauszufordern und die Möglichkeit bieten, Macht und Kontrolle auf eine breitere Basis zu verteilen.

In einigen Anwendungsfällen könnte ein Smart Contract auf einer Blockchain mit Hilfe von Orakel nur auf Daten aus einer anderen Blockchain zugreifen ohne weitere Interaktionen mit Web 2.0 basierenden Systemen.
„Smart Contracts“ können auch auf Web 2.0 ausgeführt werden, obwohl sie in diesem Kontext möglicherweise nicht so effektiv sind wie auf Blockchain-basierten Plattformen im Rahmen von Web 3.0. In Web 2.0 können Smart Contracts in zentralisierten Umgebungen implementiert werden, die auf herkömmlichen Servern und Datenbanken basieren. Diese Smart Contracts würden von einem zentralen Server oder einer zentralen Autorität verwaltet und ausgeführt werden. Obwohl sie einige der Vorteile von Automatisierung und Programmierbarkeit bieten können, fehlt ihnen die Dezentralisierung und Transparenz, die mit Blockchain-basierten Smart Contracts verbunden sind.
Ein Beispiel für die Verwendung von Smart Contracts in Web 2.0 könnte ein Online-Zahlungssystem sein, das auf einem zentralen Server betrieben wird. In diesem Fall könnten Smart Contracts verwendet werden, um Zahlungen automatisch auszuführen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, ähnlich wie bei Blockchain-basierten Smart Contracts. Allerdings wäre die Ausführung dieser Smart Contracts von der Integrität und Sicherheit des zentralen Servers abhängig, was nicht die gleiche Vertrauenswürdigkeit und Unveränderlichkeit bietet wie eine Blockchain.

Damit Smart Contracts wie erwartet funktionieren, müssen die von Oracle gelieferten Daten korrekt sein. Daher ist es entscheidend, dass der Oracle-Mechanismus fehlerfrei ist. Eine innovative Lösung für das Oracle-Problem sind dezentrale Oracle-Services. Diese verhindern Datenmanipulation, Ungenauigkeiten und Ausfallzeiten. Ein dezentrales Oracle-Netzwerk (Decentralized Oracle Network, kurz DON) vereint mehrere unabhängige Oracle-Knotenbetreiber und zuverlässige Datenquellen, um eine durchgängige Dezentralisierung zu gewährleisten. So eine Lösung wird von der Firma Chainlink angeboten (Abb. 37).

Abb. 37: Dezentrale Oracle-Netzwerke (DONs) ermöglichen es intelligenten Verträgen, sich sicher mit externen Daten und Systemen zu verbinden. [What Is Offchain Data and Computation?]

Chainlink bietet eine dezentrale Infrastruktur, die es ermöglicht, Daten von verschiedenen Datenquellen zu sammeln und in die Blockchain zu bringen. Es verwendet ein Netzwerk von „Oracles“, die die Daten sammeln, validieren und in die Blockchain einspeisen. Diese Oracles sind unabhängige Knoten, die Daten liefern und sich am Chainlink-Netzwerk beteiligen.

Chainlink nutzt zwar einige Blockchain-Prinzipien und integriert sich in verschiedene Blockchain-Netzwerke wie Ethereum, jedoch handelt es sich nicht um eine eigenständige Blockchain. Es bietet vielmehr eine Infrastruktur und ein Ökosystem, das darauf abzielt, Daten von externen Datenquellen zu sammeln und in die Blockchain zu bringen, um Smart Contracts mit Echtzeitdaten zu versorgen.

Das folgende Video liefert eine kurze Zusammenfassung der dezentralen Oracle-Netzwerk-Lösung von Chainlink.

Um das grenzenlose Potenzial universell verbundener Smart Contracts zu veranschaulichen, hat Chainlink eine Liste von mehr als 77 Anwendungsmöglichkeiten zusammengestellt.

Schauen wir uns einige der von Chainlink genannten Beispiele etwas genauer an:

Externer Zahlungsverkehr

Heutzutage ist Geld das übliche Mittel zur Bewertung von Vermögenswerten und zum Kauf von Dienstleistungen. Smart Contracts können Zahlungen in der Kryptowährung ihrer eigenen Blockchain abwickeln, zum Beispiel Ethereum Smart Contracts, die ETH akzeptieren. Viele Unternehmen und Nutzer möchten jedoch nicht ihre bevorzugte Fiat-Währung in Kryptowährung umtauschen. Stattdessen bevorzugen sie, auf eine Vielzahl bereits etablierter Zahlungsoptionen und -dienste zurückzugreifen. Chainlink ermöglicht die Verbindung von Smart Contracts mit bestehenden Bankensystemen. Entwickler können so nahtlos Informationen und Dienste wie Bankkonten von Verbrauchern, direkte Einzahlungen und andere Prozesse führender globaler Banken in ihre Algorithmen integrieren. Zusätzlich bietet Chainlink Zugang zu führenden Kreditkartenanbietern und etablierten Zahlungsnetzwerken wie PayPal und anderen. Entwickler können nun Anwendungen erstellen, die die Vorteile der gefragtesten Zahlungsmethoden nutzen, die sowohl im Inland als auch international im Einzelhandel täglich verwendet werden.

Dies legt den Grundstein für die Integration von Transaktionen mit allen bereits etablierten digitalen Fiat-Geldvarianten wie Debit- und Kreditkarten, elektronischen Geldbörsen oder Apps sowie digitalen Einlagen bei Geschäftsbanken in Smart Contracts.

Versicherungen

Die Versicherungsbranche operiert heute in einem Umfeld, das von geringem Vertrauen geprägt ist. Versicherungsnehmer haben einen Anreiz, positive Informationen in ihren Anträgen falsch anzugeben, um ihre monatlichen Beiträge zu senken, während Versicherer dazu tendieren, Zahlungen zu verzögern und Tarife zu erhöhen, um falsch dargestellte Risikoprofile auszugleichen. Traditionelle Versicherungsunternehmen können von der Blockchain-Technologie profitieren, indem sie fortschrittliche, auf Smart Contracts basierende parametrische Versicherungsverträge entwickeln, die automatisch Versicherungsbeiträge und Auszahlungen basierend auf realen Daten auslösen, die von dezentralen Oracle-Netzwerken bereitgestellt werden.

  • Kraftfahrzeugversicherung

Moderne Fahrzeuge sind mit einer Vielzahl interner Sensoren, Internetverbindungen und sogar nativen APIs ausgestattet. Ein Smart Contract kann einige dieser Daten nutzen, um die Mietdauer festzulegen, die Fahrzeugtüren für den Mieter zu entriegeln, die Mietdauer aufzuzeichnen, die gefahrenen Kilometer zu berechnen, die verbleibende Batterieladung zu ermitteln und die Mietzahlungen zu automatisieren. Auf diese Weise können komplexe Mietverträge für „Smart Cars“ erstellt werden. Zusätzlich werden neue Versicherungsformen verfügbar sein, die auf der Grundlage von Aufprallsensoren im Fahrzeug ausgelöst werden, oder Versicherungsrabatte, die auf Metriken wie der pro Jahr gefahrenen Kilometer basieren.

  • Hausratversicherung

Das zunehmende Phänomen des „Smart Home“ führt zur Verbreitung von Sensoren und fortschrittlichen Sicherheitssystemen, die Hausbesitzer und Notdienste automatisch über ungewöhnliche Ereignisse informieren. Diese Sensoren können über Chainlink-Orakel mit Smart Contracts verbunden werden, um neue parametrische Hausversicherungsprodukte zu schaffen. Sie können beispielsweise gebrochene Rohre, Feuer- und Rauchentwicklung, schlecht funktionierende Solarpaneele oder sogar Einbrüche erkennen, um einen direkteren Schutz durch das Alarmsystem des Versicherungsunternehmens zu ermöglichen.

  • Krankenversicherung

Durch zahlreiche Fortschritte bei Biotech- und IoT-Wearables wie Smartwatches können Versicherungsunternehmen Smart Contracts erstellen, die Krankenversicherungsrabatte anbieten oder Strafen basierend auf den Gesundheitsdaten eines Patienten verhängen. Wichtige Datenpunkte könnten die zurückgelegte Strecke (Training), das Körpergewicht, die Herzfrequenz und möglicherweise fortschrittlichere biometrische Daten umfassen, sobald sie in Zukunft verfügbar sind. Chainlink-Orakel können auch Datenanomalien erkennen, die obligatorische Konsultationen auslösen können, um günstige Versicherungsbeiträge aufrechtzuerhalten.

Nachhaltigkeit / Regenerative Landwirtschaft

Hybride Smart Contracts, welche die Vorteile von On-Chain-Code mit Echtzeitdaten von IoT-Sensoren und Satellitenkommunikation kombinieren, bieten die Möglichkeit, transparente, vollständig rückverfolgbare und automatisierte Anreizsysteme zu schaffen. Diese Systeme können Einzelpersonen, Unternehmen und Regierungen direkt für ihre Bemühungen zur Förderung nachhaltiger Praktiken und den Kampf gegen den Klimawandel belohnen sowie seine schädlichen Auswirkungen mindern. Diese Anwendungen können die Schaffung von tokenisierten CO2-Kompensationen, Förderung regenerativer Landwirtschaft und Überwachung des Ressourcenverbrauchs umfassen, um diejenigen zu belohnen, die innerhalb ihrer Möglichkeiten bleiben.

Diese Beispiele verdeutlichen, wie Ihre finanzielle Situation, Ihre Mobilität, Ihr Lebensumfeld, Ihr Arbeitsumfeld und sogar Ihr physisches Wohlbefinden in algorithmische Regeln eingebettet und in Smart Contracts integriert werden können. Betrachtet man dies visionär, könnte das Konzept von „Code is Law“ bald dazu führen, dass wesentliche Aspekte Ihrer Lebensgeschichte durch Smart Contracts auf magische Weise beeinflusst werden.

3.8.2. Hinter den Kulissen – Behind the Scenes

Chainlink pflegt eine enge Zusammenarbeit mit dem Weltwirtschaftsforum (WEF). In einem Artikel des WEF mit dem Titel „Das fehlende Bindeglied zwischen Blockchains und Unternehmen“ sowie in einem Whitepaper des WEF mit dem Titel „Überbrückung der Governance-Lücke: Interoperabilität von Blockchain und Legacy-Systemen“ wird die Technologie von Chainlink positiv hervorgehoben und beworben.

Die Ethereum-Plattform wird von der Ethereum Foundation unterstützt, einer gemeinnützigen Organisation, die 2014 ins Leben gerufen wurde. Ihr Hauptanliegen ist die Entwicklung und Förderung der Ethereum-Plattform. Die Ethereum Foundation nimmt eine entscheidende Rolle ein, indem sie die Ethereum-Entwicklergemeinschaft unterstützt, Bildung und Forschung im Bereich Blockchain und Kryptowährungen fördert und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Ethereum-Technologie vorantreibt.

Die Ethereum Foundation und das Weltwirtschaftsforum (WEF) pflegen auch eine enge Zusammenarbeit. Aya Miyaguchi, geschäftsführende Direktorin der Ethereum Foundation, wurde 2019 in den Blockchain Global Council des WEF berufen. Gemeinsam arbeiten sie an verschiedenen Projekten, darunter die Frage, wie Blockchain-Prinzipien zur Verbesserung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Systemen (ESG) beitragen können.

Ein weiterer Berührungspunkt besteht mit der Firma ConsenSys. Joseph Lubin, der Gründer und CEO von ConsenSys, ist auch einer der Mitbegründer von Ethereum. ConsenSys ist als Partnerorganisation des Weltwirtschaftsforums gelistet. In einem White Paper von CosenSys „Zentralbanken und die Zukunft des digitalen Geldes / Ein Überblick und Vorschlag für eine digitale Zentralbankwährung auf der Ethereum-Blockchain“ kann man folgendes nachlesen:

„Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich erwägen über 70 % der Zentralbanken die Ausgabe einer digitalen Währung auf einer Blockchain.

CBDCs können eine Reihe von Vorteilen bieten. Sie können eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, die Revolution der digitalen Vermögenswerte auf regulierte, risikoärmere und vor allem zugängliche Weise voranzutreiben und dazu beitragen, dass die Finanzmärkte effizienter und für alle Bürger der Welt zugänglicher werden.

CBDC können den Zentralbanken wirksamere, zukunftsorientierte Instrumente an die Hand geben, die es ihnen ermöglichen, die Geldpolitik auf direktere und innovativere Weise umzusetzen und mit dem technologischen Wandel Schritt zu halten. CBDCs könnten auch die Kosten für grenzüberschreitende Überweisungen vereinfachen und senken und gleichzeitig die Grundlage für effizientere und sicherere Interbankenzahlungsnetze bilden. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Im Folgenden geben wir sowohl einen Überblick über CBDC als auch ein konkretes Beispiel dafür, wie ein CBDC auf der Ethereum-Blockchain implementiert werden könnte. Wir sind der Meinung, dass Ethereum das am Besten geeignete Blockchain-Netzwerk für die Art von maximal sicheren, global ausgerichteten, interoperablen Abwicklungsplattformen ist, die CBDCs benötigen. Wir sind uns aber durchaus bewusst, dass es noch viele andere Möglichkeiten gibt.

Wichtig ist, dass die Zentralbanken das Ausmaß der Veränderungen erkannt haben, die sich bei digitalen Währungen bereits vollziehen, und dass sie erkennen, wie wichtig es ist, eine wichtige Rolle bei der Herbeiführung dieses Wandels zu übernehmen.

Die Tatsache, dass man Distributed Ledger Technologie für die Lösung von essentiellen Aufgaben in einem zentralisierten Ledger-System avisiert, klingt wie ein Paradoxon. Aber mehr dazu in den nachfolgenden Kapiteln.

3.9. Zwischenbilanz

Kryptowährungen wurden 2009 als alternative, demokratische Option zum traditionellen Bank- und Finanzsystem vorgestellt, das als elitär wahrgenommen wird. Trotz dieser ambitionierten Vision sind die meisten Krypto-Projekte auf ein gemeinsames Problem gestoßen: die Anerkennung als geeignetes Zahlungsmittel in der realen Welt, die von Fiat-Währungen dominiert wird. Einige Kryptowährungen haben sich als äußerst volatil erwiesen, während die Netzwerke oft als langsam, umständlich und komplex für den Durchschnittsnutzer empfunden werden. Stablecoins hingegen werden sowohl wegen Bedenken hinsichtlich der Absicherung der zugrunde liegenden Kryptowährung als auch wegen regulatorischer Hürden, insbesondere bei Projekten wie Libra, skeptisch betrachtet.

Dadurch entsteht jedoch eine ideale Testumgebung, um unterschiedliche Aspekte bei der Einführung verschiedener dezentraler digitaler Währungen weltweit zu erforschen, ohne das bestehende Finanzsystem wesentlich zu stören.

Distributed Ledger Technologien, insbesondere die Blockchain, wurden in der Praxis erprobt und weiterentwickelt. Gleichzeitig wurde die Nutzung dezentraler digitaler Währungen durch digitale Geldbörsen weltweit von einer breiten Bevölkerung getestet. Das Konzept der Pseudonymität, das Privatsphäre schützt und gleichzeitig Transaktionen transparent macht, wurde eingeführt. Der Einsatz von virtuellen „Safe Assets“ als tokenisiertes Geld in wirtschaftlich schwierigen Situationen hat die Akzeptanz digitaler Währungen in betroffenen Regionen erheblich gesteigert und die Bevölkerung auf deren Nutzung vorbereitet.

Smart Contracts wurden eingesetzt, um programmierbare Funktionen in komplexen Transaktionen einzuführen. Zusätzlich wurde eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut, um Smart Contracts mit Echtzeitdaten aus der realen Welt zu versorgen, wodurch ihr Anwendungsbereich auch über die Krypto-Ökosysteme hinaus erweitert wurde.

Gleichzeitig wurden auch entsprechende Analyse- und Überwachungstools erprobt und verbessert, um Regulierungsbehörden die erforderliche Datenextraktionstiefe zu bieten.

Die Kryptowährungen haben dazu beigetragen, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für den Umgang mit digitalen Währungen zu schärfen und die Wahrnehmung bezüglich der technologischen Entwicklung des Geldsystems positiv zu beeinflussen.

Die Gestaltung von Central Bank Digital Currencies (CBDCs) wird stark von den technologischen Innovationen aus der Kryptowelt beeinflusst werden. In den folgenden Abschnitten wird dies genauer erläutert.

4. CBDC – The Digital EURO – A New Star is Born

In den vorherigen Kapiteln wurde betont, dass das aktuelle Fiat-Geldsystem vor vielschichtigen strukturellen und technologischen Herausforderungen steht. Die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC) wird als entscheidender Schritt angesehen, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Aktuell prüfen 134 Länder und Währungsunionen, die zusammen 98 % des weltweiten BIP ausmachen, die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung.

Es gibt zwei Arten von CBDC, die von Zentralbanken ausgegeben werden: „Großhandels-CBDC“ (Wholesale CBDC) und „Einzelhandels-CBDC“ (Retail-CBDC).

Wholesale CBDC bezeichnet eine digitale Währung, die für große Finanzinstitute und institutionelle Anleger wie Geschäftsbanken und Zahlungsabwicklungsunternehmen gedacht ist. Diese Form von CBDC wird üblicherweise genutzt, um Interbanken-Transaktionen zu erleichtern oder als Abwicklungsmittel für den Großhandel zwischen Finanzinstituten zu dienen. Durch Wholesale CBDC können Zahlungs- und Abwicklungssysteme effizienter gestaltet werden, indem Transaktionen schneller, sicherer und kostengünstiger abgewickelt werden. Obwohl CBDC für Großkunden oft als neues Konzept dargestellt wird, ist digitales Zentralbankgeld für Großkundentransaktionen bereits seit Jahrzehnten verfügbar. Die Diskussion konzentriert sich daher nicht darauf, ob digitales Zentralbankgeld für Großkundentransaktionen eingeführt werden soll, sondern vielmehr auf mögliche technologische Veränderungen bei der Bereitstellung dieses Geldes.

Im Gegensatz dazu ist Retail CBDC für den allgemeinen Gebrauch durch Einzelpersonen und Unternehmen gedacht, ähnlich wie physisches Bargeld oder digitales Geld auf einem Bankkonto. Einzelhandels-CBDC könnte es den Menschen ermöglichen, direkt mit der Zentralbank digitale Transaktionen durchzuführen, ohne die Notwendigkeit eines Bankkontos bei einer Geschäftsbank. Retail CBDC zielt darauf ab, den allgemeinen Zugang zu digitalen Zahlungsmitteln zu verbessern und die Nutzung digitaler Transaktionen durch Einzelpersonen und kleine Unternehmen zu fördern.

In den folgenden Überlegungen werden wir uns auf den Digitalen Euro als Repräsentanten für CBDC konzentrieren.

Im Juni 2021 kündigte die Europäische Zentralbank (EZB) den „Digitalen Euro“ an. Im Juli desselben Jahres begann die EZB die Untersuchungsphase des Projekts zum digitalen Euro. Diese Phase konzentrierte sich auf zentrale Fragen bezüglich der Gestaltung und Einführung eines möglichen digitalen Euros und beinhaltete die Entwicklung eines Prototyps. Die Untersuchungsphase erstreckte sich über etwa 24 Monate und endete im Oktober 2023. Am 18. Oktober 2023 beschloss der EZB-Rat, die Vorbereitungs- und Versuchsphase für den digitalen Euro einzuleiten. Diese Phase, die etwa drei Jahre dauern könnte, zielt darauf ab, die Grundlagen für einen möglichen digitalen Euro zu schaffen.

Aus heutiger Sicht befinden wir uns noch mitten in diesem Prozess. Obwohl noch keine endgültigen Ergebnisse bezüglich der Gestaltung, Funktionalität und des genauen Einführungstermins des digitalen Euros vorliegen, lassen sich einige Trends deutlich erkennen.

Es ist wichtig zu beachten, dass Wholesale CBDC und Retail CBDC, obwohl sie als eigenständige Projekte betrachtet werden können, in der Gesamtstrategie der EZB für digitale Währungen eng miteinander verbunden sind. Die technologische Architektur und Infrastruktur, die für die Wholesale-CBDC entwickelt wird, kann die Architektur des Retail-CBDC beeinflussen. Ein Verständnis der Funktionsweise der Wholesale-CBDC kann helfen, die technischen Aspekte des Retail-CBDC besser zu verstehen. Die Ziele und Funktionen einer Wholesale-CBDC können Einblicke in die Motivationen der Zentralbank geben und zeigen, wie diese mit einem Retail-CBDC zusammenhängen. Die Einführung einer Wholesale-CBDC kann das bestehende Finanzsystem erheblich beeinflussen, einschließlich Banken, Finanzmärkte und Zahlungsinfrastruktur. Ein Verständnis dieser Auswirkungen kann dazu beitragen, potenzielle Effekte auf das Retail-CBDC und die gesamte Finanzlandschaft einzuschätzen.

4.1. Wholesale CBDC – Die Natur macht keinen Sprung (oder doch)

Im Dezember 2020 erschien der Bericht „Geld in programmierbaren Anwendungen – Branchenübergreifende Perspektiven aus der deutschen Wirtschaft“ der Arbeitsgruppe „Programmierbares Geld“ der Deutschen Bundesbank. Zu den Initiatoren dieser Arbeitsgruppe gehörten Dr. Jens Weidmann, der damalige Präsident der Deutschen Bundesbank und Olaf Scholz, der damalige Bundesminister der Finanzen. Zu den Mitgliedern der AG „Programmierbares Geld“ gehörten neben Mitgliedern der Deutschen Bundesbank auch Vertreter der Deutsche Bank AG, Deutsche Börse AG, Landesbank Hessen-Thüringen, Landesbank Baden-Württemberg, IBM Deutschland, Siemens, VW, Bosch, SAP u.a.

Die Arbeitsgruppe fasst die Ergebnisse ihrer Studie wie folgt zusammen:

Die digitale Transformation lässt neue Geschäftsmodelle entstehen und ändert bestehende Geschäftsprozesse grundlegend. Viele Prozesse werden in Zukunft noch viel automatisierter erfolgen. Die Distributed Ledger Technologie, auf der reale Güter und Dienstleistungen als Token abbildbar sind und digital gehandelt werden können, ermöglicht programmierbare, autonome und automatisierte Leistungsflüsse. Dadurch werden die gegenwärtigen Zahlungssysteme vor neue Herausforderungen gestellt. Inwieweit die Vorteile der digitalen Abwicklungstechnik realisiert werden können, hängt in hohem Maße davon ab, ob die dazugehörigen Geldflüsse gleichermaßen programmierbar werden und mit den Leistungsflüssen synchronisiert werden können.

Denkbare Geschäftsfälle, für die es innovative Lösungen zur geldseitigen Abwicklung bedarf, basieren größtenteils auf der Distributed Ledger Technologie und können Smart Contracts enthalten, die die Ausführung der Geschäftsfälle steuern. Machine-to-Machine-Zahlungen, Internet-of-Things-Zahlungen und Pay-per-Use-Zahlungen sind beispielhafte Anwendungsfälle, die programmierbare Zahlungen für die geldseitige Abwicklung erfordern.

Um die Nachfrage nach programmierbaren Zahlungslösungen erfüllen zu können, bedarf es deshalb neuer und innovativer Lösungen.

Der größte Funktionsnutzen bei der Abwicklung programmierbarer Zahlungen wird tokenisiertem Geschäftsbankengeld und digitalem Zentralbankgeld beigemessen. Die noch ausstehende Entwicklung beider Zahlungslösungen bietet ausreichend Gestaltungsspielraum, den Bedarf zur Umsetzung programmierbarer Zahlungen umfassend zu berücksichtigen. Beide Lösungen eignen sich insbesondere aufgrund der zu erwarteten Glaubwürdigkeit ihrer Emittenten und der Anwendung innerhalb eines verbindlichen Rechtsrahmens als vertrauenssichernde Lösung zur Abwicklung programmierbarer Zahlungen.

Fazit:
Die digitale Transformation revolutioniert die Arbeitsweise von Unternehmen. Viele Abläufe werden automatisiert, was bedeutet, dass sie von Maschinen eigenständig durchgeführt werden. Die Distributed Ledger Technologie (DLT) eröffnet die Möglichkeit, reale Güter wie Produkte oder Dienstleistungen als digitale Tokens abzubilden und über DLT-Netzwerke mittels Smart Contracts zu handeln. Diese Technologie ermöglicht automatisierte und programmierbare Zahlungen. Um solche Zahlungen zu ermöglichen, bedarf es einer neuen digitalen Form nicht nur für Zentralbankgeld bei Großkundentransaktionen, sondern auch für Geschäftsbankgeld. Damit diese Geldformen in DLT-Netzwerken repräsentiert und in Smart Contracts als Zahlungsmittel integriert werden können, müssen sie in tokenisierter Form vorliegen.

In seinem Vortrag „Perspektiven für Wholesale CBDC im Euroraum“ im September 2023 unterstreicht Dr. Martin Diehl, Leiter der Abteilung „Analyse der Zahlungssysteme“ bei der Deutschen Bundesbank, erneut die Bedeutung der Zusammenführung von DLT-Systemen, tokenisierten Währungsformen und Wholesale CBDC für verschiedene Anwendungsfälle in der Realwirtschaft.

Er betont, dass in einer Smart Economy die Ströme von Gütern, Geld und Informationen idealerweise automatisch und synchronisiert erfolgen sollten. Durch den Einsatz von DLT-Systemen können Abstimmungsprozesse durch die Nutzung einer gemeinsamen Datenbasis wegfallen. Smart Contracts können die automatisierte Abwicklung unterstützen. Der Zahlungsprozess soll als integraler Bestandteil des Gesamtprozesses fungieren.

Abb. 38: Anwendungsfälle der Realwirtschaft, die auf DLT-Systemen abgebildet werden können

Dieses Ziel ist mit den bestehenden Zahlungsabwicklungssystem der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgrund von Kompatibilitätsproblemen nicht realisierbar.

Abb. 39: Kompatibilitätsprobleme zwischen DLT-basierenden Anwendungsfällen und dem traditionellen Zahlungsabwicklungssystem der EZB

TARGET steht für „Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System“ und ist das Zahlungsabwicklungssystem der Europäischen Zentralbank (EZB). Es ist das Hauptinstrument für die Abwicklung von Euro-Zahlungen im Eurosystem, dem Rahmen, in dem die Geldpolitik für den Euroraum umgesetzt wird.
Im Grunde genommen ist TARGET ein System, das es den Geschäftsbanken ermöglicht, untereinander Zahlungen in Echtzeit und in Euro abzuwickeln. Es dient der effizienten Abwicklung von Zahlungen zwischen den Banken im Euroraum, sowohl für ihre eigenen Transaktionen als auch für die ihrer Kunden.
Das TARGET-System umfasst sowohl den sogenannten TARGET2-Mechanismus für die Abwicklung von Großbetragszahlungen als auch den TARGET2-Securities (T2S)-Mechanismus für die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen.
Für die meisten Menschen ist das TARGET-System im Alltag nicht direkt relevant, da es hauptsächlich von Banken genutzt wird. Es spielt jedoch eine entscheidende Rolle für die Stabilität und Effizienz des Finanzsystems im Euroraum, indem es einen sicheren und schnellen Mechanismus für den Austausch von Euro-Zahlungen zwischen den Banken bereitstellt.

Die Deutsche Bundesbank prüft zwei Lösungsansätze. Eine Möglichkeit besteht darin, das Wholesale CBDC in tokenisierter Form direkt auf dem DLT-Netzwerk anzubieten, auf dem der Smart Contract ausgeführt wird.

Im Rückblick auf die Ausführungen in Kapitel 3.3. wird daran erinnert, dass ein Token in der Welt der Blockchain eine digitale Einheit mit vielfältigen Funktionen ist. Es kann als Kryptowährung dienen, digitale Darstellungen von Fiat-Währungen auf Blockchain-Plattformen sein und für Transaktionen verwendet werden. Im Kapitel 3.6. wurde erläutert, wie ein Stablecoin als Token auf verschiedenen Blockchains unterstützt wird. In diesem Szenario verhält sich der tokenisierte Digitale Euro ähnlich einem „Stablecoin“ und wird für Transaktionen auf demselben DLT-Netzwerk verwendet, in dem der jeweilige Smart Contract ausgeführt wird. Die praktische Umsetzung dieser Lösung erscheint der Zentralbank aus heutiger Sicht jedoch äußerst anspruchsvoll.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, das Zentralbankgeld über eine noch zu definierende Schnittstelle sicher mit dem DLT-Netzwerk zu verknüpfen, auf dem der Smart Contract ausgeführt wird. Dieser Ansatz ähnelt der Logik, die im Kapitel 3.8.1. beschrieben wurde. Smart Contracts sind Verträge, die auf Daten basieren und von ihnen abhängig sind. Smart Contracts und Dapps, die auf einer Blockchain laufen, können direkt nur auf Daten zugreifen, die auf der Blockchain vorhanden sind. Im Blockchain-Kontext sind Oracle-Services externe Dienste oder Protokolle, die Smart Contracts mit Daten oder Informationen aus der realen Welt verbinden. Da Smart Contracts auf Blockchain-Plattformen nicht direkt auf externe Datenquellen zugreifen können, sind Oracle-Services erforderlich, um diese Lücke zu schließen. Oracle-Services fungieren als Vermittler zwischen der Blockchain und externen Datenquellen wie APIs, IoT-Geräten, traditionellen Datenbanken oder anderen Blockchain-Netzwerken. Sie sammeln und liefern Echtzeitdaten oder Ereignisse an Smart Contracts, damit diese auf Basis dieser Daten automatisch Aktionen ausführen können.

Dieser Ansatz nutzt die vorhandene Infrastruktur des Finanzmarktes und wird von der Bundesbank als risikoarm und kurzfristig umsetzbar eingestuft. Die Finanzmarktinfrastruktur (FMI) existiert parallel zu den Distributed Ledger- oder Blockchain-Netzwerken, auf denen tokenisierte Assets im Rahmen von Smart Contracts gehandelt werden. Der Informationsaustausch zwischen dem DLT/Blockchain-Netzwerk und der FMI (z. B. Bank A / Bank B) erfolgt über eine sogenannte Trigger-Schnittstelle. Dadurch werden die Ereignisse in der Blockchain und der realen Welt miteinander synchronisiert. Diese Trigger-Schnittstelle fungiert als Oracle in Bezug auf das DLT/Blockchain-Netzwerk.

Abb. 40: Trigger-Lösung als sichere „Oracle“-Schnittstelle zwischen der „Asset-Chain“ mit dem Smart Contract und dem Bank-Ökosystem

Ein Trigger ist eine bestimmte Bedingung oder ein Ereignis, das eine vordefinierte Reaktion in einem Finanzprodukt oder einem Risikomanagement-System auslöst.

Ein Asset (Vermögenswert) ist ein wirtschaftlicher Wert oder eine Ressource, die einem Unternehmen, einer Person oder einer Organisation einen Nutzen oder einen Anspruch auf zukünftigen Nutzen bietet. Assets können verschiedene Formen annehmen und werden oft in unterschiedlichen Kontexten verwendet, einschließlich Finanzen, Wirtschaft und Rechnungswesen. Hier sind einige Beispiele für verschiedene Arten von Assets, die in dem oben dargestellten Beispiel eine Rolle spielen können:

Materielle Assets: Dies sind physische Vermögenswerte, die einen materiellen Wert haben und für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen verwendet werden können. Beispiele hierfür sind Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Ausrüstung, Fahrzeuge und Inventar.

Immaterielle Assets: Diese umfassen nicht-physische, aber dennoch wertvolle Vermögensgegenstände, die auf geistigem Eigentum basieren oder andere nicht-physische Rechte repräsentieren. Beispiele hierfür sind Patente, Urheberrechte, Marken, Lizenzen, Software, Geschäftsgeheimnisse und Kundenbeziehungen.

Natürliche Assets: Diese beziehen sich auf natürliche Ressourcen wie Land, Wasser, Luft, Mineralien, Öl, Gas und erneuerbare Energien, die einen wirtschaftlichen Wert haben und für die Produktion und den Konsum von Gütern und Dienstleistungen genutzt werden können.

Assets spielen eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Unternehmen, der Vermögensallokation, der Bilanzierung und der finanziellen Planung. Sie sind entscheidend für die Wertschöpfung und den Erfolg von Organisationen und dienen als Grundlage für Investitionen, Kreditvergabe und Risikomanagement.

Die Devise der Deutschen Bundesbank lautet: „Natura non facit saltum“. Das bedeutet wörtlich übersetzt „Die Natur macht keinen Sprung“. Diese Phrase stammt aus der Biologie und bezieht sich auf die Vorstellung, dass Veränderungen in der Natur allmählich und schrittweise erfolgen, anstatt plötzlich und sprunghaft. Es betont die Idee der Kontinuität und allmählichen Entwicklung in natürlichen Prozessen und Systemen.

Diese Logik spiegelt sich nur teilweise in dem EZB-Beitrag „Zentralbankgeldabwicklung von Großhandelstransaktionen angesichts technologischer Innovationen“ vom August 2023 wider. Dort kann man Folgendes lesen:

Das Eurosystem analysiert die potenziellen Auswirkungen neuer Technologien, einschließlich der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), auf die Abwicklung von Großkunden-Finanztransaktionen. 

Die Mehrheit der vom Eurosystem befragten Marktteilnehmer rechnet mit einer signifikanten Einführung der DLT im Großkundenzahlungsverkehr und in der Wertpapierabwicklung, wobei ein Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren angegeben wird.

Viele Marktteilnehmer geben an, dass sie in Ermangelung einer DLT-kompatiblen Zentralbankgeld-Abwicklungslösung nach Alternativen suchen würden. In einer solchen Situation könnten die Marktteilnehmer die Verwendung alternativer Abwicklungsmittel in Betracht ziehen, z. B. Geschäftsbankgeld oder Stablecoins. Solche Alternativen würden nicht das gleiche Maß an Sicherheit bieten wie Zentralbankgeld. Ein teilweiser Umstieg von Zentralbankgeld auf andere Abwicklungsmittel könnte auch die Liquiditätsfragmentierung verstärken und sich negativ auf die Finanzstabilität auswirken.

Gleichzeitig argumentieren einige Marktteilnehmer, dass die Geschwindigkeit der DLT-Einführung, wenn nicht gar ihr Erfolg, bis zu einem gewissen Grad von der Beteiligung der Zentralbanken abhängen könnte. Die Möglichkeit, Transaktionen in Zentralbankgeld abzuwickeln, könnte für bestimmte Marktteilnehmer eine Voraussetzung sein, die sie von der Einführung der DLT abhält, solange es keine geeignete Lösung für die Abwicklung in Zentralbankgeld gibt. Darüber hinaus könnte die Beteiligung der Zentralbanken als Unterstützung für DLT als Innovation im Bereich der Finanzdienstleistungen wahrgenommen werden.

Sollte sich die Nutzung von DLTs für Großkunden-Finanztransaktionen durchsetzen, könnte das Eurosystem unter anderem reagieren, indem es den DLT-Plattformen des Marktes eine reibungslose Interaktion mit den auf der bestehenden Technologie basierenden Infrastrukturen des Eurosystems ermöglicht oder Zentralbankgeld in einer neuen Form zur Verfügung stellt, die auf einer DLT-Plattform erfasst und übertragen werden kann. Diese Antworten schließen sich nicht gegenseitig aus.

Diese neuen Lösungen können, müssen aber nicht, die Bereitstellung von Zentralbankgeld in Form von DLT-Tokens beinhalten.

Die Bereitstellung einer neuen Lösung des Eurosystems für die Abwicklung von DLT-basierten Transaktionen in Zentralbankgeld darf nicht zu Lasten der Kontrolle des Eurosystems über das von ihm ausgegebene Zentralbankgeld gehen.

Die EZB hat mit der Analyse und Erprobung von vier konzeptionellen Lösungsvorschlägen begonnen.

Abb. 41: Konzeptionelle Lösungen für die Abwicklung von Zentralbankgeld für Großhandelstransaktionen, die auf DLT-Plattformen registriert sind. [EUROPEAN CENTRAL BANK]
Hinweise: Blaue Linien, Punkte und Symbole stehen für Zentralbankgeld (CeBM). Violette Linien, Punkte und Symbole stehen für Wertpapiere.

Die erste Möglichkeit (1) nutzt die bestehende Finanzmarktinfrastruktur (siehe Abb. 41). Die zweite Option (2) setzt auf ein separates Distributed Ledger Technology (DLT)-Netzwerk, das mit tokenisiertem Zentralbankgeld arbeitet und über eine „Oracle“-Schnittstelle mit dem externen DLT-Netzwerk verbunden ist, auf dem der Smart Contract ausgeführt wird. Die Optionen (3) und (4) setzen auf einen „einheitlichen“ Ledger, bei dem CBDC- und Wertpapier-Token direkt mit dem Smart Contract verbunden sind. Der Unterschied zwischen den Optionen liegt darin, wer das DLT-Netzwerk betreibt.

Im Vergleich zur Deutschen Bundesbank geht die Europäische Zentralbank (EZB) offensiver mit der Evaluierung von möglichen Lösungen um.

Fazit:
In den kommenden 10 Jahren wird der Einsatz und die Nutzung von DLT-Plattformen sowohl in der Wirtschaft als auch im Finanzsektor signifikant an Bedeutung gewinnen. CBDC wird zunehmend als Bestandteil von Smart Contracts integriert, die auf DLT-Plattformen laufen. Kurz- bis mittelfristig wird diese Integration über eine „Oracle-ähnliche“ Schnittstelle zwischen der bestehenden Finanzmarktinfrastruktur der Zentralbanken und externen DLT-Plattformen erfolgen (Trigger-Lösung). Mittel- bis langfristig kann die Europäische Zentralbank (EZB) zusätzlich eine eigene DLT-Plattform einführen und ein Zentralbankgeld- (Digital Euro-) Token zur Verfügung stellen, um die Anbindung an Smart Contracts zu ermöglichen.

An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass die DLT-Plattformen, die in der Realwirtschaft und in dem Finanzsektor zum Einsatz kommen, nicht mit den Blockchain-Plattformen aus dem Kryptowährung-Ökosystem identisch sind.  Es handelt sich in erster Linie um „permissioned“ oder „zentralisierteDLT-Systeme sind. In dieser Art von DLT/Blockchain sind die Teilnehmer oder Knoten, die das Netzwerk betreiben und Transaktionen validieren, nicht für jeden offen, sondern werden durch bestimmte Berechtigungen kontrolliert.

Im Gegensatz zur „permissionless“ oder „dezentralisierten“ Blockchain, wie sie zum Beispiel bei Bitcoin oder Ethereum verwendet wird, bei der jeder ohne Einschränkungen am Netzwerk teilnehmen kann, erfordert eine permissioned oder zentralisierte Blockchain eine Genehmigung oder Erlaubnis, um Knoten im Netzwerk zu betreiben und Transaktionen zu validieren.

In einem permissioned Blockchain-Netzwerk können die Berechtigungen je nach den Anforderungen und Vereinbarungen der Teilnehmer variieren. Zum Beispiel kann ein Unternehmen oder eine Organisation ein permissioned Blockchain-Netzwerk einrichten, bei dem nur ausgewählte Parteien Zugang haben, um Transaktionen durchzuführen und Blöcke zu validieren. Diese Art von Blockchain wird oft in privaten oder unternehmensinternen Anwendungen verwendet, wo Datenschutz und Kontrolle über das Netzwerk wichtig sind.

In diesem Fall liegt der Schwerpunkt primär auf der Effizienzsteigerung und Aufwandreduzierung insbesondere bei Interbank-Transaktionen, Wertpapierabwicklung und grenzüberschreitenden Transaktionen sowie der Verbesserung der Transparenz und Kontrolle der Aktionen der autorisierten Teilnehmer. Es geht weniger um ein hohes Maß an Offenheit oder echte Dezentralisierung.

4.2. Commercial Bank Money Token (CBMT) – Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit

Im Zuge der Einführung von tokenisiertem Wholesale CBDC im bestehenden Fiat-Bankensystem wird es voraussichtlich auch zu Veränderungen im Geschäftsbankgeld kommen. Einerseits wird von den Geschäftsbanken erwartet, dass sie sicherstellen, dass Geschäftsbankgeld jederzeit in Zentralbankgeld im Verhältnis 1:1 umgewandelt werden kann. Andererseits wird die Zahl der traditionellen Unternehmenskunden, die sich einer digitalen Transformation unterziehen und Teil der neuen „Smart Economy“ werden, voraussichtlich zunehmen.

Der Begriff Smart Economy bezieht sich auf eine Wirtschaft, die durch den Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie innovativen Technologien wie Blockchain, künstlicher Intelligenz (KI) und dem Internet der Dinge (IoT) unterstützt wird. Diese Technologien werden genutzt, um Prozesse effizienter, transparenter, sicherer und interoperabler zu gestalten.
In einer „Smart Economy“ nutzen Unternehmen und Regierungen digitale Technologien, um die Effizienz und Produktivität zu steigern, innovative Dienstleistungen anzubieten und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dies kann beispielsweise den Einsatz von Big Data-Analyse, Cloud-Computing, Internet of Things (IoT) und maschinellem Lernen umfassen, um intelligente Lösungen für verschiedene Branchen wie Gesundheitswesen, Bildung, Transport, Energie und Finanzen zu schaffen.
Kurz gesagt, die „Smart Economy“ bezieht sich auf eine Wirtschaft, die sich durch die intelligente Nutzung von digitalen Technologien und Daten auszeichnet, um das Wachstum, die Innovation und die Lebensqualität zu fördern.

Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, muss sich das vorhandene Geschäftsbankengeld den Technologien der Industrie 4.0 anpassen. Dadurch kann es ein integraler Bestandteil der Wertschöpfungsketten der Industrie werden und das Potenzial der Technologie im Bankensektor nutzen. Diese neue technologische Darstellung von Geschäftsbankengeld wird „Commercial Bank Money Token“ (CBMT) genannt. Ein CBMT repräsentiert nach wie vor Geschäftsbankgeld mit all seinen Merkmalen und Dienstleistungen, die von den Banken angeboten werden. Es kann jedoch auch neue und zusätzliche Funktionalitäten ermöglichen, die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) nutzt.

Der Ausschuss der Deutschen Kreditwirtschaft hat in seinem „Arbeitspapier zum Commercial Bank Money Token“ vom März 2023 die Notwendigkeit der Einführung von Geschäftsbankgeld-Tokens (CBMT) bestätigt und einen Entwurf für die Gestaltung und Einführung von CBMTs vorgestellt.

Das Ziel der Geschäftsbanken ist es, ihren Kunden (Unternehmen und Privatpersonen) Finanzdienstleistungen anzubieten, die auf Smart Contracts basieren. Die Grundidee besteht darin, dass Kunden der Geschäftsbanken einen Teil ihrer elektronischen Kontoguthaben in tokenisierter Form umwandeln können, um damit Zahlungstransaktionen im Rahmen von Smart Contracts durchzuführen. Der Transfer von Guthaben zwischen der traditionellen elektronischen Form und der tokenisierten Form soll transparent und im Verhältnis 1:1 erfolgen. Eine detaillierte Beschreibung zu diesem Thema findet man in dem oben genannten Arbeitspapier.

In Ihrem Positionspapier „Der digitale Euro: Hintergrundinformationen und Bewertung der jüngsten Diskussionen. Überprüfung der EZB-Grundsätze für einen digitalen Euro und ihre Auswirkungen auf unser duales Währungssystem“ vom Juni 2023 fasst der Ausschuss der Deutschen Kreditwirtschaft die Geldarten in dem Geldsystem der Zukunft wie folgt zusammen:

Abb. 42: Neue und bestehende Geldarten für ein Geldsystem der Zukunft

In dem neuen Geldsystem erhalten alle heute verfügbaren Geldformen des Fiatsystems einen digitalen Zwilling. Dies ist im Einklang mit den Vorstellungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS).

Blaupause für das künftige Geldsystem:
Altes verbessern, Neues ermöglichen

Die Bank for International Settlements (BIS) wird oft als „Bank der Zentralbanken“ bezeichnet. Wenn man die Rolle der BIS metaphorisch beschreiben möchte, könnte man sie als eine Art zentralen Koordinator für alle Zentralbanken betrachten. Daher ist es sinnvoll, sich genauer mit den Vorstellungen der BIS über das zukünftige Geldsystem auseinanderzusetzen. Diese kurze Videobotschaft vom Juni 2023 beschreibt die BIS-Vision zu diesem Thema sehr deutlich.

Das Ziel der BIS ist die Etablierung eines Unified Ledger (Einheitliches Hauptbuch). Ein einheitlicher Ledger bezieht sich auf eine einzige Datenbank oder Buchführung, die von einer zentralen Autorität verwaltet wird und von verschiedenen Parteien gemeinsam genutzt werden kann. Bei dem Unified Ledger soll es sich um eine programmierbare Plattform handeln, auf der Geld und Vermögenswerte digital als Token dargestellt werden. Ein einheitlicher Ledger mit CBDCs kann laut BIS die Verknüpfung verschiedener Elemente des Finanzsystems erleichtern, indem Zentralbankgeld am selben Ort wie andere tokenisierte Forderungen gespeichert werden. Damit können komplexe Transaktionen mit dem tokenisierten Geld und den tokenisierten Vermögenswerten automatisiert werden ohne die Notwendigkeit, einzelne Schritte separat zwischen verschiedenen Datenbanken abgleichen zu müssen, da alle notwendigen Elemente in einer einheitlichen Datenbank liegen.

Abb. 43: Die BIS-Vision von der Einheitlichkeit des zukünftigen Finanzsystems [BIS]

Diese Vision spiegelt sich in den EZB-Lösungsvorschlägen – Option (3) und Option (4) wider (siehe Abb. 41).

Ein Token in der BIS-Welt besteht aus zwei grundlegenden Schichten: Informationen über den „Asset“ (z. B.  eindeutige Identifizierung, Eigentümer, Verwahrstelle, Herkunft, Wert, etc.) und Regeln (was der Vermögenswert tun kann und was nicht, z. B. zur Verwendung in Smart Contracts).

Abb. 44: Die Token-Definition nach BIS [BIS]

Der Begriff „Vermögenswert“, auch als „Asset“ bekannt, wurde bereits im Zusammenhang mit Abb. 40 erklärt. Zusätzlich zu den dort aufgeführten Asset-Formen kommen in der Definition von BIS die finanziellen Assets hinzu.

Finanzielle Assets: Diese umfassen Vermögenswerte, die einen monetären Wert haben und auf den Finanzmärkten gehandelt werden können. Beispiele hierfür sind Bargeld, Bankguthaben, Aktien, Anleihen, Investmentfonds, Derivate und andere Finanzinstrumente.

Der Prozess der Tokenisierung solcher Vermögenswerte wird durch sogenannte Rampen durchgeführt. Diese Rampen definieren eine Verbindung zwischen Vermögenswerten in herkömmlichen Datenbanken und ihren digitalen Versionen (siehe Abb. 45). Die Vermögenswerte in der herkömmlichen Datenbank werden „gesperrt“ und dienen als Sicherheit für die digitalen Tokens, die auf der programmierbaren Plattform ausgegeben werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Übertragung der digitalen Tokens auch die Übertragung der echten Vermögenswerte garantiert. Wenn Sie also einen Token besitzen, gehört Ihnen auch das reale Vermögen, das er darstellt.

Abb. 45: Der Prozess der Tokenisierung von Assets [BIS]

Aus Sicht der Bank for International Settlements (BIS) besteht das einheitliche Ledger aus zwei Hauptbereichen: der Datenumgebung und der Ausführungsumgebung. In diesen Bereichen gelten spezifische Regeln, Standards und Governance. Die Datenumgebung beherbergt Geld, Vermögenswerte und Informationen, die entweder intern oder extern zum Ledger sind. Jedes dieser Elemente ist in Partitionen unterteilt, die den Besitz oder Zugriff regeln. Die Ausführungsumgebung führt Operationen aus, die diese Elemente betreffen, entweder direkt durch Nutzer oder durch intelligente Verträge (Abb. 46).

Abb. 46: Das einheitliche Hauptbuch (Unified Ledger) nach den Vorstellungen von BIS. (Das Vorhängeschloss zeigt an, dass einige Operationen vertrauliche verschlüsselte Daten betreffen können.) [BIS]

Der Begriff „Governance“ bezieht sich auf die Art und Weise, wie Organisationen oder Systeme gelenkt, geleitet und kontrolliert werden. Es umfasst die festgelegten Regeln, Verfahren, Richtlinien und Mechanismen, die sicherstellen sollen, dass eine Organisation oder ein System effektiv, transparent, verantwortungsvoll und im besten Interesse aller Beteiligten agiert.

In einem breiteren Kontext kann Governance auch die Art und Weise beschreiben, wie Entscheidungen getroffen, Ressourcen verwaltet und Verantwortlichkeiten zugewiesen werden. Dies kann sich auf verschiedene Ebenen erstrecken, einschließlich Regierungsführung auf nationaler oder internationaler Ebene, Unternehmensführung in Unternehmen oder Organisationen, und Selbstverwaltung in Gemeinschaften oder Gruppen.

Eine gute Governance beinhaltet oft Merkmale wie Rechenschaftspflicht, Transparenz, Partizipation, Integrität und Effizienz. Es geht darum, sicherzustellen, dass Entscheidungen fair und im Einklang mit den Zielen und Werten der Organisation getroffen werden und dass die Interessen aller Stakeholder angemessen berücksichtigt werden. In Unternehmen kann eine starke Governance die Vertrauenswürdigkeit erhöhen, das Risiko von Fehlverhalten reduzieren und das langfristige Wachstum und die Nachhaltigkeit fördern.

Eine wichtige Frage bezieht sich auf die Bandbreite des Hauptbuchs. Laut der Bank for International Settlements (BIS) schließt das Konzept eines einheitlichen Hauptbuchs nicht aus, dass es separate Hauptbücher für unterschiedliche Anwendungsfälle gibt. Die BIS geht jedoch davon aus, dass es in der Praxis zunächst wahrscheinlich auf spezifische Anwendungen angewendet wird, wo die unmittelbaren Vorteile am deutlichsten sind. Beispielsweise könnte ein Hauptbuch darauf abzielen, die Abwicklung von Wertpapieren zu verbessern und nur relevante Parteien einzubeziehen, während ein anderes sich auf Handelsfinanzierungen konzentrieren könnte, z. B. in der Schifffahrtsbranche. Im Laufe der Zeit könnte sich der Anwendungsbereich des Hauptbuchs durch die Einbeziehung weiterer Vermögenswerte und Unternehmen ausweiten. Letztendlich wird die Ausdehnung des Hauptbuchs durch die spezifischen Bedürfnisse und Einschränkungen einzelner Länder beeinflusst.

Natura non facit saltum – Die Natur macht keinen Sprung. Die Natur ist jedoch ständig im Wandel.

Die voranschreitende globale Vernetzung durch Technologien wie 5G, 6G und das Internet der Dinge (IoT), zusammen mit der Einführung immer leistungsfähigerer Technologien, die zunehmend auf KI-Algorithmen basieren, verändert allmählich verschiedene Aspekte unseres Lebens. Die Devise „schneller, weiter, höher“ treibt diesen Wandel voran und führt zu einer Transformation der Wirtschaft in eine „Smart Economy“, der Städte in „Smart Cities“, der Immobilien in „Smart Buildings/Homes“ und der Autos in „Smart Cars“. Diese umfassende „Smartness“ ermöglicht es, immer mehr Vermögenswerte in die Datenumgebung eines einheitlichen Ledgers einzubeziehen und bei Bedarf entsprechende Governance-Mechanismen anzuwenden.

Zwischen dem Konzept des „Unified Ledgers“ der BIS und der Ethereum-Welt (Kapitel 3.8.) lassen sich einige Parallelen erkennen. In beiden Fällen interagieren Benutzer in einer programmierbaren Umgebung mit Smart Contracts, um Transaktionen mit Tokens auszuführen, die die vordefinierten Bedingungen erfüllen. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, führt der Smart Contract automatisch die entsprechenden Aktionen in der Ethereum-Blockchain aus.

Während Ethereum den Grundsatz „Code is Law“ betont, spricht die BIS von Governance. Die Ethereum Foundation bezeichnet Ethereum als Protokoll für menschliche Koordination. Das einheitliche Hauptbuch wird als perfekte Grundlage für nahtlose Operationen mit Vermögenswerten propagiert.

Die Interaktion des Unified Ledgers mit externen Informationen erinnert weiterhin an den Ansatz von Chainlink (Kapitel 3.8.1.). Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass es sich bei BIS, EZB und ähnlichen Institutionen um zentralisierte permissioned Architekturen handelt, was bestimmte Risiken mit sich bringt.

Fazit:
Die Tokenisierung wird nicht nur das Großhandels-CBDC umfassen, sondern auch Geschäftsbankgeld einbeziehen. Dadurch wird das Thema nicht nur große Finanzinstitutionen, sondern auch die breite Öffentlichkeit betreffen. Es ist wahrscheinlich, dass dies zunächst in Business-to-Business (B2B) Transaktionen angewendet wird und dann nahtlos das Business-to-Customer (B2C) Umfeld erreicht.

Der Begriff Business-to-Business (B2B) bezieht sich auf Transaktionen, die zwischen zwei Unternehmen stattfinden. Zum Beispiel, wenn ein Unternehmen Computerhardware von einem anderen Unternehmen kauft, wäre das eine B2B-Transaktion.

Der Begriff Business-to-Consumer (B2C) bezeichnet Transaktionen, bei denen ein Unternehmen direkt Produkte oder Dienstleistungen an Verbraucher verkauft. Zum Beispiel, wenn Sie ein Paar Schuhe online von einem Einzelhändler kaufen, ist das eine B2C-Transaktion.

In einfachen Worten ausgedrückt: B2B sind Geschäfte zwischen Unternehmen, während B2C Geschäfte zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher sind.

In dem Dokument „Blueprint for the future monetary system: improving the old, enabling the new“ äußert sich die BIS zum Thema Retail-CBDS wie folgt:

Zu den verbesserten digitalen Darstellungen von Zentralbankgeld könnte eine Einzelhandelsvariante gehören, die von normalen Nutzern verwendet werden kann. Ein CBDC für Privatkunden ist eine digitale Version des physischen Bargelds, die von Haushalten und Unternehmen für alltägliche Transaktionen verwendet werden kann. Indem die Zentralbank der Öffentlichkeit eine einfache Möglichkeit bietet, alternative private digitale Währungen (wie z. B. digitale Einlagen bei Geschäftsbanken) in digitales Bargeld umzuwandeln, d.h. eine direkte Verbindung zur staatlichen Rechnungseinheit in digitaler Form, würde sie die Einheitlichkeit weiter fördern.

4.3. Retail-CBDC – Heaven Is a Place on Earth

Obwohl das Retail-CBDC nur einen Teil des zukünftigen tokenisierten Finanzsystems darstellt, steht es im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Verbraucher befürchten das Verschwinden von Bargeld, während Banken um ihre Geschäftsmodelle und letztlich die Finanzierung der Realwirtschaft besorgt sind.

Heutzutage nutzen die meisten Menschen Bargeld und digitales Geschäftsbankgeld, auch bekannt als Giralgeld, für den Austausch von Waren und Dienstleistungen. Sie sind mit diesen beiden Geldformen bestens vertraut. Es wird nicht leicht sein, ihr Verhalten und ihre Gewohnheiten im Umgang mit Geld zu ändern.

Für den Erfolg des CBDC ist breite öffentliche Unterstützung unerlässlich. Verbraucher und Händler werden letztendlich die Endnutzer sein. Das CBDC wird sich nicht durchsetzen, wenn sie nicht von seinen Vorteilen überzeugt sind. Die Aufklärung der Öffentlichkeit über die Vor- und Nachteile des CBDC wird entscheidend sein, um alle Beteiligten einzubeziehen.

Obwohl die Vorbereitungs- und Versuchsphase der Europäischen Zentralbank (EZB) erst in den kommenden Jahren abgeschlossen wird, läuft die Werbekampagne langsam auf Hochtouren. Einige der Argumente, mit denen die EZB die Öffentlichkeit vom digitalen Euro überzeugen will, sind in dem Werbefilm „The Digital Euro – Easy, Safe, Fast, Reliable“ zusammengefasst:

Bargeld, Geschäftsbankgeld und der digitale Euro (nach seiner Einführung) erfüllen als gesetzliche Zahlungsmittel die grundlegenden Funktionen des Geldes: Sie dienen als Mittel zur Wertaufbewahrung, zum Tausch und als Rechnungseinheit. Damit diese Zahlungsmittel von einer breiten Bevölkerung akzeptiert werden, müssen sie zusätzlich wichtige Eigenschaften wie Privatsphäre, Zugänglichkeit, Sicherheit, Bequemlichkeit, Benutzerfreundlichkeit und Kosteneffizienz bieten. Es ist wichtig zu bedenken, dass das Vertrauen in die Stabilität des Geldes von entscheidender Bedeutung ist. Dieses Vertrauen kann jedoch schnell schwinden, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher oder politischer Instabilität.

Der Erfolg des digitalen Euro als Retail-CBDC hängt davon ab, wie er sich in Bezug auf Bargeld und Geschäftsbankgeld positioniert und dabei die oben genannten zusätzlichen Eigenschaften berücksichtigt. Im Folgenden werden die drei Geldformen unter diesem Gesichtspunkt verglichen, wobei wir zunächst mit dem aktuellen Status Quo beginnen.

Physisches Bargeld vs. Digitales Privatbankgeld
– ein Vergleich aus der Sicht des Endverbrauchers –
Fasse niemals ein laufendes System an. – Never touch a running system.“

Datenschutz/Privatheit

Digitales Geld und die damit verbundenen Transaktionen hinterlassen digitale Spuren. Relevante Informationen werden von den entsprechenden Banken, Kreditkartenunternehmen und privaten Betreibern von Zahlungssystemen erfasst. Behörden haben ebenfalls leichten Zugang zu diesen Daten, insbesondere wenn sie Verdachtsfälle von Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder anderen illegalen Aktivitäten gemäß den geltenden Gesetzen verfolgen. Daher ist es nicht möglich, denselben Grad an Anonymität wie bei Bargeld zu erreichen.

Auf der anderen Seite wird die Verwendung von Bargeld für finanzielle Transaktionen in vielen Ländern zunehmend durch gesetzliche Vorschriften eingeschränkt. Gemäß der aktuellen EU-Regelung sind Bargeldzahlungen nur noch bis zu einem Betrag von 10.000 Euro erlaubt. Für Bargeldtransaktionen zwischen 3.000 und 10.000 Euro erfordert die neue Regelung einen Identitätsnachweis sowie einen Nachweis über die Herkunft des Geldes. Diese Daten müssen von Händlern und Institutionen erfasst und gespeichert werden.

In normalen Zeiten haben viele Menschen kein Problem damit, ihre Privatsphäre aufzugeben, um Verbrechen und Terrorismus zu bekämpfen. Doch erinnern wir uns an die Ereignisse in Hongkong im Jahr 2019, als politische Demonstranten Schlange standen, um ihre U-Bahn-Fahrscheine bar zu bezahlen. Die Demonstranten äußerten ihre Bedenken, dass ihre Kartendaten zurückverfolgt und als Beweismittel gegen sie verwendet werden könnten, sollten sie von der Polizei angeklagt werden – ähnlich wie es gegen führende Vertreter der pro-demokratischen Regenschirmbewegung im Jahr 2014 geschah. Das zeigt, dass Menschen in autoritären Regimen plötzlich die Bedeutung des Bargelds erkennen können.

Zugänglichkeit

Bargeld ist äußerst einfach zu bekommen. Um es zu haben, müssen Sie nur jemanden finden, der es Ihnen gibt.

Wenn Sie jedoch auf digitales Geld zugreifen möchten, benötigen Sie eine Bankkarte. Dafür müssen Sie die Bank davon überzeugen, dass Sie die Person sind, für die Sie sich ausgeben, indem Sie Ihren Ausweis vorlegen und versichern, dass Sie die Karte nicht für illegale Zwecke verwenden werden. Für die meisten von Ihnen mag das keine Probleme bereiten, aber Forschungsdaten zeigen, dass im Jahr 2021 etwa 4% der Bevölkerung in der EU immer noch kein Bankkonto besaßen. In Schwellen- und Entwicklungsländern ist dieser Prozentsatz deutlich höher.

Besonders beunruhigend ist, dass es eine Reihe von Fällen gab, in denen Menschen ihr Bankkonto verloren haben. Ein Beispiel dafür ist das Vereinigte Königreich, wo der umstrittene Politiker Nigel Farage vorübergehend sein Bankkonto verlor, weil seine „Werte“ nicht mit denen der Bank übereinstimmten. In Kanada wurden private Banken von der Regierung dazu gedrängt, die Konten von Lastwagenfahrern einzufrieren, die gegen die Covid-19-Impfung protestierten.

Obwohl Bankkonten für die meisten zugänglich sind, bleiben sie für viele Menschen unerreichbar, und es besteht die reale Gefahr, unter bestimmten Umständen den Zugang zu ihnen zu verlieren.

Sicherheit

In Bezug auf Sicherheit herrscht ein Gleichstand.

Einerseits birgt das Mitführen von viel Bargeld das Risiko von Diebstahl oder Verlust. Andererseits ist auch Bankbetrug eine potenzielle Bedrohung.

Wenn jedoch eine Finanzkrise eintritt, erkennen die Menschen oft erneut, dass digitales Privatbankgeld letztlich nur ein Versprechen darstellt, physisches Zentralbankgeld zu bezahlen.

Bargeld wird direkt von der Zentralbank ausgegeben und ist physisch vorhanden. Es wird durch die Autorität der Zentralbank gedeckt. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Zentralbank und die Stabilität der Währung spielen eine wichtige Rolle bei der Deckung von Bargeld. Wenn die Zentralbank als vertrauenswürdig gilt und die Währung stabil ist, wird das Bargeld automatisch akzeptiert und erhält einen inneren Wert.

Die Sicherheit von privatem Digitalgeld hängt stark von der finanziellen Stabilität der Geschäftsbanken ab. Wie im Kapitel 2.2.1. beschrieben, leihen die Banken einen Großteil ihrer Kunden-Einlagen an andere Kunden aus und behalten nur einen Teil davon für mögliche Abhebungen vor (Mindestreserve). Um einen Großteil dieser Einlagen im Falle eines Bankausfalls zu schützen, zahlen die Banken in einen Sicherungsfonds ein, der auch als Einlagensicherungssystem bekannt ist. Nach der Finanzkrise 2007-2008 wurden auf EU-Ebene lediglich bestimmte Mindeststandards festgelegt, wie beispielsweise der Schutz von Einlagen in Höhe von 100.000 € pro Bankkunden.

In Krisenzeiten kann Bargeld als sichere Notfallreserve dienen, während das private Digitalgeld von der Liquidität der Banken abhängt.

Bequemlichkeit

Die Digitalisierung hat die Zahlungsabwicklung revolutioniert und wird dies auch in Zukunft tun. Heutige Zahlungsmethoden unterscheiden sich erheblich von denen vor einem Jahrzehnt. Mit nur einem Gerät oder einer App können Sie jetzt Einkäufe über Ihre Uhr tätigen und gleichzeitig eine Anwendung nutzen, um die Kosten für ein Abendessen mit Ihrem Date zu teilen – und das noch bevor Sie den Tisch verlassen haben. Es ist nicht mehr notwendig, Geld zu zählen oder sich Gedanken über das Wechselgeld zu machen. Eine sperrige Brieftasche mitzuführen oder regelmäßig zum Geldautomaten zu gehen, entfällt ebenfalls. Als Händler erleichtert Ihnen die Annahme digitaler Zahlungen die Verwaltung erheblich und erspart Ihnen den Weg zur Bank, um Bargeldeinnahmen einzuzahlen.

Die Implementierung sozialer Distanzierung, Lockdowns und die Angst vor einer potenziellen Virusübertragung über physisches Bargeld während der Pandemie haben digitale Transaktionen und Zahlungen weiter vorangetrieben. Die Pandemie hat den Prozess der Digitalisierung in allen Branchen weltweit beschleunigt, was wiederum die Verbreitung bargeldloser Zahlungen gefördert hat. Diese Entwicklung hat die Akzeptanz elektronischer Zahlungen bei Händlern erhöht, um den elektronischen Handel und den kontaktlosen Austausch zu erleichtern.

Im Jahr 2021 betrug der Anteil physischer Bargeldtransaktionen weltweit 18 % an den POS-Transaktionen und wird voraussichtlich bis 2025 auf 10 % sinken. Regionsweise verteilt lag der Bargeldanteil im Jahr 2021 im Nahen Osten und Afrika (MEA) bei 44 %, in Lateinamerika bei 36 %, in Europa bei 26 %, im asiatisch-pazifischen Raum bei 16 % und in Nordamerika bei 11 %. Ein Rückgang der Bargeldnutzung wird bis 2025 in allen Regionen erwartet, beispielsweise auf 31 % in MEA, 24 % in Lateinamerika, 17 % in Europa, 8 % im asiatisch-pazifischen Raum und 6 % in Nordamerika. (Abb. 47).

POS steht für „Point of Sale“, was auf Deutsch „Verkaufsstelle“ bedeutet. Eine POS-Transaktion bezieht sich auf eine finanzielle Transaktion, die an einem physischen Verkaufspunkt stattfindet, wie zum Beispiel an der Kasse eines Ladens oder an einem Verkaufsstand.

Abb. 47: Anteil am Mix der POS-Zahlungsarten in % (2022 – 2025) [CBDC: Context, challenges, and conditions for a successful adoption, S.20]

Benutzerfreundlichkeit / e-Commerce

Der Online-Handel boomt, und das nicht erst seit dem Beginn der Corona-Pandemie. Im Jahr 2023 gaben drei Viertel (75 %) der 16- bis 74-Jährigen in der EU an, bereits online eingekauft zu haben. Besonders verbreitet waren Online-Käufe in den Niederlanden (95 %), Dänemark (94 %) und Schweden (91 %). Deutschland belegte mit 82 % im EU-Ranking den achten Platz.

Um von den Vorteilen des Online-Handels profitieren zu können, haben Verbraucher eine Vielzahl von Zahlungsmethoden zur Auswahl. Die gängigen Zahlungsmethoden für den E-Commerce sind in der Abbildung dargestellt.

Abb. 48: Gängige Zahlungsmöglichkeiten im Online-Handel [verbraucherschutz.com]

Mit dem Aufstieg des E-Commerce wird es für das Bargeld immer schwieriger, da es praktisch unmöglich ist, Bargeld für Online-Käufe zu verwenden.

Kosten

Als Verbraucher mag Ihnen dieser Aspekt möglicherweise unwichtig erscheinen, da sowohl digitale Zahlungen als auch Bargeldtransaktionen auf den ersten Blick kostenfrei erscheinen. Jedoch ist die Verwendung von Bargeld mit Kosten und ineffizienten Aspekten innerhalb einer Volkswirtschaft verbunden. Dies umfasst die Notwendigkeit einer sorgfältigen Handhabung und Verwaltung, den sicheren Transport, Sicherheitsvorkehrungen sowie die Bereitstellung von Geräten oder Personal zum Zählen des Geldes. Zudem erfordert es kontinuierliche Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen, um sich vor Fälschungen zu schützen, was wiederum zu zusätzlichen Kosten führt.

Im Gegensatz dazu zahlt ein Händler bei jeder Kartenzahlung durch einen Kunden eine geringe Gebühr an Banken und Kartenunternehmen, die er in die Preisgestaltung seiner Produkte oder Dienstleistungen einberechnet.

Nach dem Vergleich der beiden traditionellen Geldformen ergibt sich folgendes Fazit:

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass beide traditionelle Geldformen ihre Vor- und Nachteile haben und keine davon perfekt ist.

Retail-CBDC Vorteile und potentielle Gefahren

Um die Sorgen der Bevölkerung in Bezug auf die Einführung von CBDC zu lindern und die Akzeptanz dieser neuen Form des Geldes zu fördern, ist es von entscheidender Bedeutung, sowohl die Vorteile als auch die möglichen Risiken öffentlich zu erörtern. Wie könnte eine solche Diskussion aus der Perspektive der Befürworter von CBDC gestaltet werden?

Privatheit/Datenschutz

Digitale Transaktionen hinterlassen im Gegensatz zu physischen Transaktionen mit Geldscheinen und Münzen digitale Fußabdrücke, die rückverfolgbar und unauslöschlich sind. Eine Eigenschaft von physischem Bargeld ist seine vollständige Anonymität: Es gibt keine Aufzeichnung der Transaktionshistorie. Das ist ein unbestreitbarer Fakt.

Obwohl die meisten Bürger heutzutage kein Problem damit haben, dass Geschäftsbanken, Zahlungsdienstleister und andere private Zahlungsanbieter wie Visa, Mastercard oder PayPal auf ihre Transaktionsdaten zugreifen, sind die Bedenken hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre und des Datenschutzes in Bezug auf CBDC deutlich ausgeprägt. Privatpersonen befürchten, dass der Staat im Vergleich zum privaten Sektor Zugang zu sensiblen und persönlichen Informationen über Transaktionen hat. Eine Erklärung dafür ist, dass die Auswirkungen von Privatunternehmen begrenzt oder harmlos sein könnten, wie beispielsweise weitere Werbung auf ihren Geräten. Im Gegensatz dazu könnten die Folgen beim Staat schwerwiegender sein. Die Befürchtungen könnten auch auf ein „angeborenes“ oder „erworbenes“ Misstrauen gegenüber Regierungen zurückzuführen sein, die über eine große Menge an Daten über die Bürger verfügen, was zu Bedenken hinsichtlich staatlicher Überwachung und der Maxime „Big Brother is watching you“ führt.

Die meisten Menschen ignorieren oft die Tatsache, dass in einer digitalen Wirtschaft der Staat bereits Zugriff auf Daten von Privatunternehmen wie Geschäftsbanken und Zahlungsdienstleistern hat. Dies geschieht normalerweise aus verschiedenen Gründen, einschließlich der Überwachung von Finanztransaktionen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, der Durchsetzung von Steuergesetzen und der Aufrechterhaltung der Finanzstabilität. Der Zugang zu solchen Daten wird formal durch Datenschutzgesetze und -richtlinien geregelt, um die Privatsphäre der Bürger zu schützen.

Jedoch erlaubt die Technologie hinter CBDC eine viel tiefere Form der Überwachung. Ein recht eindringlicher Kommentar dazu stammt von Augustin Carstens, dem Generaldirektor der Bank for International Settlements (BIS):

Würde eine solche Aussage Sie nicht zumindest zum Nachdenken anregen? Um Bedenken hinsichtlich staatlicher Überwachung zu mildern, ist es die Aufgabe der Behörden, der Öffentlichkeit zu versichern, dass angemessene Vorschriften und Kontrollen vorhanden sind. In diesem Zusammenhang spielen internationale Organisationen wie die OECD eine wichtige Rolle. Das Dokument der OECD mit dem Titel „Central Bank Digital Currencies (CBDCs) and democratic values” enthält einige relevante Aussagen zu diesem Thema.

Eines der Risiken, die CBDCs für die Gesellschaft mit sich bringen, ist ihr potenzieller Einsatz als Überwachungsinstrumente, da sie potenziell Zugang zu einem höheren Maß an Informationen über die Nutzer haben, einschließlich Informationen auf Transaktions- und Kontoebene. Im Extremfall könnten die CBDCs den Regierungen die Möglichkeit geben, alle Transaktions- und sonstigen Finanzaktivitäten der Nutzer zu überwachen und zu verfolgen, und auch die Möglichkeit, eine größere Kontrolle über private Transaktionen auszuüben. Die Behörden könnten Nutzer und Transaktionen ungerechtfertigterweise zensieren, ohne dass ein ordnungsgemäßes Verfahren oder ein Rechtsbehelf vorgesehen ist.

In einem Szenario, in dem CBDC für die groß angelegte Kontrolle von Geldtransaktionen eingesetzt werden, könnten CBDC zudem zu einem Instrument der Kontrolle und der sozialen Profilierung, der voreingenommenen und diskriminierenden Behandlung von Nutzern und möglichen Menschenrechtsverletzungen werden.

Die OECD ist eine internationale Organisation mit 38 Mitgliedstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen. Zu ihren Mitgliedern gehören viele EU-Staaten, die USA, Kanada, Großbritannien, Japan sowie Australien. Das Dokument betont, dass nicht nur die Risiken bei der Einführung von CBDC verstanden werden, sondern auch klare Richtlinien festgelegt werden, um sicherzustellen, dass demokratische Werte bei der Gestaltung und Umsetzung von CBDCs berücksichtigt werden. Es gibt vier Hauptbereiche, auf die besonders geachtet wird: (i) bürgerliche Freiheiten und Menschenrechte; (ii) Gleichbehandlung: Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit; (iii) Privatsphäre und Integrität; (iv) Vertrauen: Sicherheit, Transparenz, betriebliche Widerstandsfähigkeit sowie Schutz der genannten Werte.

Abb. 49: Demokratische Werte für die Gestaltung und Umsetzung von CBDCs, wie im OECD-Bericht definiert

Die OECD betrachtet den Datenschutz wie folgt:

Was die Datenschutzoptionen betrifft, so würde der niedrigste Grad an Datenschutz ein Design beinhalten, bei dem alle Onboarding/KYC- und Transaktionsdaten für die Zentralbank sichtbar sind. Der zweitniedrigste Grad des Datenschutzes würde Transparenz und Sichtbarkeit der oben genannten Daten nur für den Intermediär bedeuten. Am anderen Ende des Spektrums sind keine Daten für Dritte oder die Zentralbank selbst sichtbar, d. h. vollständige Anonymität, was nicht wünschenswert ist, da dies die Kontrolle des Umlaufs und die Verhinderung von Geldwäsche unmöglich machen würde. Außerdem würde dies Regulierungs- und Durchsetzungsmaßnahmen erschweren. Stattdessen sieht ein Modell des „selektiven Datenschutzes“ ein höheres Maß an Datenschutz für Zahlungen mit geringem Wert bzw. geringem Risiko vor, das vereinfachte Kontrollen beinhaltet (z. B. eine spezielle Brieftasche mit geringeren Anforderungen bei der Anmeldung). Bei diesem Modell würden Transaktionen mit höheren Beträgen weiterhin den Standardkontrollen unterliegen.

Bislang haben keine der Zentralbanken, die CBDC-Forschung betreiben, erklärt, dass sie beabsichtigen, detaillierte und spezifische Daten über die Bürger zu sammeln und zu speichern.

„Was die Zentralbank betrifft, so schlagen wir vor, dass wir keinen Zugang zu personenbezogenen Daten haben.“ Fabio Panetta, ECB 2023.

Stattdessen haben die Zentralbanken erklärt, dass die gesammelten Daten auf einer aggregierten Ebene erhoben werden, um eine bessere Bewertung und ein zeitnahes Bild der Wirtschaftslage zu erhalten. Im ECB-Bericht „Aktueller Stand der Arbeit der Arbeitsgruppe für die Entwicklung des Regelwerks des digitalen Euro-Systems“ vom Januar 2024 wurde bestätigt, dass das Onboarding von Endnutzern des Digital-Euro über beaufsichtigte Intermediäre erfolgen soll. Diese Intermediäre, hauptsächlich Geschäftsbanken, werden auch für die Bereitstellung von Digital-Euro-Kontonummern (DEAN), Benutzeroberflächen und die Registrierung von Aliasnamen zuständig sein. Die Erfassung personenbezogener Daten wird im Wesentlichen nicht viel von der Prozedur abweichen, die bereits von den Geschäftsbanken verwendet wird.

Unabhängig davon, ob Begriffe wie „selektiver Datenschutz“ oder „Pseudonymität“ verwendet werden, wird die vollständige Anonymität des physischen Bargelds nicht erreicht werden können. 

Ein genehmigungspflichtiges CBDC-System, bei dem die Teilnahme von einer vertrauenswürdigen Stelle oder einer Reihe von vertrauenswürdigen Stellen verwaltet wird, könnte bessere Ergebnisse im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre sensibler Finanzdaten erzielen: Die Transaktionshistorie ist in der Regel nur für eine kleine Anzahl von vertrauenswürdigen Stellen einsehbar und wird gegenüber anderen geheim gehalten.“ [OECD]

Ein Gegenargument der Befürworter von CBDC wird sein, dass die Privatsphäre und der Datenschutz der Bürger im Vergleich zur gegenwärtigen Situation besser geschützt werden können. Man wird die Tatsache hervorheben, dass private Zahlungsanbieter wie Visa, Mastercard oder PayPal auf die Transaktionsdaten mit CBDC nicht zugreifen werden können, um diese dann für Cross-Selling Aktionen zu nutzen.

Erinnern wir uns an den Zusammenhang: Geld = Wert = Vertrauen.
Beim Fiatgeld ist Geld = Wert = Vertrauen in eine Institution/Regierung.
Beim CBDC ist Geld = Wert = VERTRAUEN in eine Institution/Regierung.

Inwieweit VERTRAUEN Sie Ihrer Regierung? Das ist die zentrale Frage, wenn es um Datenschutz und Privatheit geht.

Zugänglichkeit

Gemäß dem Bericht der Europäischen Zentralbank „Aktueller Stand der Arbeit der Arbeitsgruppe für die Entwicklung des Regelwerks des digitalen Euro-Systems“ vom Januar 2024 müssen Verbraucher einen ähnlichen Prozess wie beim Digitalen Privatbankgeld durchlaufen, um Zugang zu CBDC zu erhalten. Einige der Schritte des „Onboarding“ werden automatisiert und für die Öffentlichkeit bequemer und zugänglicher gemacht. Dennoch werden drei wesentliche Komponenten unverzichtbar sein: eine Identifikation (wie ein Personalausweis oder eine digitale ID), eine digitale Geldbörse (zum Beispiel als App auf einem Smartphone) und ein Bankkonto. In einem Interview erläutert Nandan Nilekani, CEO von Infosys Technologies, diese Verbindung auf prägnante Weise:

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=lgnEg4MJvZI&t=2281s

Wenn Sie Ihrer Regierung ausreichend VERTRAUEN und Zugänglichkeit mit Bequemlichkeit gleichsetzen, so könnte man schlussfolgern, dass der Zugang zum CBDC durchaus erleichtert werden kann.

Sicherheit

Wie Bargeld wird auch CBDC von Zentralbanken ausgegeben und durch ihre Autorität gestützt, was ein neues „Safe Asset“ in digitaler Form schafft. Somit tritt CBDC grundsätzlich in direkte Konkurrenz zum Privatbankgeld der Geschäftsbanken.

Wenn man die Rolle der Geschäftsbanken im weiteren Verlauf der Finanzsystementwicklung als weniger bedeutend ansieht, könnte man das Retail-CBDC anlagenähnlicher gestalten, beispielsweise indem man die CBDC-Beträge der Endverbraucher wie ein Sparangebot verzinst. Dies hätte weitreichende Auswirkungen auf die Geschäftsbanken, da ihr Einlagengeschäft in diesem Szenario stark belastet würde und ihr gesamtes Geschäftsmodell in Frage gestellt wäre. Wenn die Geschäftsbanken weiterhin eine wichtige Rolle spielen sollen, könnte sich CBDC ausschließlich auf bargeldähnliche Funktionen beschränken. Da die Geschäftsbanken derzeit direkten Kontakt zu den Endnutzern haben, liegt es hauptsächlich an ihnen, die allgemeine Akzeptanz und den Erfolg von CBDC zu beeinflussen. Daher wird jede Zentralbank wahrscheinlich eine digitale Zentralbankwährung nicht gegen den Widerstand der Geschäftsbanken einführen und CBDC in der Anfangsphase ausschließlich als Alternative zum Bargeld betrachten.

Ein weiteres Problem, das Geschäftsbanken Kopfschmerzen bereiten kann, ist das sogenannte Bank-Run-Szenario. Ein Bank-Run tritt auf, wenn eine große Anzahl von Menschen gleichzeitig beginnt, ihre Einlagen von einer Bank abzuheben, aus Angst, dass die Bank zahlungsunfähig werden könnte. Dies kann zu finanziellen Schwierigkeiten oder sogar zum Zusammenbruch der Bank führen, da sie möglicherweise nicht genügend liquide Mittel hat, um alle Abhebungen zu decken (siehe auch Kapitel 2.2.1.). In Zeiten der Krise könnte ein solches Szenario schnell zur Realität werden. Anstatt sich in Schlangen vor Geldautomaten anzustellen, könnten die meisten Menschen nach der Einführung von CBDC mit einem einfachen Mausklick ihre Einlagen bei einer Geschäftsbank in das vermeintlich sicherere CBDC umwandeln. Um dem vorzubeugen, werden die Zentralbanken voraussichtlich eine Obergrenze für den Besitz von CBDC einführen. Im Euroraum wird diese Obergrenze höchstwahrscheinlich nicht 3.000 EUR überschreiten.

Transaktionen über der festgelegten Obergrenze können auf Wunsch des Nutzers laut Europäischer Zentralbank mit der sogenannten Wasserfallfunktion (Waterfall bzw. reverse Waterfall) abgewickelt werden. Dabei werden Beträge über dem Limit entweder von oder auf das Geschäftsbankkonto des Nutzers transferiert.

In der Praxis bedeutet dies, dass das digitale EURO-Konto direkt mit dem Geschäftsbankkonto verbunden ist und eher als eine kleine Erweiterung betrachtet wird. In diesem Szenario werden die Vorteile eines „Safe Assets“ für den Endverbraucher deutlich relativiert.

In Bezug auf Bequemlichkeit und E-Commerce bringt CBDC im Vergleich zum digitalen Privatbankgeld keine signifikanten Neuerungen mit sich.

Allerdings könnten die Transaktionskosten sowohl für den Einzelhändler als auch für den Endverbraucher durch das Wegfallen privater Zahlungsdienstleister wie Visa, Mastercard oder PayPal gesenkt werden. Neue technologische Innovationen wie Distributed Ledger Technology (DLT), Tokenisierung und Smart Contracts könnten die Kosten für Inlands- und insbesondere Auslandsgeldtransaktionen weiter reduzieren.

Damit ergibt sich folgende Zwischenbilanz:

Ein Befürworter von CBDC könnte argumentieren, dass im Vergleich zu digitalem Privatbankgeld die Privatsphäre, Zugänglichkeit, Sicherheit und Kostenstruktur verbessert werden. Ein neutraler Beobachter könnte hauptsächlich die Kostenvorteile erkennen und beginnen, Fragen darüber zu stellen, wie weit sein Vertrauen in die Regierung reicht.

Geopolitische Vorteile

Momentan wird der US-Dollar in etwa 88% aller weltweiten Devisengeschäfte direkt oder indirekt verwendet. Diese Verwendung des Dollars, zusammen mit der Dollarisierung in einigen Ländern und der Tatsache, dass viele Zentralbanken den Dollar als Reservewährung halten, gibt den USA viel Macht, sogar außerhalb ihrer Grenzen. Zum Beispiel können sie durch Sanktionen und politischen Druck Einfluss auf andere Länder ausüben. Die jüngsten Ereignisse, wie der Krieg in der Ukraine und die Reaktion des Westens darauf, Russland vom Finanzsystem auszuschließen, haben viele Länder dazu gebracht, sich für CBDC zu interessieren, um in Zukunft besser geschützt zu sein.

Ein funktionierendes Abrechnungssystem zwischen zwei beliebigen Zentralbanken kann dafür sorgen, dass die Wirtschaftstätigkeit ununterbrochen fortgesetzt werden kann. Selbst wenn dieses System teurer ist als herkömmliche Kanäle, kann es immer noch kostengünstiger sein als das komplizierte Netzwerk von Bankbeziehungen, das derzeit genutzt wird, um Sanktionen zu umgehen. Viele Länder, die ihre eigene Widerstandsfähigkeit stärken wollen, werden zweifellos die Bedeutung eines zuverlässigen Abrechnungssystems in der geopolitischen Landschaft in Betracht ziehen.

Die weltweit zunehmende geopolitische Instabilität hat die EZB dazu veranlasst, die Erprobung der bereits beschriebenen konzeptionellen Lösungen für die Abwicklung von Zentralbankgeld für Großhandelstransaktionen (Wholesale CBDC) zu beschleunigen.

Obwohl dieser Aspekt hauptsächlich die Entwicklung von Wholesale CBDC betrifft, wird er von den Befürwortern von Retail-CBDC oft als überzeugendes Argument genutzt, um die Notwendigkeit von CBDC zu unterstreichen. Nichts eint mehr als ein äußerer Feind.

Programmierbarkeit

In den vorigen Kapiteln wurde gezeigt, dass die CBDC-Technologie einige wesentliche Elemente der Technologie aus dem Krypto-Ökosystem verwendet. Dazu gehören die Distributed-Ledger-Technologie, die Tokenisierung sowie die Verwendung von Smart Contracts. Das macht CBDC programmierbar. Daraus können sich verschiedene Szenarien ergeben.

Zum Beispiel könnten Ablaufdaten für Konjunkturmittel eingeführt werden, ebenso wie Ausgabenbeschränkungen für bestimmte Orte oder Regionen und die Begrenzung der Verwendung auf bestimmte Waren wie Lebensmittel. Es könnte auch Einschränkungen geben, die den Kauf von anderen Waren wie Alkohol und Zigaretten verbieten. Solche Szenarien sind Wasser auf die Mühlen der CBDC-Skeptiker.

An dieser Stelle wird erneut die Verbindung zwischen CBDC und den demokratischen Werten hervorgehoben. In dem Dokument „Central Bank Digital Currencies (CBDCs) and democratic values“ äußert sich die OECD zu diesem Thema wie folgt:

Die Programmierbarkeit könnte zwar staatlich oder von der Zentralbank initiiertes programmierbares Geld ermöglichen, das nur auf bestimmte Weise funktioniert, doch würde dies den politischen Zielen zuwiderlaufen, den Bürgern einheitliche CBDCs zur Verfügung zu stellen und das Vertrauen der Nutzer zu fördern. Die Programmierbarkeit von Zahlungen hingegen, die von den Nutzern kontrolliert wird, könnte den Nutzern erweiterte Funktionen bieten, um Regeln für ihre Zahlungen festzulegen. In einigen Fällen ist vorgesehen, dass Anbieter von Zahlungsschnittstellen und Anbieter von Schnittstellen zu externen Diensten solche programmierbaren Funktionen selbst implementieren könnten, aber sie würden die Zustimmung der Nutzer erfordern und nicht auf Anweisung des Emittenten erfolgen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) unterscheidet zwischen zwei Konzepten: programmierbares Geld und programmierbare Zahlungen. Bei programmierbarem Geld können Bedingungen für den digitalen Euro (wie z. B. oben exemplarisch erwähnt) festgelegt werden. Auf der anderen Seite beziehen sich programmierbare Zahlungen darauf, dass Zahlungen automatisch ausgelöst werden können, wenn vordefinierte Bedingungen erfüllt sind. Kurz gesagt, CBDC ist eine digitale Währung in elektronischen Geldbörsen, die für Transaktionen verwendet wird. Programmierbare Zahlungen betreffen die Aktionen, die mit dem CBDC in elektronischen Geldbörsen durchgeführt werden können.

Die EZB hat programmierbares Geld ausdrücklich ausgeschlossen, befürwortet jedoch programmierbare Zahlungen. Programmierbare Zahlungen können laut EZB die Nutzererfahrung verbessern und die Zahlungseffizienz steigern. Dies geschieht auf Ebene der Geschäftsbanken und Zahlungsdienstleister (PSP) und nicht auf der Ebene der Zentralbank. Es erfordert die Zustimmung der Nutzer und wird nicht zwangsweise eingeführt.

Die Befürworter der CBDC betrachten die programmierbaren Zahlungen als Basis für die Schaffung von innovativen Finanzdienstleistungen. 

Was sich hinter den innovativen Finanzdienstleistungen verbergen kann, wird die Zukunft zeigen.

Einige Denkansätze in diesem Zusammenhang kann man in dem Artikel „Rethinking the Rise of Global Central Bank Digital Currencies: A Policy Perspective“ (Überlegungen zum Aufkommen globaler Zentralbank-Digitalwährungen: Eine politische Perspektive) von Gengxuan et al. finden.

Die Autoren dieser Studie erforschen, wie die Kombination von CBDC und Smart Contracts die Finanzpolitik direkt beeinflussen kann. Im Vergleich zu den Auswirkungen von CBDC als Tauschmittel sind die Auswirkungen von CBDC als politisches Instrument noch bedeutsamer und komplexer.

Zentralbanken nutzen traditionell eine Strategie namens „Forward Guidance“, um ihre zukünftigen geldpolitischen Pläne transparent zu kommunizieren. Diese Kommunikation betrifft Aspekte wie die Richtung der Zinssätze oder andere geldpolitische Maßnahmen. Ziel ist es, die Erwartungen der Märkte zu beeinflussen, um wirtschaftliche Ergebnisse wie Investitionen, Verbrauchervertrauen oder die Inflation zu lenken. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Marktteilnehmer rational auf diese Informationen reagieren. Allerdings zeigen die Autoren auf, dass die meisten Verbraucher aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten nur begrenzt auf diese Politik reagieren. Inflationserwartungen spielen oft keine Rolle bei ihren Ausgaben- und Sparentscheidungen.

Die Frage lautet, wie CBDC in Verbindung mit Smart Contracts genutzt werden kann, um Einzelpersonen und Haushalte dazu zu bringen, Entscheidungen zu treffen, die mit den Zielen der Zentralbank übereinstimmen. Diese Kombination könnte es den Zentralbanken ermöglichen, den Entscheidungsprozess der Menschen, der rational, begrenzt rational oder auch psychologisch motiviert sein kann, zu beeinflussen. Durch Smart Contract-Technologie können die Kosten und Nutzen bestimmter Entscheidungen für Haushalte verändert werden. CBDC in Verbindung mit programmierbaren Zahlungen könnte somit als Instrument dienen, um die Auswirkungen der Geldpolitik auf Mikroebene zu verbessern.

Ein mögliches Anwendungsszenario wäre die Steuersenkungspolitik. Wenn diese über CBDC implementiert wird, können die Bedingungen der Steuerermäßigung in den Smart Contract integriert werden. Beispielsweise könnte festgelegt werden, dass die Steuerermäßigung für Konsum oder Investitionen verwendet werden muss und nicht für die Schuldentilgung. Traditionell können Steuererleichterungen das Konsum- und Investitionsverhalten beeinflussen, aber die Vorteile wirken sich nicht direkt auf Konsum und Investitionen aus. Die Umsetzung bedingter Steuersenkungen über CBDC und Smart Contracts kann sich direkt auf den Konsum auswirken. Zudem könnten gezielte Steuersenkungen für verschiedene Verbrauchergruppen vorgenommen werden, beispielsweise für einkommensschwache Familien, da diese besonders empfänglich für Steuererleichterungen sind.

Über CBDC können staatliche Käufe mithilfe von Smart Contracts abgewickelt werden. Solche Zahlungen können an politische Ziele angepasst werden, wie zum Beispiel die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Oft können KMU jedoch nicht direkt von gezielten Steuersenkungen oder Käufen profitieren, was zu einer ungleichen Verteilung politischer Unterstützung führt. CBDC und intelligente Verträge könnten diese Effekte verstärken, indem sie Unternehmen verpflichten, mehr Geschäfte mit KMU zu tätigen.

Das sind nur ein paar Beispiele dafür, wie Retail-CBDC auf individueller Ebene als effektives Instrument zur Umsetzung geldpolitischer Maßnahmen und politischer Ziele dienen könnte. Dies steht im Einklang mit dem Konzept von „Belohnung und Bestrafung“, das in der modernen Biopolitik Anwendung findet. Aus Sicht des Einzelnen erscheint diese Art der Regierungsführung als eine Art „guter Hirte“, dessen Aufgabe es ist, das Wohl der Menschen zu fördern. Das Ziel dieser Regierungstechnik ist es, die Menschen dazu zu bringen, ihre Leistung, ihre Kräfte und ihre Fähigkeiten zu steigern, um den Beitrag zum Produktionsapparat der Gesellschaft zu maximieren. Durch diese Regulierungsmethoden werden Normen festgelegt, die zwischen „normal“ und „anormal“ unterscheiden. Es werden „Korrekturinstrumente“ definiert, die dazu beitragen, das Verhalten des Einzelnen zu ändern und ihn als integralen Bestandteil der Bevölkerung zu formen.

Die Normierung im biopolitischen Kontext führt zu zwei komplementären biopolitischen Handlungen:
a) Die Förderung (Inklusion) derjenigen, die als förderungswürdig angesehen werden.
b) Die Ausscheidung (Exklusion) derjenigen, die nicht als förderungswürdig betrachtet werden.

Mehr zu diesem Thema findet man hier.

Fazit:

Die zukünftige Entwicklung des Fiat-Finanzsystems wird stark von Technologieelementen beeinflusst sein, die im Krypto-Ökosystem entwickelt und erprobt wurden. Dazu gehören Distributed-Ledger-Technologie, Tokenisierung und Smart Contracts.

Mittel- bis langfristig werden sowohl das Wholesale CBDC als auch das Geschäftsbankgeld in Form von Tokens digitalisiert. Tokens repräsentieren Vermögenswerte, physische Objekte oder immaterielle Werte auf einer programmierbaren Plattform. Dadurch werden sowohl CBDC als auch das Geschäftsbankgeld verstärkt in Smart Contracts integriert. Dies wird zunächst in Business-to-Business (B2B) -Transaktionen implementiert und später nahtlos in das Business-to-Customer (B2C) -Umfeld übergehen.

Die Einführung von Retail-CBDC soll die letzte Lücke in diesem Tokenisierungsprozess schließen und als digitale Version des physischen Bargelds in Smart Contracts integriert werden.

Neben der Optimierung und Beschleunigung von bankinternen Prozessen und Transaktionen zielt diese Umstellung des Finanzsystems darauf ab, die geopolitische Resilienz von Staaten oder Staatsgemeinschaften zu erhöhen. Die Einführung von CBDC wird direkt mit dem Erhalt und der Verteidigung demokratischer Werte in der Gesellschaft verbunden.

Durch die neue Infrastruktur können Zentralbanken aggregierte Daten erfassen, um ein genaueres Bild der Wirtschaftslage zu erhalten. Außerdem könnten sie durch Smart Contracts sowohl auf Makro- als auch auf Mikroebene zeitnah Korrekturmaßnahmen ergreifen. Die Umsetzung kann je nach demokratischer oder autoritärer Ausrichtung der Gesellschaft variieren. Daher wird das Vertrauen in die Regierung und ihr Engagement für demokratische Werte in dieser neuen Konstellation besonders betont.

Auf jeden Fall wird CBDC als ein leistungsfähiges Instrument der Biopolitik in modernen Gesellschaften dienen, indem es die Koordination aller Marktteilnehmer im Sinne der Ziele der Zentralbank verbessert. Durch die enge Verbindung zwischen Zentralbank- und Regierungspolitik wird auch die Umsetzung bestimmter politischer Agenden unterstützt.

5. Ein Blick in die Zukunft – Welcome to the tokenisation continuum

Wenn Sie sich über die mögliche Entwicklung der europäischen Gesellschaft nach Einführung von CBDC und tokenisiertem Geld im Einklang mit demokratischen Werten noch unsicher sind, empfiehlt es sich, einen genaueren Blick auf die Zukunftsvision der Initiative „Tokenise Europe 2025“ zu werfen. Diese Initiative wurde von der Europäischen Kommission und dem Bundesverband deutscher Banken ins Leben gerufen und wird von der Unternehmensberatung Roland Berger sowie mehr als 20 Mitgliedsorganisationen aus verschiedenen Ländern und Branchen unterstützt, um die Tokenisierung Europas voranzutreiben.

Die Zukunft Europas wird wie folgt beschrieben:

Im Jahr 2030 gehen wir nicht mehr „online“, denn das Online-Sein ist ein fester Bestandteil des Lebens. Technologie und digitale Dienste sind in unsere täglichen Abläufe, unsere Arbeit und unseren Lebensstil eingebettet, und das 24 Stunden am Tag.

EIN TAG IM LEBEN EINES TOKENISIERTEN EUROPAS IM JAHR 2030

07:00
Draußen wird es warm. Simon ist europäischer Staatsbürger und hat einen eindeutigen digitalen Identitäts-Token in seiner Smartwatch gespeichert. Simons digitaler Personal Trainer empfängt Fitnessdaten von seiner Smartwatch, während er schläft. Simons Token-basierter digitaler Zwilling errechnet immer die beste Aktion, die er als Nächstes durchführen sollte. Der Trainer erstellt einen Tagesplan, der auf Simons Vorlieben und Fitnesszustand abgestimmt ist. Der Plan für den heutigen Tag wird bereits vor dem Weckerklingeln an alle seine elektronischen Geräte gesendet. Eine Mikrozahlung an seinen digitalen Personal Trainer wurde automatisch getätigt, noch bevor Simon aufwachte. Da auch die Wetterdaten an sein Smart Home gesendet und von seinem lokalen Sensor angepasst wurden, wird die Klimaanlage aktiviert. Simon erhält einige Münzen für die von seinem lokalen Sensor gesammelten Daten.

07:30
Zeit für das Frühstück! Der Kühlschrank, der das Wetter und Simons Fitnesszustand kennt, wird ihm empfehlen, heute eine leichte Mahlzeit zu sich zu nehmen. Der Kühlschrank weiß, was in ihm gelagert wird, und kennt auch Simons Vorlieben (z. B. für Bio-Lebensmittel, die vom Hersteller über einen digitalen Token mit allen Informationen über Produktion, Transport und Lieferung digital zertifiziert sind). Durch die Kombination dieser Informationen mit Simons digitaler ID und seinen Zahlungsdaten kann der Kühlschrank fehlende Lebensmittel nachbestellen. Simons Lebensmittellieferant liefert ihm die Lebensmittel innerhalb von 20 Minuten nach Hause.

08:00
Simon erhält einen Vorschlag von seinem Anbieter von Elektrofahrzeugen: „Simon, Sie sollten bei heißem Wetter nicht den langen Weg ins Büro laufen. Wir empfehlen, eine umweltfreundliche Fahrgemeinschaft zu nutzen. Bitte bestätigen Sie die Vorbuchung, die wir vorgenommen haben.“ Im Jahr 2030 werden alle digitalen Identitäten – die von Menschen und Maschinen gleichermaßen – in digitalen Brieftaschen gespeichert. Diese Geldbörsen enthalten auch digitales Geld, Führerscheine, Versicherungspolicen und Angaben zur registrierten Adresse usw. – in Simons Fall alles nach seinen persönlichen Vorlieben und den Regeln, die er als Eigentümer der Daten selbst festgelegt hat. Das Elektroauto, das sich über Nacht auf dem Parkplatz aufgeladen hat, steht bereit und wartet auf ihn.

08:15
Um eine optimale Verteilung der Autos innerhalb der Stadt zu gewährleisten, berechnen dynamische Preismodule die Nutzungsgebühren auf der Grundlage des Standorts und/oder nahe gelegener Ereignisse. Nachdem der Autoschlüssel als digitaler Zwilling an Simons Smartphone gesendet wurde, wird die Nutzungsgebühr zusätzlich zum dynamischen Preis pro Kilowattstunde anhand des Verbrauchs berechnet. Die Versicherungsgebühr ist über einen separaten Versicherungs-Token und abhängig von seinem Fahrstil zu zahlen. Heute hat er einen Rabatt erhalten, weil er auch Inhaber eines Sicherheitstokens des Carsharing-Unternehmens ist, das heute eine Dividende ausschüttet.

08:30
Simon arbeitet in der Logistikabteilung eines Textilunternehmens, das seine Produkte außerhalb Europas herstellt und eine globale Lieferkette hat. In der Zeit vor der Tokenisierung war die Verwaltung globaler Lieferketten eine Herausforderung, da viele Lieferanten, Zwischenhändler und Behörden in vielen verschiedenen Ländern involviert waren – eine Komplexität, die zu den nicht-digitalen bzw. papiergestützten Prozessen, Sprachbarrieren, rechtlichen Unterschieden und Zeitzonenunterschieden hinzukam. In Kombination mit digitalen Verträgen und Transaktionen hat die Tokenisierung die Transparenz, Sicherheit und Effizienz solcher Transaktionen erheblich verbessert.

09:00-17:00
Von seinem Büro in Berlin aus kann Simon jedes Glied der Produktionskette verfolgen. Frau Jin pflückt die Baumwolle auf einem Feld in der Region Huang-Huai-Hai, und Herr Xiao liefert die Baumwolle an die Fabrik. Ein eingebetteter Token enthält Informationen darüber, welche Arbeiter an dem Produkt gearbeitet haben und am Transport per Lkw zum Hafen und zum Schiff usw. beteiligt waren. Dies ist besonders nützlich, um sicherzustellen, dass bei jedem Schritt nachhaltige und ethische Produktions- und Transportstandards eingehalten wurden. Da die Verträge mit den Lieferanten als intelligente Verträge in einem Netzwerk mit verteilter Ledger-Technologie definiert sind, erfolgen alle Zahlungen automatisch. Wenn die vertraglichen Anforderungen erfüllt sind, wird die Zahlung automatisch von der Geldbörse des Unternehmens abgebucht, während Simon im Büro einen Kaffee trinkt. Nachdem er sich vergewissert hat, dass mit der Transaktion alles in Ordnung ist, nimmt Simon an seinem Geschäftstermin teil, der in einer Metaverse-Anwendung stattfindet.

17:00
Am Ende seines Arbeitstages erinnert Simons digitaler Personal Trainer ihn an seinen Sportkurs, der sich ebenfalls im Metaversum befindet. Sein Trainer, der in den USA lebt, wird auf ihn warten, so dass beide ein digitales Training absolvieren können, als ob sie sich am selben Ort befänden.

20:00
Nach dem Training geht Simon mit Zeynep essen. Die Rechnung für das köstliche Abendessen wird direkt an Simons Brieftasche geschickt, wo er den Trinkgeldbetrag auswählt und in digitalen Euro bezahlt. Der Anbieter der Brieftasche – seine Bank – schickt ihm jedes Mal eine Benachrichtigung, wenn eine Zahlung oder eine andere Änderung in der Brieftasche vorgenommen wird. Darüber hinaus besteht seine persönliche elektronische Brieftasche nicht nur aus Zahlungsmitteln, sondern auch aus einer Vielzahl von tokenisierten Vermögenswerten: Aktien, Stablecoins, börsengehandelte Fonds (ETFs) und Unternehmensanleihen. Einige seiner Freunde besitzen auf die gleiche Weise sogar Teile von Oldtimern, Kunstwerken, Häusern und anderen Gegenständen. Dies ist möglich, weil früher illiquide Anlageklassen, hochpreisige Vermögenswerte und teure Transaktionen heute in kleinen Bruchteilen digital und fast ohne Transaktionskosten erworben und verarbeitet werden können.

Zu Hause angekommen, sieht sich Simon ein letztes Mal die neuesten Nachrichten im Metaversum an, die auf seinen selbst definierten Vorlieben basieren. Dann macht er Schluss für heute.

6. Epilog

Entspricht diese Zukunftsvision, die von der Europäischen Kommission und dem Bundesverband deutscher Banken entwickelt wurde, Ihren Vorstellungen? Möchten Sie einen vergleichbaren Alltag wie Simon führen?

Wenn ja, dann herzlichen Glückwunsch! Sie werden wahrscheinlich eine vorbehaltlose Liebesgeschichte mit CBDC und dem damit verbundenen System erleben.

Wenn diese Vision bei Ihnen gemischte Gefühle auslöst, könnte Ihre Beziehung zu CBDC und dem dazugehörigen System eher eine Liebesgeschichte mit Vorbehalten sein. Trotz der wahrgenommenen Vorteile des neuen Systems hoffen Sie möglicherweise darauf, dass die Regierung ein starkes Demokratieverständnis zeigt und die potenziellen Nachteile des Systems abmildert oder zumindest berücksichtigt.

Die Geschichte hat uns jedoch gelehrt, dass sich das Demokratieverständnis im Laufe der Zeit verändern kann. Es wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter gesellschaftliche Entwicklungen, politische Ereignisse, kulturelle Veränderungen und individuelle Erfahrungen. Zum Beispiel können sich technologische Fortschritte, wirtschaftliche Bedingungen oder politische Krisen auf die Wahrnehmung und Interpretation von Demokratie auswirken. Medien und politische Diskurse können dazu beitragen, dass sich die Vorstellungen und Erwartungen bezüglich Demokratie im Laufe der Zeit ändern.

Wenn Sie die Vision ablehnen, könnten Sie trotzdem darauf vertrauen, dass die Regierung ihr Versprechen einhält, dass der digitale Euro das Bargeld nicht ersetzen wird, obwohl in der Vision kein Wort über Bargeld verloren wird.

Die Digitalisierung eröffnet uns die Möglichkeit, die Demokratie in einer völlig neuen Art und Weise zu gestalten.
Yuval Noah Harari, Autor von „Sapiens: Eine kurze Geschichte der Menschheit”


Quellen (Stand vom 18.05.2024)